Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)
Mönch nicht zweimal sagen, sondern machte sich daran, sie auf gut mönchisch zu rächen. Sie aber schlürfte in vollen Zügen die süße Rache und berauschte sich daran, gleich einem Trunkenbold, der seinen Mund gleich an das Spundloch des Fasses hält; denn wahrlich, eine Dame, die sich rächt, muß die Wollust der Rache bis zur Hefe trinken, oder sie muß gar nicht daran nippen. Die Schloßherrin aber wurde so gerächt, daß sie kein Glied mehr rühren konnte, da nichts so auf die Nerven geht, außer Atem bringt und den Körper mitnimmt als Zorn und Rache. Aber obwohl sie hinreichend gerächt wurde, gerächt im Quadrat und im Kubus, gerächt ich weiß nicht in der wievielten Potenz, wollte sie doch noch nicht verzeihen, um immer neuen Grund zur Rache zu haben. Als Amador in der guten Frau einen solchen Hang zur Rache sah, versprach er ihr, sie in diesem frommen Werk, bis ihr Zorn verraucht sei, nach Kräften zu unterstützen, wo und wann sie es gebiete, ihr versichernd, daß er als frommer Ordensmann, der verpflichtet ist, viel und anhaltend zu meditieren und über die Natur der Dinge nachzudenken, alle Arten, Weisen und Methoden kenne, wie eine raffinierte Rache ins Werk zu setzen ist. Dann erklärte und bewies er ihr aus den kanonischen Büchern, was für eine christliche Tugend die Rache wäre, da Gott selber, durch die ganze Heilige Schrift hindurch, sich keiner Eigenschaft so oft und so laut rühme, als daß er ein Gott der Rache sei, ein sich rächender Gott, wie denn auch die Hölle bis zum Augenschein zeige, daß es nichts Göttlicheres gebe als die Rache, die Rache durch alle Ewigkeit: woraus denn folge, daß ein schlechter Christ und eine schlechte Christin sei, wer das Beispiel des Himmels verachtet, indem er auf die Rache verzichtet.
Ein solches Dogma gefiel der Dame über alles. Sie mußte gestehen, daß sie die Lehren der Kirche bis jetzt schlecht verstanden, und bat den Mönch, ihr dieselben noch einmal von Grund aus zu erklären. Dann begab sich die Dame, deren Lebensgeister sich durch die Rache wie verjüngt fühlten, in die Kammer, wo die Magd sich mit dem Herrn herumbalgte und gerade das in der Hand hielt, was die Schloßfrau gern im Auge behielt wie Kaufleute ihre kostbare Ware, damit sie ihnen nicht gestohlen wird. Das war ein In–flagranti, an dem nichts fehlte, nicht das Bett und nicht das Paar, dem auf einmal manches verging. Dieser Anblick empörte derart das heftige Gemüt der Dame, daß alle Schleusen ihrer zornigen Beredsamkeit rissen und es über die Perrotte hereinbrach wie Wolkenbruch und Hagelwetter. Denn die Gardinenpredigt, die nun losging, hatte nicht nur die drei vorschriftsmäßigen Teile und Hauptstücke, sie war auch von einer Musik begleitet, die in allen Tonarten wechselte, in Moll und Dur.
»Ei, Herr Gemahl«, begann sie, »hier also haltet Ihr Eure Abendandacht! So, so! Und die Religion der ehelichen Treue ist demnach ein veralterter Aberglaube! Nun weiß ich doch, warum ich keinen Sohn bekomme. Wieviel Kinder habt Ihr denn schon begraben in diesem stinkenden Abgrund, in dieser Opferbüchse ohne Boden, in diesem Napf eines Aussätzigen, in diesem wahrhaftigen Kirchhof des Hauses Candé? Ich möchte endlich erfahren, ob ich unfruchtbar bin durch einen Fehler der Natur oder durch Eure Schuld. Ihr könnt die Magd behalten, ich werde meinerseits eine Auslese unter den hübschen Junkern unsrer Nachbarschaft treffen, um Euch einen Erben zu schenken. Fahrt nur fort, das Schloß mit Bankerten zu bevölkern, die Sorge für die Legitimen werde ich auf mich nehmen.«
»Mein Liebchen«, stotterte der betroffene Ehemann, »mach doch keinen solchen Lärm.«
»Ich will aber einen Lärm machen«, erwiderte die Frau, »einen Lärm, daß man ihn im ganzen Schlosse hört. Bis in den Palast des Erzbischofs, bis an die Ohren des Legaten, ja des Königs selber soll mein Lärm dringen. Meine Brüder sollen ihn vernehmen, daß sie kommen und meinen Schimpf rächen.«
»Ihr werdet nicht Schande über Euern Gemahl bringen wollen.«
»Was Ihr tut, ist also eine Schande? Ja, Ihr habt recht. Doch nicht von Euch kann die Schande kommen, mein Herr und Gemahl, sondern nur von dem schlechten Weibsbild da, das ich in einen Sack nähen und in den Fluß werfen lassen will. Damit werde ich alle Schande von Euch abwaschen. Holla, Johann, Peter!« rief sie.
»Schweigt doch, angebetete Frau!« bat der Ehemann, der bedäppt war und demütig wie der Hund eines Blinden. Denn dieser wilde Kriegsmann, der
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