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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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Schwester
    »Ja, besprechen wir uns, mein Bruder,« sagte sie mit einer Art Freude, entschlossen, sich ungeachtet aller Verstellung, die Lord Winter anwenden möchte, Licht zu verschaffen, dessen sie bedurfte, um ihr Betragen danach einzurichten. »Sie haben also den Entschluß gefaßt, nach England zurückzukehren?« fragte Lord Winter, »und das taten Sie, wiewohl Sie mir in Paris oftmals erklärten, Sie wollten nie wieder einen Fuß auf den Boden Großbritanniens setzen?« Mylady antwortete auf eine Frage mit einer andern Frage. »Vor allem sagen Sie mir,« fragte sie, »weil Sie mich so streng beobachten ließen, daß Sie nicht allein von meiner Ankunft, sondern auch von dem Tage, von der Stunde und sogar von dem Hafen, wo ich einlief, in Kenntnis gesetzt waren?« Lord Winter beobachtete dieselbe Taktik wie Mylady. denn er dachte, sie müsse die richtige sein, weil sie sich derselben bediente. »Sagen Sie mir doch, liebe Schwester, was Sie in England zu tun vorhaben?«
    »Nun, ich kam, um Sie zu sehen,« entgegnete Mylady, ohne dabei zu ahnen, wie sehr sie mit dieser Antwort denVerdacht vermehrte, den d'Artagnans Brief bei ihrem Schwager erweckt hatte, und bloß in der Absicht, sich durch eine Lüge das Wohlwollen ihres Zuhörers zu erwerben. »Um mich zu sehen?« fragte Lord Winter. »Ja, um Sie zu sehen. Was gibt es da Staunenswertes?«
    »Sie hatten also mit Ihrer Reise nach England keinen andern Zweck, als den, mich zu besuchen?«
    »Nein!«
    »So haben Sie sich bloß meinetwegen die Mühe gemacht, den Kanal zu übersetzen?«
    »Bloß Ihretwillen.«
    »Potz Wetter! welche Zärtlichkeit, o Schwester!«
    »Bin ich denn nicht Ihre nächste Verwandte?« fragte Mylady im Tone der rührendsten Naivität. »Und sogar meine einzige Erbin —- nicht wahr?« sprach Lord Winter, indem er seine Blicke auf Mylady heftete, »nämlich durch Ihren Sohn!« Wie groß auch die Herrschaft war, die Mylady über sich selbst ausübte, so konnte sie doch nicht umhin zu beben, und da Lord Winter bei den letzten Worten seine Hand auf den Arm seiner Schwester gelegt hatte, so entging ihm keineswegs dieses Beben. »Mylord, ich begreife nicht,« sagte sie, um Zeit zu gewinnen und ihren Gegner zum Sprechen zu bringen; »was wollen Sie mit Ihren Fragen, bergen Sie vielleicht einen unbekannten Sinn?«
    »Ach, mein Gott, nein,« versetzte Lord Winter mit anscheinender Gutmütigkeit. »Sie hatten den Wunsch, mich zu sehen, und kamen nach England. Von diesem Wunsch aus weiß ich nun, oder vermute es wenigstens, daß Sie es empfinden, und damit ich Ihnen alle Unannehmlichkeiten einer nächtlichen Ankunft in einem Hafen, alle Mühsale des Anlandens ersparte, stellte ich Ihnen einen Wagen zur Verfügung. Er brachte Sie in dieses Schloß, dessen Gouverneur ich bin, und da ich täglich hierherkomme, so ließ ich ein Zimmer für Sie einrichten, um dem doppelten Wunsch, uns zu sehen, vollkommen zu genügen. Was liegt darin mehr Staunenswertes, als in dem, was Sie mir sagten?«
    »Nein, ich verwundere mich bloß darüber, daß Sie im voraus von meiner Ankunft in Kenntnis gesetzt waren.«
    »Das ist das einfachste von der Welt, meine Schwester! Sie haben zuverlässig gesehen, daß der Kapitän Ihres kleinen Fahrzeugs, ehe er noch in die Reede einlief, um die Erlaubnis zu bekommen, in den Hafen einzulaufen, einen Kahn vorausgeschickt hat, der sein Frachtbuch und Personenregister überbrachte. Ich bin Hafenkommandant, und man übergab mir dieses Buch, worin ich Ihren Namen erkannte. Mir sagte mein Herz, was mir soeben Ihr Mund bekräftigt hat; es sagte mir, in welcher Absicht Sie sich den Beschwernissen einer so gefahrvollen oder wenigstens so ermüdenden Reise unterzogen, und ich sandte Ihnen meinen Kutter entgegen. Das übrige ist Ihnen bekannt.« Mylady, wußte, daß Lord Winter log, und war darüber nur noch mehr beängstigt. »Mein Bruder,« fragte sie, »war es nicht Lord Buckingham, den ich diesen Abend bei meiner Ankunft auf dem Hafendammgesehen?«
    »Ja, er selbst. Ah, ich begreife, daß Sie bei seinem Anblick betroffen waren,« sprach Lord Winter. »Sie kommen aus einem Lande, wo man sich viel mit ihm beschäftigen muß, und ich weiß, daß seine Rüstungen gegen Frankreich Ihren Freund, den Kardinal, in große Unruhe versetzen.«
    »Meinen Freund —- den Kardinal!« rief Mylady, da sie merkte, Lord Winter sei über diesen Punkt wie über den andern durchaus unterrichtet. »Ist er nicht Ihr Freund?« fragte der Baron mit gleichgültigem Ton.

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