Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)
Kostverächter war. Er verließ, ohne ein Wort zu sagen, seinen Palast, kam an den Wechselbänken vorüber und trat bei dem Goldschmied ein, um für die Dame seines Herzens ein schönes Juwel zu kaufen, item ein Juwel zu erhandeln, das alle überstrahlte, so nur in der Bude zu finden sein mochten. Er fand aber nichts von all dem Kram nach seinem Geschmack. Und während der Meister aus einer kleinen Lade einen dicken Diamanten hervorsuchte, um ihn dem König zu zeigen, sagte dieser zur Tochter:
»Mein Schätzchen, du bist nicht gemacht, um Juwelen zu verkaufen, sondern um solche geschenkt zu erhalten, und wenn du mir von allen Ringlein hier die Wahl lassen willst, so weiß ich darunter eins, in das alle Welt vernarrt ist, das mir wohlgefällt, dessen Diener und Untertan ich sein möchte und das um ein Königreich, wenn es auch das von Frankreich wäre, nicht zu bezahlen ist.«
»Oh, Herr König«, antwortete das schöne Mädchen, »ich soll morgen heiraten; aber wenn Ihr mir den Dolch da in Eurem Gürtel schenken wollt, so will ich das Ringlein, von dem Ihr spracht, herzhaft verteidigen und es für Euch aufheben nach den Worten des Evangeliums: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist!« Der König gab ihr unverzüglich den zierlichen Hirschfänger. Ihre Rede aber hatte ihm so gut gefallen, daß er, verliebt bis über die königlichen Ohren, bei sich beschloß, dem neuen Liebchen das hübsche Haus zu schenken, das er erst neulich in der Rue de l'Hirondelle erworben hatte. Und so schied er von dem schönen Kinde.
»Unser Meister Prozeßhaspier verlor auch keinen Augenblick und führte am anderen Morgen zum großen Leidwesen der abgeschobenen Mitbewerber unter Musik und dem Geläute der Glocken seine Braut zur Kirche, ließ dann auftragen, daß sich die Tische bogen, und am Abend nach dem letzten Tanz und Kehraus schlich er sich nach der Schlafkammer seines Fräulein Frau, die, das Bett des Advokaten verschmähend und mehr böser Kobold und wütende Teufelin als Fräulein, ihn in einem Sessel am Herdfeuer sitzend erwartete, während höher als das Feuer im Herd die Zornesflamme in ihrem Herzen loderte.
Erstaunt hierüber ließ sich der neugebackene Ehemann vor ihr auf ein Knie nieder und wollte mit leichten Plänkeleien die Entscheidungsschlacht einleiten; sie jedoch blieb stumm und unbeweglich. Als er sich aber dann mit ihren Röcken zu schaffen machte, um ein wenig von dem zu sehen, was er so teuer gekauft hatte, versetzte sie ihm eine Ohrfeige, daß ihm der Kopf dröhnte, und blieb im übrigen stumm wie ein Fisch.
Das Spiel gefiel dem Advokaten nicht übel, er glaubte sich Manns genug, um früher oder später an das Ziel zu gelangen, und tat, wie wenn ihre Klapse Liebkosungen gewesen wären. Es könnte auch nicht fehlen, daß er, ausdauernd in seinem Scharmützel, mit List und Gewalt bald dieses, bald jenes erreichte, jetzt ihr Leibchen aufhäkelte, jetzt ihr den Rock zerriß und wenigstens mit der Hand an den niedlichen kleinen Ort gelangte, wonach seine heißesten Wünsche zielten.
Die Schöne aber zog da plötzlich andre Saiten auf, sie sprang in die Höhe, und indem sie den Dolch des Königs in der erhobenen Rechten zückte, rief sie:
»Was wollt Ihr von mir?«
»Alles!« antwortete er.
»Ah, ich wäre eine große Hure, mich hinzugeben, wo ich hasse. Ihr habt Euch geirrt, wenn Ihr meine Jungfernschaft unbewaffnet glaubtet. Dieser Dolch kommt vom König, ich werde Euch damit töten, wenn Ihr noch einmal die geringste Miene macht, mir nahe zu kommen.«
Sie ergriff bei diesen Worten, ohne den Advokaten aus den Augen zu lassen, im Kamin ein Stückchen Kohle und machte damit einen Strich auf dem Fußboden:
»Das ist die Grenze der königlichen Domäne«, sagte sie; »und nun hütet Euch wohl, sie zu überschreiten, wenn Euch Euer Leben lieb ist!«
Der obergerichtliche Rechtsverdreher, dem die Liebe mit solcher Waffe für zu gefährlich schien, wich scheu zurück. Aber während er das grausame Urteil anhören mußte, dessen Kosten er schon zum voraus bezahlt hatte, sah der arme Ehemann durch die zerrissenen Kleider so verführerische Formen schimmern und sah Rundungen, Grübchen usw. blinken und winken, bei deren Versprechungen der Tod seine Schrecken verlor.
»Und wenn es den Tod kostet!« rief er aus, indem er über die Grenze der königlichen Domäne hinwegsprang, sich auf seine Beute stürzte und sie wie ein Schlachtopfer auf das Lager zwang. Aber dieser Teufel in Unterröcken war nicht so
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