Die drei Musketiere
gesucht mit den Musketieren?«
»Ich sage, die Sache sei wahrscheinlich so hergegangen,Sire, allein ich schwöre nicht darauf. Ew. Majestät weiß, wie schwer es ist, die Wahrheit zu ergründen, und besitzt man nicht die wunderbare Gabe, vermöge welcher Ludwig XIII. ›der Gerechte‹ genannt wird ––«
»Tréville! Sie haben recht; doch waren Ihre Musketiere nicht allein, war nicht auch ein Kind unter ihnen?«
»Ja, Sire, und ein verwundeter Mann, so daß drei Musketiere des Königs, worunter ein Knabe und ein Verwundeter, nicht allein gegen fünf der schrecklichsten Gardesoldaten des Herrn Kardinals sich behauptet, sondern auch vier in den Sand gestreckt haben.«
»Ha, das nenne ich einen Sieg!« rief der König ganz strahlend, »ein vollkommener Sieg!«
»Ja, Sire, so vollkommen, wie jener an der Brücke von Cé.«
»Vier Männer, sagen Sie, und darunter ein Verwundeter und ein Knabe?«
»Er ist kaum ein Jüngling, der sich bei dieser Gelegenheit so trefflich gehalten hat, daß ich mir die Freiheit nehme, ihn Seiner Majestät zu empfehlen.«
»Wie nennt er sich?«
»D'Artagnan, Sire. Er ist der Sohn einer meiner ältesten Freunde, der Sohn eines Mannes, der mit Ihrem Vater, glorwürdigen Andenkens, den Parteigängerkrieg mitgemacht hat.«
»Und Sie sagen, dieser junge Mann hat sich trefflich gehalten? Erzählen Sie mir das, Tréville, Sie wissen, ich liebe die Kampf- und Kriegsgeschichten.« Der König Ludwig XIII. richtete sich empor, stolz den Schnurrbart streichend. »Sire!« versetzte Tréville, »wie gesagt, ist Herr d'Artagnan fast noch ein Knabe, und da er nicht der Ehre teilhaftig ist, ein Musketier zu sein, so ging er in Bürgerkleidung. Die Garden des Herrn Kardinals berücksichtigten seine große Jugend und noch mehr den Umstand, daß er nicht zum Korps gehörte, und forderten ihn auf, sich zu entfernen, ehe sie angreifen würden.«
»Sie sehen nun, Tréville,« unterbrach ihn der König, »daß sie es waren, die angegriffen haben.«
»So ist es, Sire, da waltet kein Zweifel mehr; sie ermahnten ihn also, sich zurückzuziehen, doch er entgegnete: er sei seinem Heizen nach Musketier, und ganz seiner Majestät ergeben, sonach bliebe er bei den Musketieren.«
»Der wackere junge Mann!« murmelte der König. »Er blieb sonach wirklich bei ihnen, und Ew. Majestät hat an ihm einen so tapfern Kämpen, daß er es war, der Jussac jenen schrecklichen Degenstoß versetzte, der den Herrn Kardinal so in Zorn bringt.«
»Er war's, der Jussac verwundete?« rief der König, »er, ein Knabe! Tréville, das ist unmöglich!«
»Es ist, wie ich Ew. Majestät zu versichern die Ehre habe.«
»Jussac, einer der wackersten Degen im Lande!«
»Nun, Sire, er hat seinen Meister gefunden.«
»Ich will diesen jungen Mann sehen, Tréville! ich will ihn sehen, und läßt sich etwas für ihn tun, nun, ich will darüber nachdenken.«
»Wann geruhen Ew. Majestät ihn empfangen zu wollen?«
»Morgen um die Mittagszeit, Tréville.«
»Habe ich ihn allein zu bringen?«
»Nein, stellen Sie mir alle viermitsammen vor. Ich will allen auf einmal danken; dienstergebene Männer sind selten, Tréville, und man muß diese Ergebenheit belohnen.«
»Um die Mittagszeit, Sire, werden wir im Louvre sein.«
»Ah, über die kleine Treppe, Tréville, über die kleine Treppe; es ist nicht nötig, daß es der Kardinal erfahre.«
»Wohl, Sire!«
»Sie begreifen, Tréville, ein Edikt bleibt immer ein Edikt; am Ende bleibt es denn doch verboten, sich zu schlagen.«
»Allein diese Begegnung, Sire! liegt ganz außer den gewöhnlichen Bedingungen eines Duells, es ist ein Hader, und der Beweis davon ist, daß fünf Gardesoldaten des Herrn Kardinals gegen meine drei Musketiere und Herrn d'Artagnan waren.«
»Das ist wahr,« versetzte der König, »aber gleichviel, Tréville, kommen Sie immerhin über die kleine Treppe.« Tréville lächelte. Da es aber schon viel war, daß er diesen Knaben dahin brachte, sich gegen den Gebieter zu widersetzen, so verneigte er sich ehrfurchtsvoll vor dem König, und entfernte sich auf dessen Zustimmung.
Die drei Musketiere erhielten noch an demselben Abend Nachricht von der ihnen zugestandenen Ehre. Da sie den König seit lange schon kannten, so entflammten sie darüber nicht allzusehr, allein d'Artagnan erblickte darin mit seiner gascognischen Einbildungskraft sein künftiges Glück und brachte die Nacht mit goldenen Träumen zu. Auch fand er sich schon um acht Uhr früh bei Athos ein. D'Artagnan
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