Die drei ??? und die singende Schlange
Kultgemeinschaft ist versammelt«, sagte er noch einmal.
Da hörten die Jungen und Allie Schritte auf der Treppe. Eine Gestalt schob sich zwischen sie und den kerzenbeleuchteten Raum. Jemand in einem langen schwarzen Umhang verhielt den Schritt im Rundbogen, glitt dann in den Raum und ging um den Tisch herum. Er ließ sich auf dem Schlangenthron nieder, und nun konnten ihn Justus und die anderen zum ersten Mal richtig sehen. Justus hörte, wie Peter einen Aufschrei unterdrückte.
Wenn Mr. Asmodi bleich war, so war dieser Mann aschfahl. Sein Gesicht war so weiß, daß es sich gegen die Schwärze seines Gewands hell leuchtend und wie freischwebend abhob – denn er war von Kopf bis Fuß in die Farbe der Nacht gehüllt. Selbst sein Haar war von einer eng anliegenden schwarzen Kappe verborgen.
Der Mann zog mit schneeweißen Händen seinen Umhang enger um sich und neigte leicht den Kopf.
Der versammelte Zwölferkreis nahm Platz.
Der Mann auf dem Thron klatschte zweimal in die Hände.
Asmodi glitt vom Tisch weg und kam dann mit einem Tablett wieder. Darauf stand ein silberner Pokal, den Asmodi dem Mann im Sessel darbot.
»Belial schenke uns seine Gunst!« sagte der Mann. Er nahm den Pokal und setzte ihn an die Lippen.
»Moloch erhöre uns!« ertönte es im Chor.
Der Mann reichte den Pokal Patricia Osborne. Sie nahm ihn mit einer Miene, als sei sie den Tränen nahe. »Belial schenke uns seine Gunst«, sagte sie mit schwankender Stimme. Sie trank und reichte den Pokal weiter, während die anderen wieder Moloch beschworen. Immer wieder wurde Belials Gunst erfleht. Immer wieder rief die Runde Moloch an, sie zu erhören. Schließlich kehrte der Pokal zu dem Mann auf dem Schlangenthron zurück und ging wieder an Asmodi.
Als nächstes brachte Asmodi ein kleines Kohlenbecken auf vier Füßen heran. Er stellte es vor den Mann im Umhang auf den Tisch. Der Mann stand auf und breitete die Hände über den glühenden Kohlen im Becken aus. »Abaddon und Eblis, schaut auf uns herab!« rief er.
Asmodi reichte eine silberne Schale dar. Der Mann in Schwarz streute etwas von ihrem Inhalt auf die Kohlenglut. Eine Rauchsäule stieg rasch auf, und ein starker, süßlicher Geruch wehte bis zu den heimlichen Zuschauern über die Diele hin.
»Belial erhöre uns!« sagte der Mann im Umhang beschwörend.
»Sende die Kraft der Schlange, daß sie uns schütze. Nimm vor uns Gestalt an. Laß uns deine Stimme hören!«
Darauf schwieg der Mann. Alle schwiegen, und in diesem Schweigen hörten Allie und die Jungen den Beginn eines gefürchteten Tons. Jemand, etwas . . . sang.
Allie machte eine plötzliche Bewegung, als wolle sie davonlau-fen. Justus faßte sie am Arm und hielt sie beruhigend fest.
Der Ton wurde lauter. Er schwoll an, ohne Worte, bis er allen durch Mark und Bein ging.
Wieder griff der Mann im Umhang mit spitzen Fingern in die Schale. Wieder wurde Weihrauch in die Glut geworfen. Und in der brodelnden Rauchwolke bewegte sich etwas!
Bob holte tief und hörbar Atem.
»Belial hat uns erhört!« rief der Mann im Umhang aus. »Die unsterbliche Schlange weilt in unserem Kreis!«
Die stummen Zuschauer erschauerten, als sie sahen, was sich da im Rauch ringelte. Es war eine riesige Kobra, grünblauer Glanz, geblähter Hals, Gefunkel roter Augen.
Der Singsang nahm kein Ende, bis er zu einem entsetzlich schril-len, rhythmischen Geräusch wurde, vor dem sich Justus am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Doch verebbte es allmählich Der Rauch löste sich auf. Die grauenhafte Schlange verblaßte Das Singen hörte auf. Die Erscheinung war verschwunden.
Der Mann im Umhang setzte sich nieder. »Das Wohl eines einzelnen aus unserem Kreis ist unser aller Wohl«, sagte er. »Wir wollen uns die Hände reichen.«
Patricia Osborne blickte starr vor sich hin, aber sie legte ihre Hand auf den Tisch, und der schwarzgekleidete Mann nahm sie.
Justus stieß Peter an. Da kamen verstohlene Schritte die Treppe herunter, und eine dunkle Gestalt verstellte den Beobachtern den Blick auf die Tischrunde. Es war der kräftig gebaute Mann, der an jenem Abend, als Peter von der Mauer gestürzt war, auf dem Grundstück Wache gehalten hatte. Jetzt stand er in der Diele und blickte in den Raum, wo der Mann im Umhang seine Anhänger um das Kohlenbecken versammelt hatte. Kurz darauf betrat er den Kultraum, schritt um den Tisch und bückte sich, um dem Mann auf dem Thron etwas ins Ohr zu flüstern.
»Unmöglich!« sagte der Mann im Umhang. »Wir sind alle
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