Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)
Tod auf den Lippen saß, aus seinem eignen Munde vernommen.
Einige sagten damals, daß diese Teufelin den edlen Herrn mit ihren langen Haaren über sich festgebunden; daß in diesen Haaren das höllische Feuer wohnt, das sich in Gestalt von Liebesraserei den armen Christenmenschen mitteilt und ihnen so lange zusetzt, bis ihnen die Seele aus dem Leibe fährt, eine reife Frucht für die Hölle. Aber ich muß bekennen, daß ich davon nichts wahrgenommen, daß ich aber den Ritter gesehen, wie er, halbtot, ausgemergelt, hüftenlahm, nicht mehr imstande sich zu rühren, in Gegenwart seines Beichtvaters immer wieder nach dem Weibsbild verlangte. Dieser Ritter aber wurde als der edle Herr von Bucil erkannt, der ins Heilige Land gezogen war und der dort, so sagen die Leute, in dem Lande Damaskus oder anderswo im Asiatischen dem Zauber eines Dämons anheimgefallen ist.
Gemäß den Klauseln, wie sie in unserm Mietsvertrag verzeichnet waren, habe ich der unbekannten Dame mein Haus überlassen, und da der Gestrenge nicht mehr am Leben war, habe ich es gewagt, mich in mein Haus zu begeben, um die Fremde zu fragen, ob sie den Wunsch habe, ferner in meiner Wohnung zu verbleiben. Es gelang mir nur unter vielen Schwierigkeiten, sie zu sehen. Ich wurde durch einen halbnackten schwarzen Mann mit weißen Augen zu ihr geführt. Da saß sie auf einem asiatischen Teppich, in einem mit Gold und Edelsteinen übersäten Gewand, das seltsam flimmerte und glitzerte, aber sie nur wenig bekleidete, und neben ihr ein neuer Edelmann, der seine Seele, das sah ich, bereits ganz und gar an sie verloren hatte. Ich wagte kaum sie anzuschauen, da ich merkte, wie mich schon ihre Augen behexten, wie ihre Stimme mir das Herz im Leibe umdrehte, das Gehirn verwirrte und die Seele verbrannte. Ich lief also auf und davon aus Furcht Gottes und der Hölle, überließ ihr mein Haus, solange sie es haben wollte, und hatte seitdem nie mehr den Mut, es wieder zu betreten, so sehr fürchtete ich mich davor, diese braunhäutige Mohrin zu sehen, die wie geladen schien mit Feuer und Funken, diesen kleinen Fuß, der viel zu klein ist, als daß er einer wahrhaftigen Frau gehören könnte, diese Stimme zu hören, die alle Eingeweide in Aufruhr brachte. Und wahrlich, ich hätte gefürchtet, mich geradewegs in den Abgrund der Hölle zu stürzen, wenn ich es gewagt haben würde, den Fuß über die Schwelle meines Hauses zu setzen. Ich habe gesprochen.«
Dem genannten Jehan Tortebras haben Wir sodann einen abessinischen, äthiopischen oder nubischen Mann vorgeführt, der schwarz vom Kopf bis zu den Füßen war und beraubt seiner Vorteile der Männlichkeit, mit denen gute Christenmenschen sonst versehen sind. Und haben Wir aus diesem schwarzen Afrikaner nach mehrfach angewandter Tortur, wobei er viel gestöhnt und gejammert, aber nichtsdestoweniger in ein hartnäckiges Stillschweigen sich versteift hat, so viel herausgebracht und ihn überführt, daß er die Sprache unsres Landes nicht sprechen konnte.
Besagter Tortebras hat ausgesagt und beglaubigt, den abessinischen Heiden in seinem Hause in Gesellschaft des weiblichen Teufels gesehen zu haben, und liegt daher die Vermutung nah, daß dieser Teufel in schwarzer Gestalt dem andern Helfershelfer und Sozius war.
Hat darauf besagter Tortebras bei dem heiligen katholischen Glauben geschworen, außer den bereits notierten Punkten nichts weiter zu wissen, als vom Hörensagen die verschiedenen umlaufenden Gerüchte, wie sie jedermann bekannt sind.
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Ist sodann auf Unsre Vorladung erschienen ein sicherer Mann namens Matthias, genannt Cognefestu, Taglöhner auf dem Kirchengut von Saint-Etienne, welcher, nachdem er auf die heiligen Evangelien geschworen, die Wahrheit zu sagen, Uns gestanden hat, daß er die Wohnung des genannten fremden Weibsen immer hell erleuchtet gesehen, daß er bei Tag und bei Nacht, an den heiligen Festtagen, den höchsten Feiertagen und insbesondere in der Woche vor Weihnacht und der heiligen Karwoche tolles und teuflisches Lachen von dort vernommen, wie wenn eine große Anzahl von Menschen daselbst versammelt gewesen wäre. Sodann hat er behauptet, durch die Fensterläden des besagten Hauses frische Blumen gesehen zu haben, jede Art von schönen Blumen, besonders Rosen, die zu ihrem Wachstum eine große Wärme nötig haben, und dies alles mitten im Winter, bei frostigem Wetter, einzig durch Zaubermittel hervorgebracht. Aber darüber habe er sich nicht so sehr verwundert, da er bemerkt, daß
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