Die drei ??? und der Karpartenhund
Morgen«, sagte Justus.
Elmquist blinzelte und rieb sich die Augen. Die Jungen konnten sehen, daß er sich weder gewaschen noch gekämmt hatte.
»Uaah!« sagte er. Fast wäre er beim Weitergehen gestolpert. Die Tür ließ er hinter sich offen. Er schien sich nicht recht entschließen zu können, ob er sich auf einen der Stühle bei den Jungen setzen sollte oder ob er einfach dastehen und untätig ins Becken schauen sollte.
Schließlich tat er keines von beiden. Er setzte sich auf den Fliesenbelag, legte die Beine übereinander und die Füße auf die Oberschenkel. Justus kannte die Haltung: es war die Lotus-Stellung der Yoga-Lehre.
»Guten Morgen«, sagte Justus noch einmal.
Der junge Mann wandte Justus das blasse Gesicht zu und starrte ihn eine Sekunde lang an. Seine Augen hatten keine bestimmte Farbe. Das Weiße war blutunterlaufen, als habe er zu wenig geschlafen.
»Ist es noch Morgen?« fragte er.
Justus sah auf die Uhr. »O nein. Es ist schon ein Uhr durch.«
Sonny Elmquist gähnte wieder.
»Mr. Prentice sagte mir, daß Sie drüben an der Vermont Avenue in dem Supermarkt arbeiten, der nachts geöffnet ist«, sagte Justus.
Da kam ein wenig Leben in Elmquist. Er grinste. »Von Mitternacht bis morgens früh«, sagte er. »Manchmal ist es eine verflixte Schinderei, aber der Lohn ist höher, wenn man diese Schicht übernimmt. Und wenn es nichts zu tun gibt, kann ich lernen.«
»Besuchen Sie eine Schule?« fragte Justus.
Sonny Elmquist winkte ab, als seien Schulen die reinste Zeitverschwendung. »Das ist für mich längst vorbei«, erklärte er den Jungen. »Mein alter Herr wollte, daß ich studiere und Zahnarzt werde wie er selber. Danke, nichts für mich. Den ganzen Tag auf den Beinen sein, den Leuten im Gebiß herumstochern und sich Rückgratverkrümmung holen. Wozu denn? All das ist doch nur Illusion.«
»Illusion?« wiederholte Peter.
»Genau. Alles ist eine Illusion. Die ganze Welt. Wir sind alle wie eine Herde schlafender Tiere, die einen bösen Traum haben. Aber ich werde bald aufwachen!«
»Was lernen Sie denn?« wollte Justus wissen.
»Meditation«, sagte Elmquist. »Den Weg zur Endstufe des Bewußtseins.« Er streckte die Beine aus und stand auf, sichtlich erfreut darüber, daß ihm jemand zuhörte.
»Zur Zeit spare ich«, sagte er. »Ich möchte nach Indien reisen und mir einen Guru suchen. Dort gibt es die besten Lehrer.
Also arbeite ich nachts, weil das mehr Geld bringt. Bald habe ich genug beisammen, und dann gehe ich nach Indien und bleibe drei oder vier Jahre dort, so lange man eben braucht, um . . . um wirklich alles zu wissen. Nicht daß es mir darum geht, alles über die Wissenschaft oder solche Dinge zu wissen – das hat keinen Sinn. Ich will wissen, wie man ohne irgendwelche Bedürfnisse leben kann. Das ist doch das einzig Richtige, findet ihr nicht auch?«
Bob sagte zweifelnd: »Na ja, ich meine, wenn Sie gar nichts mehr brauchen . . . wenn Sie alles haben, was Sie brauchen . . .«
»Nein, nein. Du hast keine Ahnung!« rief Elmquist.
»Nicht meine Kragenweite«, murmelte Peter vor sich hin.
»Es ist ganz einfach. Wünsche, Bedürfnisse – damit fängt das ganze Elend an. Nehmt den alten Prentice. Der sorgt sich doch nur um seine Besitztümer – seine Sammlung. In seinem nächsten Leben wird er wahrscheinlich ein . . . eine Ratte sein!«
»Na hören Sie mal!« rief Peter. »Er ist ein feiner alter Mann.«
Sonny Elmquist schüttelte den Kopf. »Ich will ja gar nicht behaupten, daß er stehlen oder jemand angreifen würde, um sich zu bereichern, aber er sorgt sich eben ausschließlich darum, was er hat, und er will immer noch mehr. Er wird nie begreifen, daß er nur Einbildungen nachjagt. Wißt ihr, daß er ein Mandala besitzt und nicht einmal ahnt, wozu man es benutzt? Er hängt es sich einfach an die Decke wie ein Bild.«
»Was ist denn ein Mandala?« fragte Peter.
Elmquist flitzte in seine Wohnung und war gleich darauf mit einem kleinen Buch wieder da. »Ich hätte sehr gern eines«, sagte er voll Eifer. »Es ist eine Art symbolischer Darstellung des Kosmos.
Wenn man davor meditiert, treten alle Täuschungen des Lebens in den Hintergrund, und man wird eins mit dem Universum.« Er öffnete das Buch und zeigte den Jungen eine starkfarbige Abbildung: sich überschneidende Dreiecke, die von einem Kreis umschlossen waren. Der Kreis wiederum war von einem Quadrat umgeben.
»So etwas habe ich in Mr. Prentices Wohnung nicht gesehen«, sagte Peter.
»Verständlich, wenn es
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