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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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dort draußen und streckt ihre Fühler nach allen Seiten. Sie sieht uns in die Augen, und sie sieht durch unsere Augen.
    »Das ist der Preis dafür, daß wir nicht von Chew-Z lassen konnten«, sagte Anne. »Wie von dem Apfel im Garten Eden.« Sie klang verbittert.
    »Ja und ich glaube, ich habe ihn bereits bezahlt.« Oder hätte ihn um ein Haar bezahlt, überlegte er. Das Ding, das wir nur in Menschengestalt kennen, wollte sich im Augenblick seiner Vernichtung an meine Stelle setzen; während Gott einst für unsere Sünden starb, standen wir – einen Moment lang – einer, nein, der höheren Macht gegenüber, die von uns verlangte, unser Leben für sie hinzugeben.
    Aber ist sie deswegen böse? fragte er sich. Glaube ich, was ich Norm Schein weismachen wollte ? Sie ist auf jeden Fall geringer als der Gottmensch, der vor zweitausend Jahren zu uns kam. Letztlich geht es wahrscheinlich um nichts anderes als den Wunsch eines aus Staub gemachten Organismus, sich am Leben zu erhalten; wir alle haben diesen Wunsch, wir alle würden es vorziehen, wenn statt unser eine Ziege oder ein Lamm zerstückelt und den Flammen übergeben würde. Opfer sind nötig. Aber niemand möchte Opfer sein. Eigentlich ist unser ganzes Leben nur diesem einen Ziel gewidmet. Und das gilt auch für sie.
    »Mach’s gut«, sagte Anne. »Ich lasse dich allein; jetzt kannst du dich endlich in den Bagger setzen und nach Herzenslust graben. Und wenn wir uns wiedersehen, gibt es hier vielleicht schon ein komplettes Bewässerungssystem.« Sie lächelte ihm noch einmal kurz zu, dann machte sie kehrt und ging in Richtung ihrer Grube davon.
    Nach einer Weile kletterte er die Sprossen zur Baggerkabine hinauf und versuchte, den altersschwachen, versandeten Mechanismus in Gang zu bringen. Der setzte sich unter lautem Protestgeheul zur Wehr. Er schläft wohl lieber weiter, überlegte Barney; das ohrenbetäubende Schmettern der Posaune des Jüngsten Gerichts hätte eigentlich genügen müssen, die Maschine aus ihrer Lethargie zu reißen, aber der Bagger war noch nicht soweit.

    Er hatte einen etwa achthundert Meter langen, holperigen Graben ausgehoben, als er bemerkte, daß eine einheimische Lebensform, ein marsianisches Etwas, ihn verfolgte. Sofort hielt er den Bagger an und blinzelte ins blendend-helle Licht der kalten Marssonne.
    Das Tier sah aus wie ein hageres, halbverhungertes Mütterchen auf allen vieren; es war vermutlich das Schakalwesen, vor dem man ihn wiederholt gewarnt hatte. Doch was es auch war, es hatte offenbar seit Tagen nichts gefressen; obgleich es ihn gierig beäugte, blieb es auf Distanz – da empfing er seine telepathisch projizierten Gedanken. Er hatte richtig vermutet. Es war ein Marsschakal.
    »Darf ich dich fressen?« fragte er lechzend und mit aufgesperrtem Maul.
    »Um Gottes willen, nein«, antwortete Barney. Er suchte in der Kabine nach einem Gegenstand, den man als Waffe hätte benutzen können; seine Finger schlossen sich um einen schweren Schraubenschlüssel, und er zeigte ihn dem Marsraubtier; das Werkzeug in seiner Hand sprach eine deutliche Sprache.
    »Komm herunter von dem Ding«, dachte der Schakal mit einer Mischung aus Hoffnung und Begierde. »Da oben kriege ich dich nicht.« Den letzten Gedanken hatte er wahrscheinlich für sich behalten wollen, dennoch war er projiziert worden. Das Wesen war offenbar alles andere als intelligent. »Ich warte«, überlegte es. »Irgendwann muß er ja herunterkommen.«
    Barney wendete den Bagger und fuhr zu den Chicken Pox Prospects zurück. Ächzend und klappernd schleppte sich die Maschine durch den Sand; sie schien mit jedem Meter langsamer zu werden. Seine Intuition sagte ihm, daß er es nicht schaffen würde. Vielleicht hat das Wesen recht, überlegte er; gut möglich, daß ich aussteigen und ihm entgegentreten muß.
    Erst verschont, dachte er voller Groll, von der ungeheuren höheren Lebensform, die in unser System eingedrungen ist und von Palmer Eldritch Besitz ergriffen hat – und dann von diesem jämmerlichen Vieh gefressen. Das Ende eines langen Fluges, dachte er. Ein Finale, von dem er, trotz seiner Präkog-Fähigkeiten, bis vor fünf Minuten nichts geahnt hatte. Vielleicht wollte ich es einfach nicht ... wie Dr. Smile, wenn er hier wäre, wahrscheinlich triumphierend blöken würde.
    Der Bagger schnaufte, fing heftig an zu bocken, bäumte sich ein letztes Mal auf, einen Augenblick lang bebte er noch, dann war es aus.
    Barney saß eine Zeitlang schweigend da. Unmittelbar vor dem

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