Die drei ??? und der Ameisenmensch
eines Abends ins Auto setzte, um die Küste entlang zu fahren«, fuhr Letitia fort. »Die . . . das Ding . . . war auf dem Rücksitz. Es stieß ein widerliches, gurgelndes Lachen aus und stand auf. Ich fahre ein Kabriolett, also konnte es sich mühelos frei bewegen. Es streckte die Arme aus und . . . und plötzlich waren Käfer in meinem Haar und auf meinem Kleid. Ameisen waren es nicht. Ihr kennt diese scheußlichen Insekten, die man findet, wenn man große Steine aufhebt? Sie sind schwarz und ziemlich groß und haben einen Panzer mit Gelenken wie Scharniere. Ich schrie laut, und die Vogelscheuche sprang aus dem Wagen. Und als Burroughs mit seiner Frau endlich auf die Veranda kam, war sie fort!«
»Das war doch furchtbar!« rief Peter.
»Ja, das war es.«
»Also wußte die Vogelscheuche offenbar von Ihrer zwiefachen Angst«, sagte Justus. »Sie könnte das von einem Ihrer Hausbewohner erfahren haben, vielleicht aber auch von Gerhart Malz. Erzählen Sie mir von Mr. Malz.«
Letitia zuckte die Achseln. »Da gibt es nicht viel zu erzählen.
Er ist seit Urzeiten Kustos der Mosby-Sammlung. Er war schon im Museum, ehe der alte Mr. Mosby starb, und nun wohnt er dort im Haus und . . . und sonst fällt mir eigentlich nichts ein.«
»Das ist nicht eben viel«, meinte Bob, der sich eifrig Notizen gemacht hatte.
Justus sah Woolley forschend an; der aber schüttelte den Kopf.
»Frag mich nicht. Ich kenne den Mann nicht näher.«
Letitia Radford runzelte nachdenklich die Stirn. »Nein, wirklich«, sagte sie, »über Gerry Malz gibt es nicht viel zu berichten. Er hat an der Graham-Kunstakademie in Los Angeles studiert, und dann wurde er von Mr. Mosby eingestellt. Er wohnt im Haus und beaufsichtigt die Männer, die dort tagsüber arbeiten. Er restauriert auch Gemälde und andere Stücke aus der Sammlung, und er führt Besucher durch die Ausstellung. Man muß einen Termin vereinbaren, ehe man kommen kann, also kann er es sich so einrichten, daß er nicht überlastet ist. Ich finde, er hat da einen feinen Job.«
»Hat er Angehörige?« fragte Justus.
»Nein«, erwiderte Letitia. »Darüber spricht er nie.«
»Ein Einzelgänger, wie?« meinte Justus. »Und was macht er in seiner Freizeit?«
»Nicht viel. Er spielt Schach mit Mrs. Chumley, und das ist eigentlich schon alles.« Letitias Miene hellte sich auf. »Da fällt mir ein – er kommt heute zum Mittagessen, und dann will er mit Mrs. Chumley eine Partie spielen. Möchtet ihr ihn kennenlernen? Ihr könnt gern bei uns mitessen.«
Justus nickte. »Vielen Dank. Den Mann würden wir wirklich gern kennenlernen. Ich finde, wir sollten uns mit jedem, der häufig mit Ihnen zusammenkommt, näher befassen. Denn die Person, die Sie terrorisiert, gehört mit großer Wahrschein-lichkeit zu Ihrem Bekanntenkreis!«
Womit Justus recht haben dürfte. Das legt für meine Leser nahe, daß außer Dr. Woolley nun noch die weiteren Personen in Miss Letitias Umgebung skeptisch zu betrachten wären – zumindest soweit sie beweglich und nicht behindert sind . . .
Die Schatzkammer
Das Mittagessen war im Speisezimmer der Villa Radford angerichtet. Mrs. Chumley saß an einem Ende der langen Tafel, Letitia Radford am anderen. Gerhart Malz saß rechts von Mrs. Chumley und erzählte ausführlich vom Mosby-Museum.
»Wir haben einen wirklich erstklassigen Vermeer«, sagte er zu den Jungen. Er hatte lebhafte blaue Augen hinter einer goldgefaßten Brille, und sein kurzgeschorenes Haar war von so hellem Blond, daß es fast weiß wirkte. Seine Gesichtsfarbe war frisch und gesund, doch auf den Wangen und über der Nase zeigten sich rote Äderchen. »Vermeer ist ein Wunder«, fuhr er fort. »Einer der größten Maler unter den Niederländern. Mrs. Chumley verehrt ihn sehr. Nicht wahr, Mrs. Chumley?«
Die Frau am Ende der Tafel nickte.
»Mrs. Chumley besitzt eine Kopie unseres Vermeer«, berichtete Malz weiter. »Das Bild heißt ›Frau mit einer Rose‹, und die Kopie wurde von einem Studenten gemalt. Wir lassen Leute, die sich in den Techniken der alten Meister üben wollen, in unsere Ausstellungsräume kommen und die berühmten Bilder kopieren. Natürlich müssen sie dazu erst die Erlaubnis einholen, und eine Kopie darf niemals dieselbe Größe wie das Original haben.«
»Meine Vermeer-Kopie ist größer als das Original«, klärte uns Mrs. Chumley auf. »Wenn dieser Unterschied nicht wäre, könnte man die beiden Bilder nicht auseinanderhalten.«
Sie hatte ihre Mahlzeit beendet und legte ihre
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