Die drei Musketiere
erriet ihn, tat einen Satz, fiel Cahusac zur Seite und rief: »Auf mich heran, mein Herr, oder ich muß Euch durchbohren.« Cahusac wandte sich, es war Zeit. Athos, den bloß sein übermäßiger Mut noch hielt, sank auf ein Knie. »Bei Gott!« rief er d'Artagnan zu, »tötet ihn nicht, junger Mann, ich bitte Euch, ich habe mit ihm eine alte Geschichte abzutun, wenn ich genesen und wieder bei Kräftenbin. Entwaffnet ihn bloß, und sperrt ihm den Degen. So ist's recht, ganz gut!« Dieser Ausruf wurde Athos erpreßt durch Cahusac's Degen, der zwanzig Fuß weit von ihm wegsprang. D'Artagnan und Cahusac stürzten sich zusammen auf ihn, der eine wollte ihn ergreifen, der andere sich seiner bemächtigen; doch kam d'Artagnan, als der raschere, schneller an und stellte seinen Fuß darüber. Cahusac lief nun zu dem Manne hin, den Aramis getötet hatte, bemächtigte sich seines Stoßdegens, und wollte wieder auf d'Artagnan eindringen; doch auf diesem Wege begegnet er Athos, der während dieser augenblicklichen Pause Atem geholt hatte, und den Kampf aufs neue begann, aus Furcht, d'Artagnan möchte ihm seinen Gegner erlegen. D'Artagnan sah ein, er würde Athos beleidigen, wenn er ihn nicht gewähren ließe. Einige Sekunden darauf stürzte Cahusac wirklich zu Boden, die Kehle von einem Degenstich durchbohrt. In diesem Moment setzte Aramis seinem niedergestreckten Gegner den Degen auf die Brust, und zwang ihn, um Gnade zu flehen. Noch waren Porthos und Biscarrat übrig. Porthos machte während des Kämpfens tausenderlei Prahlereien, indem er Biscarrat fragte, wieviel Uhr es Wohl sei, und ihm gratulierte wegen der Kompagnie, die sein Bruder bei dem Regiment Navarra erhalten, doch gewann er bei all diesen Spöttereien keinen Vorteil. Biscarrat war einer von jenen eisernen Männern, die erst fallen, wenn sie tot sind. Indes mußte man ans Ende kommen. Die Wache konnte heranrücken und alle Kämpfer verhaften, verwundet oder nicht, Royalisten oder Kardinalisten. Athos, Aramis und d'Artagnan bedrängten Biscarrat, und forderten ihn auf, sich zu ergeben. Obwohl er allein war gegen alle und den Schenkel durchstochen hatte, so wollte er sich doch noch halten; allein Jussac, der sich auf seinen Ellbogen gestützt hatte, rief ihm zu, sich zu ergeben. Biscarrat war wie d'Artagnan ein Gascogner, er stellte sich taub, lachte, und indem er mit seiner Degenspitze eine Stelle auf dem Boden bezeichnet hatte, zitierte er einen Vers aus der Bibel: »hier wird Biscarrat sterben, der einzige aus denen, die bei ihm sind.«
»Sie sind aber vier, vier gegen dich; hör' auf, ich befehle es dir.«
»Ah, wenn du es befiehlst, so ist es etwas anderes,« entgegnete Biscarrat; »da du mein Brigadier bist, so muß ich gehorchen.« Er tat einen Sprung rückwärts, zerbrach seinen Degen über dem Knie, um ihn nicht ausliefern zu müssen, schleuderte die Stücke über die Klostermauern, pfiff eine Arie und kreuzte die Arme. Der Mut wird immerhin geachtet, selbst bei einem Feinde. Die Musketiere begrüßten Biscarrat mit ihren Degen und steckten sie dann in die Scheide. D'Artagnan tat desgleichen, sodann trug er mit Hilfe Biscarrats, der allein aufrecht geblieben war, Jussac, Cahusac und jenen Gegner des Aramis, der nur eine Wunde bekommen, unter den Säulengang des Klosters. Der Vierte war tot, wie schon gesagtwurde, hierauf läuteten sie die Glocke und begaben sich, nachdem vier Degen über fünf den Sieg errungen, wonnetrunken nach dem Hotel des Herrn von Tréville. Man sah sie Arm in Arm gehen, die ganze Breite der Straße einnehmen, und jeden Musketier, dem sie begegneten, herbeirufen, so daß zuletzt ein völliger Triumphzug daraus wurde. D'Artagnans Herz schwamm in Wonnetrunkenheit, er schritt zwischen Athos und Porthos, und drückte sie sanft an sich. Als er über die Türschwelle im Hotel des Herrn von Tréville trat, sprach er zu seinen neuen Freunden: »Wenn ich auch noch nicht wirklich Musketier bin, so bin ich doch mindestens schon als Lehrling angenommen, nicht wahr?«
Seine Majestät der König Ludwig XIII.
Jener Vorfall erregte großes Aufsehen; Herr von Tréville zankte ganz laut mit seinen Musketieren, im stillen aber wünschte er ihnen Glück, und da er keine Zeit zu verlieren hatte, um es dem König zu melden, so ging er eilfertig nach dem Louvre. Es war schon spät; der König hatte sich mit dem Kardinal eingeschlossen, und man sagte Herrn von Tréville, daß der König arbeite und nicht empfangen werde. Am Abend kam Herr von Tréville zum
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