Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)
mehr von ihr zu finden und im Kloster alles in unverrückter Ordnung geblieben war.
Nachdem Wir der Sprecherin den Afrikaner vorgeführt, hat sie ausgesagt, ihn nicht gesehen zu haben, trotzdem sie sehr neugierig danach gewesen wäre, da dieser Afrikaner als Wache an dem Platz aufgestellt war, wo die Mohrin mit den eingefangenen Männern ihre Ludereien trieb.
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Ist als siebenter vor Uns geführt worden der zwanzigjährige Sohn des Herrn von Bridoré, Hugo Dufou, der, als der väterlichen Gewalt unterstellt, von seinem für ihn verantwortlichen und mit seiner ganzen Herrschaft für ihn haftenden Vater hierhergeleitet worden, weil er verdächtig und überführt war, daß er mit Hilfe einiger schlimmer Gesellen unbekannten Namens das Gefängnis des erzbischöflichen Kapitels belagert und mit Gewalt zu erbrechen gesucht, um den mehrgenannten Dämon zu befreien und der kirchlichen Justiz zu entziehen. Ungeachtet seiner bösen Absichten haben Wir den ebengenannten Hugo Dufou aufgefordert und ermahnt, der Wahrheit gemäß alles zu bekennen, was er von dem besagten Dämon wisse, mit dem viel verkehrt zu haben er im Ruf stehe, und haben Wir nicht versäumt, ihm einzuschärfen, daß es sich um sein ewiges Heil und um das Leben der genannten Teufelin handle. Hat selbiger danach auf seinen Schwur hin ausgesagt:
›Ich schwöre bei meiner ewigen Seligkeit und bei den heiligen Evangelien, auf denen meine Hand liegt, daß ich die Frau, die im Verdachte steht, eine Teufelin zu sein, für einen Engel halte, für eine Frau mit allen Vollkommenheiten, noch mehr der Seele wie des Körpers; für eine Frau, die, aufrichtig und edel, keinen bösen Gedanken im Herzen hat, die mildtätig und hilfreich gegen die Armen und Elenden sowie voll Sanftmut und tausend anmutiger Liebreize ist. Ich bezeuge hiermit, daß ich sie bittere Tränen vergießen sah beim Tode meines Freundes, des Herrn von Croixmare, und daß sie an diesem Tage das Gelübde zu Unsrer Lieben Frau getan hat, keine jungen Edelleute mehr zu ihrem Körper zuzulassen, die des harten Dienstes nicht gewachsen wären. Sie hat mir mit großer Beständigkeit den Genuß ihres Schoßes verweigert und hat mir bloß den Besitz ihres Herzens gewährt, in dem ich den ersten Platz einnehmen durfte. Meiner wachsenden Liebe hartnäckigen Widerstand entgegensetzend, ist sie ohne einen andern Mann in ihrer Wohnung verblieben, in der ich den größten Teil meiner Tage in ihrer Gesellschaft verbrachte, zufrieden, sie nur zu sehen und zu hören, dieselbe Luft zu atmen, die sie atmet, das Licht zu sehen, wie es sich in ihren Augen spiegelt, und mich glücklicher fühlend als die Engel im Paradies. Ich Armer, der ich mir sie erwählt habe, für immer meine Dame zu sein, meine Geliebte, meine Freundin, mein Ein und alles, ich armer Tor, ich habe von ihr noch nicht die geringste kleine Abschlagszahlung auf künftige Freuden bekommen, dafür aber tausend tugendhafte Ratschläge: wie ich ein tapferer Ritter werden solle, ein starker, schöner Mann, der nichts fürchtet außer Gott, der die Frauen ehrt, aber in Erinnerung ihrer, der Mohrin, nur einer dient und sie liebt; wenn ich aber, gestärkt und gestählt durch das Kriegshandwerk, eines Tags zurückkehren sollte und ihr Herz dem meinigen immer noch wert und teuer sei, dann wolle sie mir gehören; sie könne auf mich warten, denn ihre Liebe zu mir sei stark genug...«
So sprechend, weinte der junge edle Herr, und weinend fügte er hinzu, daß diese zarte Frau, deren weißen Arm schon die leichte Last ihrer goldenen Zieraten hart zu drücken schien, nun in eisernen Ketten liege und im Düster des Gefängnisses unschuldig schmachte: diesen Gedanken habe er nicht zu ertragen vermocht und darum den Versuch gemacht, sie mit Gewalt zu befreien. Hier aber, angesichts des kirchlichen Gerichts, erkläre er frei heraus: So eng verbunden hänge sein Leben mit dem seiner geliebten Herrin und Freundin zusammen, daß er an dem Tage, wo ihr ein Leid geschehen würde, sich unfehlbar das Leben nehmen wolle.
Hat auch des weiteren besagter junger Edelmann noch tausend Lobeserhebungen über den genannten Dämon hervorgebracht, was augenfällig aufs neue beweist, wie schrecklich, teuflisch, trügerisch, wie unerhört der höllische Zauber sein muß, dem er zum Opfer gefallen ist. In dieser Sache wird Unser gnädiger Herr, der Erzbischof, das Urteil fällen und dem armen Verführten zu dem Zwecke, diese junge Seele aus den Klauen der Hölle zu befreien,
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