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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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immer klarer, daß ich eine Gefangene bin. Doch werde ich es nicht lange bleiben, dessen bin ich versichert,« fügte sie hinzu. »Dafür bürgen mir mein Gewissen und Ihre Artigkeit, mein Herr.« Wie schmeichelhaft auch dieses Kompliment war, so gab doch der Offizier darauf keine Antwort, sondern zog aus seinem Gürtel eine kleine silberne Pfeife hervor, der Art, wie die Bootsmänner auf Kriegsschiffen haben, und pfiff dreimal in drei verschiedenen Modulationen. Alsogleich erschienen mehrere Männer, spannten die Pferde aus, und schoben den Wagen in einen Schuppen. Der Offizier forderte seine Gefangene, immer mit gleich ruhiger Artigkeit, auf, in das Haus zu treten. Diese ergriff, immer mit demselben lächelnden Gesicht, seinen Arm, und schritt mit ihm zu einer niedrigen Tür, die durch ein bloß im Hintergrund beleuchtetes Gewölbe nach einer steinernen Treppe führte; hier hielt man vor einer zweiten massiven Tür an, die sich, nachdem sie der junge Mann mit einem Schlüssel aufgesperrt hatte, den er bei sich trug, schwerfällig in ihren Angeln drehte, und den Eingang in das Zimmer gewährte, das für Mylady bestimmt war. Die Gefangene hatte dieses Gemach mit einem einzigen Blick in all seinen Teilen umfaßt. Es war ein Zimmer, dessen Einrichtung ein für ein Gefängnis reinliches und anständiges, für die Wohnung eines freien Menschen aber ein ziemlich strenges Aussehen hatte. Die Eisenstangen an den Fenstern und die Riegel an der Tür entschieden den Prozeß zu Gunsten eines Gefängnisses. Obwohl diese Kreatur ihre ganze Kraft aus einer mächtigen Quelle geschöpft hatte, so ward sie von derselben doch einen Augenblick lang vergessen. Sie sank auf einen Stuhl nieder, kreuzte die Arme, neigte den Kopf und erwartete jeden Augenblick einen Richter, der sie ins Verhör nehmen würde. Es kam jedoch niemand, ausgenommen zwei oder drei Marinesoldaten, welche die Koffer und Pakete brachten, diese in einer Ecke niederstellten, und, ohne ein Wort zu reden, wieder fortgingen. Der Offizier leitete alles das mit derselben Ruhe, die Mylady stets an ihm bemerkt hatte, sprach selber kein Wort, und ließ sich auf eine Bewegung seiner Hand oder auf einen Ton seines Pfeifchens gehorchen. Mylady vermochte endlich nicht länger mehr an sich zu halten; sie brach das Schweigen und sagte: »Im Namen des Himmels! Mein Herr, was hat das alles zu bedeuten, was hier vorgeht? Ich habe den Mut, jeder Gefahr zu trotzen, die ich voraussehe, und jedem Unglück, das ich kenne. Wo bin ich? Bin ich frei? warum diese eisernen Gitter und Türen? Bin ich Gefangene? was für ein Verbrechen beging ich denn?«
    »Madame, Sie befinden sich hier in der für Sie bestimmten Wohnung. Ich habe den Auftrag erhalten, Sie im Seehafen abzuholen und in dieses Schloß zu bringen. Dieser Auftrag vollzog ich mit aller Strenge eines Soldaten, undzugleich mit aller Artigkeit eines Edelmanns, wie ich glaube. Damit geht, wenigstens für jetzt, der Befehl zu Ende, den ich bei Ihnen zu erfüllen habe; das übrige geht eine andere Person an.«
    »Und wer ist diese andere Person?« fragte Mylady. »Dürfen Sie mir nicht ihren Namen nennen?« In diesem Moment hörte man auf der Treppe ein lautes Klirren von Sporen, einige Stimmen ließen sich im Vorübergehen vernehmen und verhallten dann wieder. Das Geräusch eines einzelnen Trittes kam der Tür näher. »Madame, hier ist diese Person,« sprach der Offizier, indem er den Gang öffnete, und eine ehrfurchtsvolle Haltung annahm. Zu gleicher Zeit erschien ein Mann an der Schwelle; er war ohne Hut, trug einen Degen an der Seite, und zerkrümmte zwischen seinen Fingern ein Taschentuch. Mylady glaubte diesen Schatten im Schatten zu erkennen, sie stemmte sich an den Arm eines Lehnstuhls und streckte den Kopf lauschend vor, um Gewißheit zu erlangen. Der Fremde trat langsam naher; als er sich im Lichtkreis der Lampe befand, wich Mylady unwillkürlich zurück. Als ihr kein Zweifel mehr übrigblieb, rief sie höchlich verwundert: »Wie, mein Bruder! Ihr seid es?«
    »Ja, schöne Dame,« erwiderte Lord Winter mit einer halb artigen, halb ironischen Begrüßung, »ich bin es.«
    »Aber dieses Schloß?«
    »Gehört mir.«
    »Dieses Zimmer?«
    »Ist das Eurige.«
    »Bin ich also eine Gefangene?«
    »So beiläufig.«
    »Das ist ja ein häßlicher Mißbrauch der Gewalt!«
    »Keine vielen Worte, setzen wir uns und reden wir ruhig zusammen, wie es sich für Bruder und Schwester geziemt.«

Gespräch zwischen einem Bruder und einer

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