Die drei Steine der Macht
schlug. Der alte Mann ließ reflexartig sein Messer fallen, um sich an den Kopf zu fassen. Jeder andere wäre bei diesem Schlag betäubt zusammengebrochen, aber der Zauberer strich sich nur einen Moment über die blutende Stelle, fuhr dann blitzschnell herum und erwischte Anemone an den Haaren.
„Du hättest dich besser nicht eingemischt!“
Er zog ihr den Kopf nach hinten, so dass ihre Kehle freilag, und holte aus den Falten seines Gewandes ein zweites Messer. Max sprang auf, schnappte sich das Messer, das der Alte hatte fallen lassen, und stach zu. Einmal, zweimal, dreimal ... er zählte nicht mit. Überrascht von der Gewalt des Angriffs ließ der alte Mann Anemone los. Er machte einen schwachen Versuch, Max abzuwehren, taumelte dann zur Tür hinaus. Ein knackendes Geräusch, dem ein Platschen folgte, sagte Max, dass der Drache dem Zauberer den Rest gegeben hatte. Schwer atmend zog Max Anemone hoch, die weinend auf den Boden saß, und hielt sie eine Weile fest. Der Drache schaute wieder zur Tür herein.
„Alles gut bei euch da drin?“, fragte er.
„Ja, alles in Ordnung“, sagte Max.
Er ließ Anemone los und ging zu dem kleinen Schrank, in dem der Stein hing.
Max konnte nun sehen, dass der Stein nicht mitten im Raum schwebte, sondern schnöde an einer feinen Kette aufgehängt war. Er konnte die Kraft des Steines spüren, die Gefahr, die von ihm ausging. Der Stein war wie ein Halbmond geformt und ungefähr drei Zentimeter groß. Max streckte die Hand aus, um ihn zu nehmen, zog die Finger dann aber wieder zurück.
„So kann ich ihn nicht nehmen. Er überstrahlt alles, ich würde die anderen Spuren nicht mehr finden. Wir müssen ihn mit irgendetwas abschirmen“, sagte er zu Anemone, die nickte und in den Schränken zu suchen anfing.
Sie brachte ihm ein kleines Säckchen aus Leder, das zugeschnürt werden konnte. Max stülpte das Leder über den Stein, ohne ihn zu berühren. Die Ausstrahlung wurde schwächer. Max nickte.
„Schon besser. Wir brauchen noch ein paar davon, damit seine Ausstrahlung ganz verschwindet.“
Anemone drückte ihm noch ein paar Beutelchen in die Hand. Es waren noch zwei weitere Hüllen nötig, damit die Ausstrahlung so schwach wurde, dass Max wieder die Spuren wahrnahm, die der Stein in der Höhle hinterlassen hatte.
Nun nahm er den Stein aus dem Schränkchen und steckte ihn in sein Hemd.
„Das war der Erste!“, sagte er, und Anemone lächelte.
Max schaute in den Schrank, aus dem Anemone die Hüllen für den Stein hervorgekramt hatte, und sah Unmengen an Münzen, Schmuck und Edelsteinen. Ein glitzerndes Durcheinander, einfach in den Schrank gehäuft, die Reichtümer teilweise noch in den Geldsäcken und Börsen ihrer ehemaligen Besitzer. Anemone trat seufzend neben ihn, einen sehnsüchtigen Ausdruck auf dem Gesicht. Dann zog sie eine schön gearbeitete Kette mit einem kunstvollen Anhänger aus einem der Haufen.
„Meinst du, es fällt auf, wenn ich mir die hier nehme? Ich habe sie schon die ganze Zeit bewundert.“
Max grinste, Frauen und Schmuck.
„Nimm sie ruhig, die Besitzerin wird sie bestimmt nicht mehr vermissen.“
Sein Gesicht wurde wieder ernst.
„Das sollte wohl als Entschädigung für die verlorene Fracht ausreichen, auch wenn es die verlorenen Menschenleben nicht mehr zurückbringen kann.“
Anemone legte ihm kurz die Hand auf den Arm, dann hängte sie sich die Kette um den Hals und meinte in ihrer trockenen, praktischen Art:
„Wir sollten uns jetzt schon etwas nehmen, dann müssen wir uns nachher nicht in das Getümmel um die Anteile stürzen.“
Max zuckte mit den Schultern und nickte zustimmend.
Der Drache schaute wieder blinzelnd durch die Tür.
„Kratzt du mir jetzt noch einmal den Rücken? Ich habe da so ein paar Stellen, an die ich einfach nicht rankomme.
„Aber natürlich!“
Max schaute sich um, sammelte sein Messer auf und ging nach draußen. Er konnte dem Drachen direkt von dem Sims vor dem Korridor auf den Rücken klettern und begann, die ihm zugewiesenen Stellen der schuppigen Haut zu bearbeiten.
Das wohlige Stöhnen des Drachen erfüllte wieder die Höhle. Als der Drache genug hatte, fragte Max ihn vorsichtig, ob er sie zu den Wohnhöhlen der Piraten zurückbringen könne, da sie sonst Stunden unterwegs wären, wenn sie zu Fuß gehen müssten. Der Drache hatte nichts dagegen, er würde ihr Gewicht kaum spüren.
„Falls unsere Freunde es nicht geschafft haben, sich zu befreien, würdest du uns dann weiterhelfen?“, fragte Max
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