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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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mein Liebchen«, sprach er, »denn Ihr habt einen armen Diener Gottes verraten. Dafür wird der Zorn des Himmels über Euch hereinbrechen. Wo Ihr Euch auch verstecken mögt, er wird Euch zu finden wissen; selbst im Tod könnt Ihr ihm nicht entfliehen, er wird Euch in die Hölle stoßen, wo Ihr schmoren müßt wie ein Braten, ein Braten für den Teufel, durch alle Ewigkeiten, und siebenhunderttausend Peitschenhiebe werdet Ihr jeden Tag aufgezählt bekommen für den einen Schlag, den mir Eure Bosheit verschafft hat.«
    »Oh, mein Vater!« rief die Zofe, indem sie sich dem Mönch zu Füßen warf, »Ihr allein könnt mich retten; allein unter Eurer Kutte vermöchte ich mich zu verstecken vor Gottes Zorn.«
    Mit diesen Worten hob sie dem Mönch die Kutte auf, wie wenn sie darunterschlüpfen wolle.
    »Bei meiner Kleinen«, rief sie aus, »die Mönche haben es dicker, und nicht nur hinter den Ohren, als die Ritter.«
    »Bei dem brenzligen Gestank des Teufels!« rief Amador, »hast du nie einen Mönch gesehen und gerochen?«
    »Nie.«
    »Und kennst nicht die Metten, welche die Mönche singen, ohne ein Wort dazu zu sagen?«
    »Nein«, beteuerte Perrotte.
    Da schickte der Mönch sich an und zeigte ihr, wie man im Kloster mit der großen Glocke läutet und die Psalmen singt im hohen C mit Chorknaben und flammenden Kerzen, und erklärte ihr aus dem Effeff das Introitus und auch das Ite missa est, um sie geweiht und gefeit vor dem Zorn Gottes zu entlassen, der an dem ganzen Dirnchen nicht den kleinsten ungesalbten Fleck mehr gefunden hätte. Dann befahl er der reuigen Zofe, ihn in die Kammer zu fuhren, wo das Fräulein von Cande, die Schwester des Schloßherrn, schlief.
    Vor diesem Mädchen erschien er nun, um sie zu fragen, ob sie nicht das Bedürfnis habe, ihr Gewissen zu erleichtern und ihm zu beichten, da doch so selten ein Mönch dieses Haus betrete. Das Fräulein war eine gute Christin und willigte mit Freuden in seinen Vorschlag. Also forderte er sie auf, ihm jede Falte ihres Gewissens aufzudecken, und nachdem sie ihm das enthüllt, was er das Gewissen eines Mädchens nannte, fand er es erschrecklich schwarz und erklärte ihr, daß alle Sünden der Frauen von da ihren Ursprung nehmen und es darum nötig sei, wenn sie in Zukunft ohne Sünde bleiben wolle, die schwarze Sündenquelle mit hinreichender mönchischer Indulgenz zu verstopfen. Das unwissende Fräulein antwortete, daß sie nicht wisse, wo solche Indulgenz zu erlangen; er aber versicherte ihr, einen großen Schatz solcher Indulgenz bei sich zu tragen. Er zeigte ihr davon einen Zipfel mit der Beteuerung, daß das die wirksamste Indulgenz der Welt sei, weil sie, wie man von einer richtigen Indulgenz erwarten müsse, ohne Worte himmlische Freuden in Aussicht stelle. Das Fräulein aber wurde von dem Anblick des mönchischen Schatzes so geblendet, daß ihm ganz schwindelig wurde und ihm alle Sinne vergingen und es ihm nichts mehr kostete, an die Reliquie des Mönchs aus vollem Herzen zu glauben, sondern nach dessen Indulgenzen dürstete, wie die Dame von Candé nach Rache gedürstet hatte.
    Über solchen Absolutionen erwachte das kleine Fräulein von Candé im Nebengemach und erschien unter der Türe, um nachzusehen, was es gebe. Darauf hatte der Mönch gerechnet, dem schon beim Abendessen das Wasser im Mund zusammengelaufen war beim Anblick dieser leckeren Frucht, die er sich nun eilig zu Gemüt führte, damit ihn das gute Tantchen nicht erst verhindern konnte, der Kleinen einen Rest seines Segens zukommen zu lassen.
    Wollet aber bedenken, daß ihm die Freude wohl zu gönnen war als Entschädigung für die ausgestandene Unbill.
    Als der Morgen herannahte, die Schweine bereits ihre Futtertröge ausgeschlappert hatten und die Katzen von ihren nächtlichen Liebesraufereien ganz zerzaust nach Hause kehrten, suchte Amador sein Lager auf, von dem Perrotte alle störenden Unbequemlichkeiten sorgfältig entfernt hatte, und alles schlief durch die Gnade und Kraft des Mönchs so fest und so lang, daß vor Mittag, der Stunde des Essens, sich niemand erhob. Die Dienerschaft glaubte schon, dieser Mönch sei der Teufel, der dem Viehzeug mitsamt der Herrschaft die Gurgel umgedreht habe in der Nacht. Aber zur Essenszeit erschien männiglich in der Halle.
    »Kommt, mein Vater«, sprach die Schloßherrin, indem sie dem Mönch ihren Arm gab und ihm den Platz an ihrer Seite im Armstuhl des Herrn Gemahls anbot, ohne daß der Schloßherr zum großen Erstaunen der Dienerschaft dagegen

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