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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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dergleichen. Vielleicht glaubte er insgeheim, daß er schon einen Weg zurück nach Terra finden werde. Wenn ja, war er verrückt. Nicht Anne.
    Plötzlich sagte sie: »Ich habe noch ein bißchen Can-D, Barney.« Sie wühlte in den Taschen ihrer UN-Drillichhose und brachte ein kleines Päckchen zum Vorschein. »Ich habe es vor ein paar Tagen gekauft, in meiner Grube. Sie heißt übrigens Flax Back Spit. Der Kolonist, der es mir verkauft hat, war davon überzeugt, daß es wertlos wird, wenn Chew-Z auf den Mark kommt, deshalb hat er mir einen guten Preis gemacht. Ich wollte es nehmen – ich hatte es praktisch schon im Mund. Aber genau wie Sie konnte ich es letztlich doch nicht. Ist die traurigste Realität nicht immer noch besser als die Illusion? Ich habe keine Ahnung von Philosophie, Barney, Sie müssen mir das erklären; mein Glaube allein reicht nicht aus, um diese Verwandlungsdrogen zu verstehen.« Mit einem Mal riß sie das Päckchen auf; ihre Finger krümmten sich verzweifelt. »Ich bin am Ende, Barney.«
    »Halt«, rief er, stellte seine Tasse ab und stürzte sich auf sie. Aber es war zu spät; sie hatte das Can-D schon genommen. »Und ich gehe leer aus?« fragte er mit einem amüsierten Lächeln. »Sie haben offenbar nicht begriffen, worum es eigentlich geht; jetzt werden Sie sich allein verwandeln.« Er nahm ihren Arm, führte sie aus der Kabine und zerrte sie hastig über den Flur in den Gemeinschaftsraum; er setzte sie zu den anderen und sagte voller Mitgefühl: »Nun können Sie Ihr Erlebnis wenigstens mit jemandem teilen; so ist es besser.«
    »Danke«, murmelte sie mit schwerer Zunge. Dann fielen ihr die Lider zu, und ihr Körper erschlaffte.
    Jetzt ist sie Perky Pat, sagte er sich. In einer Welt ohne Sorgen.
    Er bückte sich und küßte sie auf den Mund.
    »Ich bin noch wach«, flüsterte sie.
    »Sie werden sich trotzdem nicht daran erinnern«, meinte er.
    »O doch«, widersprach Anne Hawthorne schwach. Und dann verließ sie ihn; er spürte, wie sie von ihm ging. Er war allein mit sieben leeren Hüllen; sofort marschierte er in sein Quartier zurück, wo die beiden Tassen mit dampfendheißem Kaffee auf ihn warteten.
    Ich könnte mich in diese Frau verlieben, dachte er. Mit ihr ist es anders als mit Roni Fugate oder Emily, neu und anders. Besser? überlegte er. Oder bin ich womöglich nur verzweifelt? Wie Anne, die ihr ganzes Can-D verschlungen hat, weil es hier sonst nichts gibt, nur Finsternis. Entweder sie oder die Leere. Und zwar nicht nur ein paar Tage oder Wochen, sondern bis in alle Ewigkeit. Deshalb muß ich mich in sie verlieben.

    Er saß zwischen seinen erst teilweise ausgepackten Sachen, trank Kaffee und dachte nach, als er aus dem Gemeinschaftsraum Geräusche hörte. Seine Mitbewohner kamen wieder zu Bewußtsein. Er stellte seine Tasse auf den Tisch und gesellte sich zu ihnen.
    »Warum haben Sie gekniffen, Mayerson?« fragte Norm Schein mit finsterer Miene und rieb sich die Stirn. »Gott, mir brummt vielleicht der Schädel.« Da bemerkte er Anne Hawthorne. Sie saß, immer noch bewußtlos, an der Wand; der Kopf war ihr auf die Brust gesunken. »Wer ist das?«
    Fran rappelte sich schwankend hoch und sagte: »Sie ist gegen Ende zu uns gestoßen; sie ist eine Freundin von Mayerson: er hat sie auf dem Flug kennengelernt. Sie ist im Prinzip ganz nett, hat aber einen religiösen Fimmel; ihr werdet sehen.« Kritisch betrachtete sie Anne. »Gar nicht so übel. Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, wie sie wohl aussieht; ich hatte sie mir etwas – wie soll ich sagen? – strenger vorgestellt.«
    Sam Regan trat neben Barney und fragte: »Warum tun Sie sich eigentlich nicht mit ihr zusammen, Mayerson? Wir hätten nichts dagegen, sie bei uns aufzunehmen. Wir haben jede Menge Platz, und eine Frau würde Ihnen guttun.« Auch er musterte Anne. »Hübsch. Schöne, lange schwarze Haare; gefällt mir.«
    »Ach ja?« sagte Mary Regan spitz.
    »Ja. Was dagegen?« Sam Regan warf seiner Frau einen bösen Blick zu.
    »Sie ist schon vergeben«, sagte Barney.
    Die anderen sahen ihn fragend an.
    »Seltsam«, meinte Helen Morris. »Davon hat sie uns vorhin ja gar nichts erzählt, und soweit wir feststellen konnten, haben Sie beide lediglich ...«
    Fran Schein fiel ihr ins Wort. »Sie wollen doch wohl nicht mit einer verrückten Neo-Christin unter einem Dach leben«, wandte sie sich an Barney. »Damit haben wir nur schlechte Erfahrungen gemacht; letztes Jahr erst haben wir ein paar von diesen Spinnern vor die Tür

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