Die drei ??? und das Tuch der Toten (drei Fragezeichen) (German Edition)
ab.
Polycarbonat
Angus war als Erster wieder aus der Wand. Die letzten zwei Meter sprang er einfach herab und raste sofort wie ein Irrer los. Peter folgte kurz danach, Grace hatte erst die Hälfte des Weges hinter sich.
»Erster, bist du okay?« Der Zweite Detektiv legte seinem Freund die Hand auf die Schulter.
»Ja, ja, mir geht’s gut.« Justus machte dennoch einen etwas benommenen Eindruck. Immer noch stand er wie angewurzelt da.
»Leo! Um Himmels willen!« Peter sah in die Richtung, in der das Quad verschwunden war. »Was ist da gerade passiert? Ich … verstehe das nicht.«
Grace war jetzt ebenfalls unten angelangt und eilte zu den beiden Jungen. »Sie haben Leo! Mein Gott, sie haben Leo! Was haben die getan?«
Die furchtbaren Szenen jagten noch einmal durch Justus’ Kopf. Der Schuss, ein trockenes, leises Knallen. Leo, der jämmerlich gejault und sofort hinten eingeknickt war. Seine Versuche, den kleinen, roten Pfeil loszuwerden, der ihm im Rücken steckte. Der Fahrer, der vom Quad gesprungen und auf Leo zugelaufen war. Leo, der bewusstlos zusammengesackt war, der Fahrer, der ihn hochgehoben und auf die Ladefläche gelegt hatte. Angus, der verzweifelt geschrien hatte, das Quad, das dicht neben Justus vorbeigedonnert und im Wald verschwunden war.
»Mann«, sagte der Erste Detektiv leise, »ich glaube, es warein Mann. Leo wiegt sicher über fünfzig Kilo und er hat ihn einfach auf die Arme genommen und weggetragen.«
»Aber wieso?« Peter breitete ratlos die Hände aus. »Wieso, zum Teufel, entführt die Ratte Leo?«
»Leo!«, flüsterte Grace und sah mit glasigem Blick ins Nirgendwo.
»Grace«, fragte Justus, »was ist mit Leo? Wissen Sie, warum Leo entführt wurde? Ist irgendetwas Besonderes an ihm? Oder nimmt hier jemand vielleicht Rache an Angus? Oder Ihnen?«
Grace schüttelte den Kopf. Und nickte. »Leo ist besonders. Sehr besonders sogar. Aber das soll euch besser Angus erzählen.« Sie deutete nach vorn zwischen die Stämme, wo Angus wieder zu sehen war. Wie ein Häufchen Elend schlich der Mann durch Wald.
Während sie auf ihn warteten, verständigte Peter Bob über Walkie-Talkie, dass er zurückkommen solle. Schnell. Es sei etwas passiert.
»Er ist weg«, sagte Angus mit gebrochener Stimme, als er bei ihnen war. »Ich habe seine Spur verloren.« Das Gesicht des Mannes wirkte eingefallen und in seinen Augen war jeder Glanz erloschen.
»Angus, warum haben die Leo entführt? Warum nur?« Peter sah den Mann fassungslos an.
Angus schien ihn gar nicht gehört zu haben. Ausdruckslos starrte er zu Boden. Dann antwortete er doch, leise, kaum hörbar. »Leo ist einer von drei Hunden auf der Welt, die Polycarbonat erschnüffeln können. Einer von drei.«
»Bitte?« Der Zweite Detektiv verstand nicht.
Justus musste kurz nachdenken, dann wusste er es. »Polycarbonat? Das man zum Beispiel zur Herstellung von Ausweisen, Waffen, CDs benötigt?«
Angus nickte abwesend. »CDs.«
»Dann ist Leo doch ein Spürhund? Einer, der geschmuggelte CDs aufspüren kann?«
»In Amerika der einzige«, sagte Angus.
»Deshalb …«, murmelte Peter betroffen. »Jetzt verstehe ich.«
In Justus’ Gehirn begann es zu arbeiten. »Angus, gibt es deiner Meinung nach irgendeinen Anhaltspunkt dafür, warum Leo ausgerechnet jetzt entführt wurde?«
Der Polizist zögerte wieder. Dann blickte er Justus an. »Natürlich!« Er lächelte bitter. »Wir haben letzte Woche einen Tipp von einem Informanten bekommen. Morgen Nachmittag soll ein Frachtschiff aus Indien eintreffen mit jeder Menge Raubkopien an Bord.«
Der Erste Detektiv begann, seine Unterlippe zu kneten. »Letzte Woche, hm. Und morgen soll das Schiff einlaufen.«
»Richtig.«
»Angus, wie lebst du in Los Angeles?«
Angus sah ihn irritiert an. »Bitte?«
»Ich meine vor allem, wie du mit Leo zusammenlebst. Lebt er bei dir zu Hause, ist er im Police Department in einem Zwinger untergebracht, wird Leo gar von verschiedenen Kollegen eingesetzt?«
Angus schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Leo lebt bei mir. Immer, rund um die Uhr.«
»Aha. Und wenn du Einsätze hast, bist du dann allein oder immer in Begleitung anderer Beamter?«
»Da sind immer andere dabei. Ab und zu gehen Leo und ich schon mal allein in einen Frachtraum oder Container, aber Kollegen sind stets in der Nähe. Worauf willst du hinaus?«
»Gleich.« Justus hob den Finger. »Man könnte also sagen, dass es unter normalen Bedingungen äußerst schwierig wäre, Leo zu entführen, weil ihr beide
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