Die drei Musketiere
»Ah, verzeihen Sie; denn ich glaubte das. Allein wir wollen auf Mylord Herzog später zurückkommen, und uns nicht von der sentimentalen Wendung, die unsere Unterredung genommen hat, entfernen. Sie sagten, daß Sie gekommen sind, um mich zu sehen?«
»Ja.«
»Nun gut, so antworte ich Ihnen, Sie sollen nach Wunsch bedient werden, und wir werden uns täglich sehen.«
»Soll ich denn ewig hierbleiben?« fragte Mylady mit einem gewissen Schrecken. »Dünkt Ihnen diese Wohnung zu schlecht, meine Schwester, so begehren Sie, was Ihnen abgeht, und ich will mich beeilen, es Ihnen geben zu lassen.«
»Ich habe meine Frauen, meine Dienstleute nicht mitgenommen.«
»Das sollen Sie alles haben, Madame. Sagen Sie mir nur, wie Ihr erster Gemahl das Haus eingerichtet hat, und ich will es ebenso einrichten, obwohl ich nur Ihr Schwager bin.«
»Mein erster Gemahl?« rief Mylady und blickte Lord Winter mit verwirrten Mienen an. »Ja, Ihr französischer Gemahl; ich rede nicht von meinem Bruder. Wenn Sie es aber vergessen haben, so könnte ich ihm schreiben, da er noch lebt, und er wird mir darüber gewiß Auskunft erteilen.« Kalter Schweiß perlte auf Myladys Stirn. »Sie höhnen,« sprach sie mit dumpfer Stimme. »Sehe ich danach aus?« fragte der Baron, indem er sich erhob und einen Schritt zurückwich. »Oder vielmehr, Sie beleidigen mich,« fuhr sie fort, umspannte mit krampfhaften Händen die zwei Arme des Lehnstuhls und bemühte sich aufzustehen.
»Ich, Sie beleidigen – ich?« versetzte Lord Winter verächtlich! »Wahrlich, Madame, halten Sie das für möglich?«
»Mein Herr,« entgegnete Mylady, »entweder sind Sie betrunken oder verrückt. Gehen Sie doch, und schicken Sie mir meine Frauen.«
»Frauen sind sehr indiskret, meine Schwester; könnte ich Ihnen nicht als Zofe dienen? Solcherart würden die Geheimnisse in der Familie bleiben.«
»Unverschämter!« rief Mylady. Und gleich, als würde sie von einer Feder emporgeschnellt, sprang sie gegen den Baron, der sie ganz gelassen erwartete, die eine Hand aber an seinen Degengriff legte. »Ei doch,« sprach er, »ich weiß es wohl, daß es Ihre Gewohnheit ist, die Leute umzubringen, allein ich werde mich verteidigen, das sage ich Ihnen.«
»O, Sie haben recht!« entgegnete Mylady. »Sie scheinen mir feige genug, um Hand an eine Frau zu legen.«
»Für diesen Fall wäre ichentschuldigt; und außerdem, denke ich, wäre meine Hand nicht die erste, die sich an Sie gelegt hätte.« hier zeigte der Baron mit langsamer, anschuldigender Gebärde auf die linke Schulter Myladys und berührte sie fast mit dem Finger. Mylady erhob ein dumpfes Stöhnen und wich bis in die Ecke des Zimmers zurück, wie ein Panther, der sich zum Sprung ansetzt. »O, brüllen Sie, so lange es Ihnen beliebt,« sagte Lord Winter, »nur versuchen Sie nicht zu beißen; denn ich warne Sie, die Sache würde nachteilig für Sie ausschlagen; wir haben da keine Prokuratoren, die im voraus die Erbfolge ordnen; wir haben da keinen fahrenden Ritter, welcher der schönen Dame zuliebe, die ich gefangen halte, mit mir Streit anfangen wollte; doch habe ich ganz in der Nähe Richter, die über eine Frau verfügen werden, die ruchlos genug ist, durch eine Doppelehe in die Familie von Lord Winter, meinem älteren Bruder, einzudringen, und die Richter werden Sie einem Henker überantworten, der Ihre beiden Schultern gleichmachen wird. Ja, ich sehe wohl ein, nachdem Sie meinen Bruder beerbt haben, wäre es Ihnen lieb gewesen, auch mich zu beerben. Allein, wissen Sie im voraus: Sie mögen mich umbringen ober umbringen lassen, meine Vorsichtsmaßregeln sind schon getroffen. Es soll nicht ein Pfennig von dem, was ich besitze, in Ihre Hände oder in die Ihres Sohnes gelangen. Sind Sie nicht reich, besitzen Sie nicht fast eine halbe Million, und konnten Sie nicht anhalten auf Ihrem heillosen Wege, wenn es nicht Ihre unbegrenzte Lust wäre, Böses zu tun? O, ich sage Ihnen, wäre mir das Andenken an meinen Bruder nicht so heilig, müßten Sie in einem Staatsgefängnis verkümmern, oder in Tilbury die Neugierde der Matrosen werden. Ich will schweigen, doch Sie haben Ihre Gefangenschaft ruhig zu ertragen. In vierzehn Tagen bis drei Wochen gehe ich mit dem Heere nach La Rochelle ab, aber am Vorabend meiner Abfahrt wird Sie ein Schiff abholen, das ich werde fortsteuern sehen, und das Sie nach unsern Kolonien im Süden führt, und seien Sie ruhig, ich gebe Ihnen an die Seite einen Gesellschafter, der Ihnen den Kopf zerschmettern
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