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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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gesetzt. Die stiften hier auf dem Mars bloß Unruhe. Vergessen Sie nicht, wir haben ihre Gedanken geteilt ... sie ist treues Mitglied irgendeiner Hochkirche, mit sämtlichen Ritualen und Sakramenten, dem ganzen alten, antiquierten Firlefanz; sie glaubt an diesen Unsinn.«
    »Ich weiß«, erwiderte Barney knapp.
    »Fran hat recht, Mayerson«, beschwichtigte Tod Morris. »Wirklich. Für importierten ideologischen Fanatismus von der Erde ist bei uns kein Platz. Wir kennen das aus anderen Gruben; wir wissen genau, wovon wir sprechen. Unser Motto lautet: Leben und leben lassen, und zwar ohne absolutistische Dogmen und Doktrinen; dafür ist eine Grube schlicht zu klein.« Er zündete sich eine Zigarette an und sah zu Anne Hawthorne hinunter. »Komisch, daß ein so hübsches Mädchen sich für diesen Quatsch begeistert. Na ja, es gibt sone und solche.« Er schien verwirrt.
    »Glauben Sie, die Verwandlung hat ihr Spaß gemacht?« wollte Barney von Helen Morris wissen.
    »Ja, bis zu einem gewissen Grad. Natürlich war sie anfangs ein bißchen durcheinander. Beim ersten Mal ist das nichts Ungewöhnliches; sie wußte nicht, wie sie mit dem Körper umzugehen hatte. Aber sie wollte es unbedingt so schnell wie möglich lernen. Jetzt hat sie ihn ganz für sich allein, da fällt es ihr wahrscheinlich leichter. Das ist eine gute Übung.«
    Barney Mayerson bückte sich und hob die kleine Puppe auf, Perky Pat in gelben Shorts, rotgestreiftem T-Shirt und Sandalen. Das war jetzt Anne Hawthorne, dachte er. Auf eine Art und Weise, die niemand recht begriff. Denn selbst wenn er die Puppe vernichtete, zerstörte, bliebe Anne, in ihrem synthetischen Fantasieleben, davon vollkommen unberührt.
    »Ich möchte sie heiraten«, sagte er plötzlich.
    »Wen?« fragte Tod. »Perky Pat oder die Neue?«
    »Na, Perky Pat natürlich«, meinte Norm Schein und kicherte.
    »Blödsinn«, sagte Helen. »Ich halte das für eine gute Idee; dann sind wir vier Paare statt drei und ein Mann.«
    »Gibt es hier etwas, womit man sich betrinken kann?« fragte Barney.
    »Sicher doch«, antwortete Norm. »Wir haben Schnaps – es ist zwar nur labberiger Gin-Ersatz, aber er hat immerhin vierzig Prozent; der wirkt, darauf können Sie sich verlassen.«
    »Her mit dem Zeug«, sagte Barney und griff nach seinem Portemonnaie.
    »Er ist umsonst. Die Versorgungsschiffe der UN werfen ihn fässerweise ab.« Norm ging an einen Schrank, holte einen Schlüssel hervor und schloß ihn auf.
    »Sagen Sie, Mayerson, weshalb wollen Sie sich betrinken?« fragte Sam Regan. »Liegt es an uns? An der Grube? Oder am Mars?«
    »Nein.« Mit alldem hatte es nichts zu tun; es ging um Anne und den Zerfall ihrer Identität. Ihr plötzlicher Can-D-Konsum war ein Indiz dafür, daß sie sowohl ihren Glauben als auch ihren Überlebenswillen verloren hatte, daß sie im Begriff war aufzugeben. Ein böses Omen, auch für ihn; er hatte maßgeblichen Anteil am Verlauf der Ereignisse.
    Wenn er ihr helfen konnte, konnte er vielleicht auch sich selbst helfen. Und wenn nicht ...
    Intuitiv spürte er, daß sie erledigt waren. Für ihn und Anne bedeutete der Mars den Tod. Und zwar schon bald.

    Neun

    Als sie aus der Verwandlungstrance erwachte, war Anne Hawthorne mißmutig und schweigsam. Das war kein gutes Zeichen; vermutlich hatte sie eine ähnliche Vorahnung wie er. Aber sie verlor kein Wort darüber; statt dessen ging sie geradewegs in seine Kabine und holte ihren klobigen Schutzanzug.
    »Ich muß zurück nach Flax Back Spit«, erklärte sie. »Danke, daß ich Ihr Layout benutzen durfte«, sagte sie zu den Grubenbewohnern, die ihr beim Anziehen zusahen. »Entschuldigen Sie, Barney.« Sie senkte den Kopf. »Es war unhöflich von mir, Sie einfach sitzenzulassen.«
    Er begleitete sie zu Fuß durch die flache, nächtliche Wüste zu ihrer Grube; schweigend stapften sie vor sich hin und hielten, dem Rat der Kolonisten folgend, nach einem einheimischen Raubtier Ausschau, einer schakalartigen telepathischen Lebensform. Aber es war nichts zu sehen.
    »Wie war’s?« fragte er schließlich.
    »Was? In diesem kessen kleinen Püppchen zu stecken, mit ihren blonden Haaren, ihren gräßlichen Klamotten, ihrem Freund, ihrem Auto und ...« Sie schauderte. »Grauenvoll. Nein, eigentlich eher – belanglos. Ich konnte nichts Besonderes daran finden. Ich kam mir vor, als wäre ich wieder ein junges Mädchen.«
    »Ja.« Das war typisch für Perky Pat.
    »Barney«, sagte sie ernst, »ich brauche dringend etwas anderes, und zwar

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