Die drei Musketiere
ist der Kardinal, der mir keinen Augenblick Ruhe gönnt, der mir von Spanien spricht, der mir von Österreich spricht, der mir von England spricht! Ach, Herr von Tréville, ich bin mit Ihnen in bezug auf den Kardinal unzufrieden.«
»Und worin bin ich so unglücklich, Eurer Majestät zu mißfallen?« fragte Herr von Tréville, die tiefste Betroffenheit heuchelnd. »Versehen Sie derart Ihr Amt, mein Herr?« fuhr der König fort, ohne direkt auf die Frage des Herrn von Tréville zu antworten; »erwählte ich Sie deshalb zum Kapitän meiner Musketiere, daß Sie einen Menschen ermorden, ein ganzes Stadtquartier in Aufstand setzen und Paris anzünden wollen, ohne mir ein Wort davon zu sagen? Allein, während ich hier Klage führe,« fuhr der König in seiner Ereiferung fort, »sitzen zweifelsohnedie Ruhestörer bereits im Gefängnis, und Sie kommen gewiß, um zu melden, daß Gerechtigkeit gehandhabt wurde.«
»Sire,« entgegnete Herr von Tréville ruhig, »ich komme vielmehr, um von Ihnen Gerechtigkeit zu verlangen.«
»Und gegen wen?« rief der König. »Gegen die -Verleumder!« erwiderte Herr von Tréville. »Ei, seht doch, das ist neu!« entgegnete der König. »Werden Sie mir nicht zugeben, daß sich Ihre drei verdammten Musketiere Athos, Porthos und Aramis und der Junker von Bearn wie Wütende auf den armen Bernajoux gestürzt und ihn so mißhandelt haben, daß er wahrscheinlich noch in dieser Stunde seinen Geist aufgibt? Werden Sie mir nicht zugeben, daß sie sodann das Hotel des Herzogs de la Tremouille belagerten und sich anschickten, dasselbe in Brand zu setzen, was vielleicht zur Zeit des Krieges eben kein so großes Unglück gewesen wäre, da es ein Nest der Hugenotten ist, was aber zur Zeit des Friedens ein sehr schlimmes Beispiel gibt? Sagen Sie, ob Sie es ableugnen wollen?«
»Und wer hat diesen schönen Bericht erstattet, Sire?« fragte Herr von Tréville gelassen. »Wer mir diesen schönen Bericht erstattet hat, mein Herr? wer anders, als derjenige, der wacht, wenn ich schlafe; der arbeitet, wenn ich mich unterhalte; der alle inneren und äußeren Geschäfte leitet in Frankreich wie in Europa?«
»Seine Majestät will wohl von Gott sprechen,« sagte Tréville; »denn ich kenne nur Gott, der über Euer Majestät so erhaben ist.«
»Nein, ich will von der Stütze des Reiches sprechen, von meinem einzigen Diener, von meinem einzigen Freunde, von dem Herrn Kardinal.«
»Seine Eminenz ist nicht Seine Heiligkeit, Sire!«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Daß nur der Papst unfehlbar ist, und diese Unfehlbarkeit sich nicht auf jeden einzelnen Kardinal erstreckt.«
»Sie wollen also sagen, daß er mich täuscht. Sie wollen sagen, daß er mich verrät? Somit klagen Sie ihn an. Nun, reden Sie, gestehen Sie freimütig, daß Sie ihn anklagen.«
»Nein, Sire, sondern ich sage, daß er sich selbst täuscht, daß er schlecht unterrichtet war; ich sage, daß er sich übereilte, indem er die Musketiere bei Seiner Majestät anklagte, gegen die er ungerecht ist, und daß er seine Nachrichten nicht aus lauteren Quellen geschöpft hat.«
»Die Anklage kommt von Herrn de la Tremouille, dem Herzog selbst. Was entgegnen Sie darauf?«
»Ich könnte entgegnen, Sire, daß er in dieser Sache zu sehr beteiligt ist, um ein unparteiischer Zeuge zu sein; aber weit davon entfernt, Sire, erkenne ich den Herzog als einen echten Edelmann, und ich unterwerfe mich seiner Aussage; doch unter einer Bedingung, Sire!«
»Und diese ist?«
»Daß Ew. Majestät ihn kommen läßt, ihn selbst ohne Zeugen befragt, und daß ich allsogleich nach dem Vernehmen des Herzogs vor Ew. Majestät erscheinen darf.«
»Wohlan!« sprach der König, »und Sie richten sich dann nach dem, was der Herzog aussagenwird?«
»Ja, Sire!«
»Sie nehmen seinen Ausspruch an?«
»Allerdings.«
»La Chesnaye!« rief der König, »La Chesnaye!« Der vertraute Kammerdiener des Königs Ludwig XIII., der sich stets an der Tür aufhielt, trat ein. »La Chesnaye,« sprach der König, »man hole mir augenblicklich Herrn de la Tremouille; ich will ihn diesen Abend noch sprechen.«
»Gibt mir Ew. Majestät das Wort, niemanden als Herrn de la Tremouille und mich zu sehen?«
»Niemanden, auf mein fürstliches Wort.«
»Also morgen, Sire!«
»Morgen, mein Herr!«
»Um wieviel Uhr, wenn es Ew. Majestät gefällig wäre?«
»Wann es Ihnen beliebt.«
»Wenn ich aber zu früh käme, müßte ich befürchten, Ew. Majestät aufzuwecken.«
»Mich aufzuwecken? Kann ich
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