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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Liebhaber im Herzen untreu gemacht, welche Art Untreue für Frauen, die ehrgeizig sind in der Liebe, die schlimmste von allen ist. Schon nach der ersten Unterredung konnte das durchtriebene Weib nicht mehr zweifeln, daß die gute Berthe von der Liebe keine Ahnung hatte. Ihre Augen waren so feucht und durchsichtig, die Stirne und die Schläfen so klar und ohne das kleinste Fältchen, das Näschen so weiß wie Schnee, nirgend ein Zeichen von genossenen Freuden der Lust auf diesem unschuldigen Mädchengesicht. Noch ein paar listige Fragen, und die Antworten Berthes gaben ihr die volle Gewißheit, wie die Gute zwar den Vorzug gehabt, Mutter zu werden, aber um die Freuden der Liebe betrogen worden war. Des freute sich die andere für ihren Vetter.
    Und sagt, war das nicht eine gute Seele? Sie erzählte dann der unschuldigen Berthe, daß in der Stadt Loches ein junges Fräulein aus der edlen Familie derer von Rohan wohne, die der Vermittlung einer vornehmen Frau bedürfe, um von ihrem Oheim, dem Louis de Rohan, wieder in Gnaden aufgenommen zu werden. Wenn nun Berthe ebenso gut sei, wie Gott sie mit Schönheit überhäuft? werde sie sicherlich nicht zögern, das arme Mädchen zu sich zu nehmen, um sich von ihrer Ehrbarkeit zu überzeugen und sie mit dem edlen Herrn von Rohan auszusöhnen, der sich bis jetzt geweigert habe, die Nichte in seinem Schlosse zu empfangen.
    Berthe erklärte sich dazu bereit. Sie kannte die unglückliche Geschichte des Fräuleins von Rohan, hatte die Base aber selber nie gesehen, von der man vermutete, sie sei ins Ausland gegangen.
    Hier ist es nötig zu erklären, warum der König den Herrn von Bastarnay in so auffälliger Weise zu diesem Feste zugezogen hatte. Der hohe Herr hatte bereits Wind bekommen von der geplanten ersten Flucht des Kronprinzen nach Burgund und wollte denselben eines so tüchtigen Ratgebers, wie des besagten Bastarnay, berauben. Aber der ritterliche Greis, dem genannten Prinzen Ludwig in unverbrüchlicher Treue ergeben, roch den Braten und ging nicht in die Falle. Er machte sich unverzüglich auf und kehrte mit seiner Frau und ihrer neuen Gefährtin, die sie ihm als Sylvia von Rohan zugeführt hatte, auf sein Schloß zurück.
    Obwohl Herr von Bastarnay bei Nennung dieses Namens etwas zurückschreckte, fühlte er sich zuletzt doch so gerührt von der Güte Berthes und dankte ihr dafür, daß sie es unternommen hatte, ein verirrtes Schaf seiner Herde wieder zuzuführen. Er umgab in dieser letzten Nacht seine Frau mit aller Liebe und Sorgfalt, deren er fähig war; und nachdem er genügend bewaffnete Mannschaft im Schloß zurückgelassen, ritt er mit seinem Herrn, dem Kronprinzen, davon gen Burgund, ganz ahnungslos, welch einen gefährlichen Feind er in seinem Hause beherbergte.
    Die genannte Sylvia war nämlich niemand anders als der verliebte Jüngling, den seine Base in Frauenkleider gesteckt, um auf diese Weise ihren Rachedurst an Berthe zu stillen und deren Unschuld zu vernichten. Der hübsche Junge war dem Herrn von Bastarnay ganz unbekannt, da er erst vor kurzem vorübergehend an den Hof gekommen war, im übrigen bei dem königlichen Bastard Dunois, der ihn erzog, als Page diente. Herr Imbert war im guten Glauben gewesen, ein Mädchen vor sich zu sehen, und hatte davon den Eindruck großer Schüchternheit und Bescheidenheit bekommen, denn der Junge, der befürchtete, er könne sich verraten, hielt seine Blicke immer sorgfältig gesenkt. Wenn Berthe ihn auf die Lippen küßte, zitterte er vor Angst, eine plötzliche Kleidfalte könne seine wahre Natur offenbaren und ihm den Tod bringen, noch ehe er an sein Glück gerührt hätte. Man kann sich darum denken, wie er frohlockte, als die Fallbrücke endlich herabgelassen wurde und der alte Herr davonritt. Er hatte in seiner Todesangst das Gelübde getan, einen Pfeiler zum Bau der Kathedrale von Tours stiften zu wollen, wenn er der drohenden Gefahr glücklich entrinne. Und wirklich gab er fünfzig silberne Mark, um damit seine Freuden Gott abzukaufen; aber anstatt Gott bezahlte er dem Teufel den Lohn, wie ihr sehen werdet, wenn ihr die Geduld habt, meiner Erzählung weiter zu folgen, welche kurz zusammengefaßt ein soll, wie es einer richtigen und guten Historie ansteht.

II. Wie Berthe erfuhr, was die Liebe sei, und was sich alles daraus ergeben hat

     
    Besagter junger Page war der edle Herr Jehan von Sacchez, ein Vetter des Herrn von Montmorency, an welchen später durch den Tod des genannten Jehan die Lehen von Sacchez den

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