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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Mann von Rang, Wissenschaft und Ansehen in diesem Land und aufgefordert, über die Meinung, die er von der genannten Dame hege, alles zu bekennen, was ihm noch auf der Seele liege, in Anbetracht dessen, daß es sich um einen ganz außerordentlich peinlichen Fall handle in Sachen der christlichen Kirche und der göttlichen Gerechtigkeit, hat Uns der edle Herr Harduin erwidert: Von all den Kreuzfahrern, die sich mit der Teufelin eingelassen, sei behauptet worden, daß sie für jeden immer wieder von neuem eine Jungfrau war, daß Mohammed ihr für jeden neuen Liebhaber wieder eine neue Jungfernschaft gemacht habe und was dergleichen Geschwätz mehr ist unter berauschten Männern, deren Aussagen nicht, so sagte Herr Harduin, als ein fünftes Evangelium aufgenommen zu werden brauchen.
    Aber soviel sei wahr und sicher, daß er selber, ein Greis auf der Neige seiner Tage, der nichts mehr habe wissen wollen von den Weibern und der Liebe, sich auf jenem Gastmahl des Herrn von Croixmare wieder plötzlich als Jüngling gefühlt, daß die Stimme der Teufelin, ohne seine Ohren zu berühren, ihm gerade ins Herz gedrungen und er eine so brennende Liebe in seinem Körper gefühlt, infolge davon alles Leben an dem einen Punkt zusammenströmt, von wo das Leben ausgeht, in einem solchen Grad, daß, wenn er sich nicht dem Wein von Zypern mit Leidenschaft hingegeben und davon, um die flammenden Augen der teuflischen Gastgeberin nicht mehr zu sehen, so viel getrunken hätte, bis er unter den Tisch gesunken, er gewiß den Herrn von Croixmare umgebracht haben würde, um die schöne Hexe auch nur ein einziges Mal besitzen zu können. Inzwischen habe er alles getan, diese bösen Gedanken zu beichten und abzubüßen. Auch habe er auf höhere Eingebung seinen Splitter vom heiligen Kreuze von seiner Gemahlin zurückverlangt, wieder an sich genommen und sei ruhig auf seinem Schloß verblieben; aber trotz dieser christlichen Vorsichtsmaßregeln klinge ihm noch manchmal die süße Stimme der Teufelin im Ohr, und oft des Morgens sehe er das Weib vor sich, an dem das Herz des Manns sich entzünde wie Zunder am springenden Funken.
    Und deswegen, weil die schöne Hexe ein solches Feuer ausstrahle, daß sie ihm, dem schwachen Greis, der schon bald ein Toter, noch einmal wie einem Jüngling das Herz versengt hatte, nicht anders als wie einer grauen Motte geschieht in flackernder Flamme: hat Uns der edle Herr ersucht, ihn nicht dieser Allgewaltigen in der Liebe gegenüberzustellen, die, wenn nicht vom Teufel, so doch sicher von Gottvater mit übernatürlicher Macht über die Menschen begabt worden sei, also daß er um Seele und Leben Schlimmstes befürchten müßte. Hierauf, nach Lesung des Protokolls, hat sich der Herr Harduin von Mayen zurückgezogen, nicht ohne vorher den afrikanischen Mann als Diener und Leibwächter der Dame erkannt zu haben.
    †
    Als vierter ist sodann vor Unserm Richterstuhl erschienen und von Uns versichert worden im Namen des Kapitels und Unsres Herrn Erzbischofs, daß er nicht gefoltert noch mit glühenden Eisen gezwackt, daß er weder an seiner Person oder seiner Habe in irgendeiner Weise geschädigt noch auch nach getaner Aussage verhindert werden solle, frei von hinnen zu gehen und seinen Reisen und Handelsgeschäften unbelästigt obzuliegen: ein Jude mit Namen Salomon al Rastschild.

     
    Und ist dieser genannte Jude trotz der Ehrlosigkeit seiner Person und seines judäischen Glaubens zu dem Zwecke verhört worden, um alles zu erfahren, was über die Aufführungen des in Frage kommenden Teufels in Weibsgestalt einige Aufklärungen geben könnte. Nicht aufgefordert worden ist genannter Salomon, irgendeinen Eid zu schwören, da er außerhalb unsrer Kirche steht und durch das Blut Unsres Herrn und Heilands von uns getrennt ist (trucidatus Salvator inter nos).
    Von Uns befragt, warum er ohne die grüne Mütze auf dem Kopf und ohne das gelbe Rad auf der Brust, wie es die königlichen und geistlichen Gesetze vorschreiben, erschienen sei, hat Uns der besagte Salomon Rastschild einige von Unserm Herrn König ausgefertigte und von den Herren Seneschallen von Touraine und Poitou bestätigte Dispense und Verbriefungen vorgezeigt.
    Hat Uns dann der vorher genannte Jude bekannt, mit der im Hause des Meisters Tortebras wohnhaften Dame ein großes Geschäft gemacht und ihr eine Menge Kostbarkeiten, als wie verschiedene kunstreich gearbeitete Leuchter, silberne Teller und Schüsseln, reiche, mit Smaragden und Rubinen geschmückte

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