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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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brüllte sie. »Ich habe gesagt, was ich wirklich empfinde. Und ich lasse mir nicht vorwerfen, eine Heuchlerin zu sein.«
    »Du hast nur ein Leben«, sagte der Mann am Frühstückstisch. »Wenn du es mit Barney statt mit mir verbringen möchtest ...«
    »Hör auf!« Sie funkelte ihn wütend an.
    »Ich gehe«, sagte Barney; er öffnete die Wohnungstür. Es hatte keinen Zweck.
    »Warten Sie!« Palmer Eldritch stand auf schlenderte ihm hinterdrein. »Ich begleite Sie nach unten.«
    Gemeinsam trotteten sie den Korridor entlang zur Treppe.
    »Sie dürfen nicht aufgeben«, riet Eldritch. »Denken Sie daran: Sie haben zum ersten, aber nicht zum letzten Mal Chew-Z genommen. Sie können es so lange probieren, bis es klappt.«
    »Was in drei Teufels Namen ist Chew-Z?« fragte Barney.

    Dicht hinter ihm wiederholte eine Frauenstimme: »Barney Mayerson. Komm zu dir!« Jemand schüttelte ihn; er blinzelte, kniff die Augen zusammen. Neben ihm kniete Anne Hawthorne; die Hand auf seiner Schulter gehörte ihr. »Wie war’s? Die Luke stand offen, aber es war niemand zu sehen; schließlich habe ich euch hier gefunden, im Kreis, bewußtlos. Seid ihr verrückt? Wenn ich nun von der UN gewesen wäre!«
    »Du hast mich geweckt«, murmelte er, als ihm klar wurde, was Anne getan hatte; er war wütend und enttäuscht. Die Verwandlung war, fürs erste wenigstens, vorbei; daran gab es nichts zu rütteln. Doch schon verspürte er die Sehnsucht, das Verlangen, es von neuem zu versuchen, und zwar so bald wie möglich. Alles andere war unwichtig, selbst das Mädchen neben ihm oder seine still und reglos im Kreis kauernden Mitbewohner.
    »War es so gut?« fragte Anne verständig. Sie tätschelte ihre Manteltasche. »Er war auch in unserer Grube; ich habe ihm etwas abgekauft. Der große, grauhaarige Mann mit den merkwürdigen Zähnen und Augen.«
    »Eldritch. Oder ein Simulacrum von ihm.« Seine Gelenke schmerzten, als habe er stundenlang krumm dagesessen, aber als er auf seine Armbanduhr sah, stellte er fest, daß nur wenige Sekunden – kaum eine Minute – vergangen waren. »Eldritch ist überall«, sagte er zu Anne. »Gib mir dein Chew-Z.«
    »Nein.«
    Achselzuckend versuchte er seine Enttäuschung, die akuten körperlichen Entzugserscheinungen zu unterdrücken. Palmer Eldritch würde wiederkommen; vielleicht sogar noch heute. Er wußte um die Wirkungen der Droge.
    »Erzähl mir davon«, sagte Anne.
    »Man betritt eine illusorische Welt, in der Eldritch schaltet und waltet wie ein Gott; er gibt einem Gelegenheit, etwas Unmögliches zu tun – die Vergangenheit nach Belieben zu rekonstruieren. Aber das fällt selbst ihm nicht leicht. Es braucht Zeit.« Er massierte sich die schmerzende Stirn.
    »Das heißt, es genügt nicht zu winken, wenn man etwas haben will? Wie im Traum?«
    »Es ist ganz anders als ein Traum.« Es war schlimmer, dachte er. Die Hölle. Ja, dachte er, so muß die Hölle sein: eine mörderische Endlosschleife. Aber hatte Eldritch nicht gesagt, mit Geduld und Beharrlichkeit ließe sie sich irgendwann durchbrechen?
    »Wenn du zu ihr zurückgehst ...«, begann Anne.
    »Was heißt hier ›wenn‹?« Er starrte sie an. »Beim ersten Mal ist alles schiefgelaufen. Ich muß zu ihr zurück.« Immer wieder, unzählige Male, wenn es sein muß, dachte er. »Ich bitte dich. Gib mir um Gottes willen dein Chew-Z-Päckchen. Ich weiß, daß ich sie überzeugen kann. Eldritch ist auf meiner Seite; er tut alles, was in seiner Macht steht. Sie ist wütend, weil ich sie überrumpelt habe, und deshalb –« Er brach ab; er starrte Anne Hawthorne an und dachte: Hier stimmt doch irgend etwas nicht.
    Anne trug eine Armprothese; ihre Finger aus Plastik und Metall waren nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, er konnte sie deutlich erkennen. Er blickte ihr ins Gesicht und sah das Nichts, die Leere, so unermeßlich wie der Intersystemraum, aus dem Palmer Eldritch gekommen war. Die toten Augen, in denen sich der Raum jenseits der bekannten und bewohnten Welten spiegelte.
    »Später«, sagte Anne mit ruhiger Stimme. »Für heute hast du genug.« Sie lächelte. »Sonst gehen dir noch die Schalen aus; du würdest dir die Droge nicht mehr leisten können, und dann?«
    Ihr Lächeln erstrahlte im leuchtenden Glanz rostfreien Stahls.

    Stöhnend erwachten seine Mitbewohner, kehrten langsam und qualvoll in die Wirklichkeit zurück; murmelnd setzten sie sich auf und versuchten, sich zu orientieren. Anne war verschwunden. Barney nahm all seine Kraft zusammen und

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