Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)
Einspruch erhob.
»Page«, sagte sie, »reiche dies dem Vater Amador.«
»Der Vater Amador wünscht vielleicht von dem da?« sprach das Tantchen.
»Füllt auch den Humpen des Vaters Amador«, befahl der Schloßherr.
»Vater Amador hat kein Brot«, lispelte das kleine Fräulein Candé.
»Was steht zu Euren Diensten, Vater Amador?« fragte Perrotte.
Nichts als Amador und Amador hörte man. Amador hier, Amador dort. Er wurde gefeiert wie eine Braut in der Nacht der Hochzeit.
»Esset, mein Vater«, sprach die Schloßfrau, »Ihr habt gestern ein wenig allzu streng gefastet.«
»Trinkt, mein Vater«, ermunterte ihn der Ritter, »Ihr seid, bei Gott, der bravste Mönch, den ich in meinem Leben gesehen habe.«
»Pater Amador ist wahrhaftig ein Prachtkerl von einem Mönch«, flüsterte Perrotte.
»Ein wahrhaft frommer Mönch«, lispelte das Fräulein.
»Ein wohltätiger Mönch«, hauchte die kleine Candé.
»Ein gewaltiger Mönch«, sprach die Schloßfrau.
»Ein Mönch, der seinem Namen Ehre macht«, beteuerte der Schreiber.
Und Amador aß, aß, aß. Ganze Schüsseln voll verschwanden in seinem Wanst. Er trank den Hippokras, wie wenn er Wasser gewesen wäre, und leckte sich das Maul wie ein Stier auf der Weide. Das Gesinde betrachtete ihn mit heimlichem Entsetzen. Sie hielten ihn zum mindesten für einen Teufelsbeschwörer. Nach dem Essen umringten die Damen den Hausherrn, die Frau, das Fräulein, die Kleine, und alle drangen sie auf ihn ein, wie nötig es sei, den Prozeß mit dem Kloster beizulegen. Tausend Gründe wurden ihm vorgetragen, zuerst von der gnädigen Frau, die ihm bewies, wie sich ein Mönch auf dem Schlosse nützlich machen könne, dann von dem gnädigen Fräulein, die auf einmal das Bedürfnis empfand, jeden Tag zur Beichte zu gehen, dann von der Kleinen, die ihren Papa am Bart zupfte und fragte: »Nicht wahr, der Mönch Amador bleibt auf dem Schlosse? Er wird mit Leichtigkeit alle Händel schlichten.« Um die Wette lobten sie den Mönch. Er war so gut und sanft, ein wahrer Heiliger. Welch ein Unglück, daß man mit einem Kloster im Streite lag, wo es solche Mönche gab! Wenn alle so waren wie er, mußte notwendig das Schloß den kürzern ziehen. So ein überlegener Mönch war es. Wie ein Platzregen, wie eine Sintflut prasselten die Lobsprüche auf den armen Schloßherrn nieder, der wohl sah, daß er nie wieder Friede haben werde in seinem Hause, wenn er nicht Friede machte mit dem Kloster.
Er schickte also unverzüglich nach seinem Schreiber und dem Mönch, und wie verwundert war er, als Amador aus seiner Tasche die Briefe und Vollmachten zog, kraft deren er ohne weiteres abschließen konnte, womit er jeder Verzögerung zuvorkam.
Als da die Dame die Sache in bestem Züge sah, eilte sie nach ihren Schränken, um das feinste Tuch für eine neue Kutte auszusuchen. Jedermann auf dem Schlosse hatte gesehen, wie die alte übel zugerichtet war, also daß es eine Schande gewesen wäre, dieses unvergleichliche Werkzeug der Rache länger in dem häßlichen Sack zu lassen. Um die Wette arbeiteten sie an der Kutte: die Schloßfrau schnitt sie zu, das gnädige Fräulein von Candé wollte sie nähen, die Kleine bemächtigte sich der Ärmel, Perrotte der Kapuze. Und einen solchen Eifer entfalteten sie, den guten Mönch neu geschmückt zu sehen, daß das neue Gewand noch vor dem Abendmahl fertig wurde. Auch das Aktenstück, das den ärgerlichen Zwistigkeiten ein Ende machte, wurde zu gleicher Zeit ausgefertigt und von dem Schloßherrn mit seinem Insiegel versehen.
»Mein Vater«, sprach die Hausfrau, »Perrotte hat Euch ein warmes Bad bereitet, so tut uns die Liebe, es anzunehmen und Euch zu erholen von den Strapazen so vieler Arbeit.«
Wurde also Amador in ein duftendes Bad gesteckt, und nachdem er sich gütlich getan, fand er an Stelle seiner schmutzigen Lumpen ein feines Linnenhemd, funkelnagelneue Sandalen und ein so prachtvolles neues Gewand, daß alle erklärten, nun sehe er aus wie der König der Mönche.
Unterdessen hatte der Konvent von Turpenay in großer Besorgnis um Amador mehrere der Brüder auf Kundschaft ausgeschickt. Diese umschlichen das Schloß Candé von allen Seiten und sahen da, wie Perrotte die alte schmierige Kutte Amadors, vollgestopft mit Lumpen, in die Unratgrube hinunterwarf. Waren also überzeugt, daß es um den armen Narren geschehen sei, und kamen in großer Hast nach der Abtei zurück, allwo sie verkündeten, daß Amador um ihrer guten Sache willen zum Märtyrer geworden war.
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