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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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nebenan, und alles war in bester Ordnung.
    Herrgott, dachte er, weshalb bin ich nur so nervös? Er kehrte in den Nebenraum zurück und zog sich wieder aus; seine Hände zitterten.
    Kurz darauf lag er festgeschnallt auf einem der beiden Tische, und Emily lag neben ihm. Auch sie schien Angst zu haben; sie war leichenblaß und sprach kein Wort.
    »Ihre Drüsen«, erklärte Dr. Denkmal, wobei er sich zufrieden die Hände rieb und Emily lüstern beäugte, »werden stimuliert, insbesondere die Kresy-Drüse; sie reguliert die Evolutionsgeschwindigkeit. Aber das wissen Sie ja bereits, nicht wahr? Das weiß schließlich jedes Kind, denn was wir hier entdeckt haben, ist Unterrichtsstoff an allen Schulen. Wie Sie feststellen werden, wächst Ihnen heute weder ein Chitinpanzer, noch vergrößert sich Ihr Hirnschild, auch fallen Ihnen weder Fuß- noch Fingernägel aus – wetten, das wußten Sie nicht! –, statt dessen werden wir eine geringfügige, doch sehr, sehr wichtige Veränderung an Ihrem Stirnlappen vornehmen ... zugegeben, es wird ein bißchen weh tun. Aber wer schlau sein will, muß leiden.« Er giggelte erneut. Richard Hnatt fühlte sich hundeelend; wie ein gefesseltes Tier war er seinem Schicksal hilflos ausgeliefert. Auch eine Möglichkeit, Geschäftskontakte zu knüpfen, dachte er reumütig und schloß die Augen.
    Ein Bediensteter erschien und stellte sich neben ihn; er war blond, blauäugig und machte keinen sonderlich intelligenten Eindruck.
    »Zur Entspannung spielen wir etwas Musik«, sagte Dr. Denkmal und drückte auf einen Knopf. Aus allen vier Ecken des Raumes drang im Multisound die verkitschte Orchesterfassung einer beliebten italienischen Oper von Puccini oder Verdi; Hnatt wußte es nicht genau. »Hören Sie, Herr Hnatt.« Denkmal beugte sich zu ihm hinunter und sagte, plötzlich ernst: »Ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, daß diese Therapie hm und wieder – wie sagt man bei Ihnen? – falsch schlägt.«
    »Fehlschlägt«, sagte Hnatt mit heiserer Stimme. Damit hatte er gerechnet.
    »Aber in der Regel ist sie von Erfolg gekrönt. Im Falle eines Fehlschlags, Herr Hnatt, wird die Kresy-Drüse, statt zu evolvieren, dazu stimuliert, zu – regredieren. Ist das das richtige Wort?«
    »Ja«, murmelte Hnatt. »Wie stark?«
    »Nur ein klitzekleines bißchen. Aber das kann sehr unangenehme Folgen haben. Wir würden es natürlich sofort bemerken und die Therapie abbrechen. Im allgemeinen bringt das die Regression zum Stillstand. Aber – eben nicht immer. Manchmal ist die Kresy-Drüse so sehr stimuliert, daß sie« – er gestikulierte – »weiter regrediert. Das wollte ich Ihnen nur sagen, falls Sie noch Bedenken haben. Also?«
    »Das Risiko gehe ich ein«, sagte Richard Hnatt. »Glaube ich. Ich bin schließlich nicht der erste. Fangen Sie an.« Mühsam wandte er den Kopf und sah Emily fast unmerklich nicken; sie war noch blasser geworden und hatte glasige Augen.
    Wahrscheinlich, dachte er ohnmächtig, wird nur einer von uns evolvieren – vermutlich Emily –, und der andere, ich, devolviert zum Sinanthropus. Mit verwachsenen Backenzähnen, winzigem Gehirn, krummen Beinen und kannibalischen Neigungen. Ich werde Aufträge an Land ziehen wie der Teufel.
    Fröhlich eine Opernmelodie mitpfeifend, betätigte Dr. Denkmal einen Schalter.
    Die E-Therapie der Hnatts hatte begonnen.

    Er schien leichter zu werden, weiter nichts, jedenfalls nicht gleich. Da plötzlich verspürte er einen Kopfschmerz, als hätte ihm jemand einen Schlag mit dem Hammer versetzt. Mit dem Schmerz kam ihm eine neue, untrügliche Erkenntnis; er und Emily gingen ein furchtbares Risiko ein, und es war ein Fehler, sie diesen Strapazen auszusetzen, nur um den Umsatz zu erhöhen. Offensichtlich wollte sie es gar nicht; angenommen sie entwickelte sich so weit zurück, daß sie ihr handwerkliches Geschick verlor? Dann wären sie beide ruiniert; seine Karriere hing davon ab, daß Emily eine der führenden Töpferinnen des Planeten blieb.
    »Halt«, sagte er, doch der Laut blieb ihm im Halse stecken; er konnte ihn nicht hören, obgleich sein Stimmapparat intakt schien – er spürte das Wort in seiner Kehle. Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er evolvierte; es klappte. Seine Einsicht verdankte sich der Veränderung in seinem Hirnmetabolismus. Wenn es Emily gutging, war alles gut.
    Er erkannte außerdem, daß Dr. Willy Denkmal ein schäbiger kleiner Quacksalber war, der aus der Eitelkeit jener Sterblichen Profit schlug, die mehr sein wollten,

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