Die drei ??? und die Perlenvögel
zuzuhalten.
Da blieb Justus, der vorausging, plötzlich stehen. Etwa hundert Meter weiter vorn, kaum sichtbar hinter den Bäumen und den schwirrenden Vogelschwärmen, stand ein großes Haus im spanischen Stil. Aber nicht der Anblick des Hauses hatte Justus stutzen lassen.
In all dem Gezwitscher und Gekreisch und Geschnatter hatte er ein neues Geräusch wahrgenommen: eine Frauenstimme. Einen metallischen, hohen, aber doch angenehm melodischen Sopran.
Die Frau sang.
»Drei Jungen in meinem Garten, was wollen sie wohl von mir«, sang sie. Bob erkannte den militärisch-zackigen Rhythmus der
»Battle Hymn of the Republic«.
»Kommt meinetwegen näher, aber laßt meine Vögel in Ruh’«, ging der Gesang nach kurzer Pause zur gleichen Melodie weiter.
Also setzten die drei ??? ihren Weg fort, verwundert und neugierig.
Nun konnte Justus die Frau sehen. Sie stand auf dem Rasen zwischen den Bäumen und dem Haus. Sie war sehr groß und hatte etwas – Justus suchte nach dem richtigen Wort – ja, etwas Statuenhaftes. Sie trug ein langes, weites Sommerkleid und einen Schlapphut aus Stroh, den sie mit einer Schleife unter dem gutgepolsterten, runden Kinn festgebunden hatte. Ein Papagei saß auf ihrer Schulter, und ein Habicht kreiste dicht über ihrem Kopf. Auf der Hutkrempe hatte es sich ein Kanarienvogel bequem gemacht.
»Was wollt ihr von mir? Ihr müßt singen, aber laut«, schmetterte sie den drei ??? entgegen, die einige Schritte vor ihr stehengeblieben waren. »Sonst verstehe ich euch nicht.«
Justus Jonas war früher als Kinderstar aufgetreten – allerdings legte er keinen Wert darauf, daran erinnert zu werden, denn er war damals ein richtiges Pummelchen und unter dem Namen
»Baby Fatso« bekannt gewesen. In Musicals hatte er allerdings nie mitgewirkt, und auch der Schülerchor hatte ihn nicht interessiert. Nein, ein Sänger war Justus nicht.
Doch er begriff, worum es der Frau ging. Bei all dem Zwitschern und Krächzen und Pfeifen der Vogelschar konnte sich die menschliche Stimme wohl nur in klar artikuliertem Gesang verständlich machen.
»Wir suchen die Herrin des Hauses, Miss Maureen Melody«, trompetete er.
»Da seid ihr bei mir richtig, Miss Melody bin ich«, tönte es zur Antwort.
Nun war Justus wieder dran. Er räusperte sich.
»Verzeihen Sie die Störung, haben Sie für uns Zeit?« Es war gar nicht so leicht, Sätze zu bauen, die zur Melodie der »Battle Hymn of the Republic« paßten, aber er tat sein Bestes. »Wir hörten, daß . . .« Er brach ab. Maureen Melody hörte ihm offenbar überhaupt nicht mehr zu. Sie lächelte jetzt, ein hinge-bungsvolles, seliges Lächeln, und kam auf Peter zugetänzelt.
»Glory, glory, halleluja. Glory, glory, halleluja«, sang sie in schmelzenden Tönen.
Sie nahm den Käfig mit Cäsar von Peters Lenker und drückte ihn fest an sich.
»Glory, glory, halleluja. Die Belohnung ist für euch!«
Eine Perle für Miss Melody
»Die Belohnung?« fing Justus zu singen an. Und dann hielt er inne. Maureen Melody öffnete Cäsars Käfig.
»Bitte«, intonierte er. »Bitte nicht.« So liebenswürdig es ging, nahm er Miss Melody den Käfig ab.
»Die Taube gehört uns nicht«, sang er. Wieder brach er ab. Es gab so vieles zu erklären, und die Vorstellung, dies mit kräftiger Singstimme tun zu müssen, war entmutigend. Es würde eher zu schlimmer Heiserkeit führen als zu einer einigermaßen klaren Darstellung der Situation.
»Können wir nicht irgendwo alles in Ruhe besprechen?« versuchte er es mit einer Art Rezitativ. Er merkte dabei, daß es leichter war, eine eigene Melodie zu improvisieren, als sich dem Diktat der »Battle Hymn of the Republic« fügen zu müssen. »Bitte, ich wüßte das sehr zu schätzen.«
Miss Melody stand da und fingerte an der dreireihigen Perlen-kette herum, die sie um den Hals trug. Sie sah die Jungen an und war sichtlich recht verdutzt darüber, daß Justus ihr Cäsar einfach weggenommen hatte.
Dann nickte sie und ging voran zum Haus. Der Habicht über ihr schwirrte ab in die Bäume. Der Papagei blieb an seinem Platz auf ihrer Schulter, und ebenso hielt es der Kanarienvogel auf der Hutkrempe.
Die drei ??? folgten Miss Melody durch eine hohe Glastür in ein großes, helles Wohnzimmer. Sie schloß die Tür hinter ihnen.
Erst war das Krächzen und Zwitschern und Pfeifen von draußen fast noch ebenso ohrenbetäubend wie zuvor. Dann drückte Miss Melody auf einen Knopf in der Wand, und eine dicke Panzerglasplatte schob sich vor die
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