Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)
Gesandten vertreten, woraus zu entnehmen, daß die Schönheit allerorten die Königin ist über alles.
Ein wenig spät erschien – trotzdem er Frau Imperia nie gesehen und vor Neugierde brannte auf ihren Anblick – der Botschafter des Königs von Frankreich, ein jüngerer Sohn aus dem Hause derer von Isle-Adam. Er war ein hübscher junger Kavalier und gut angeschrieben bei seinem König, an dessen Hof er eine Freundin hatte, die er zärtlich liebte, nämlich die Tochter des Herrn von Montmorency, dessen Güter nachbarlich an die des Hauses von Isle-Adam grenzten. Diesen jüngeren Sohn also, der in der Welt nichts besaß als seinen schönen Namen, hatte der König mit einer diplomatischen Mission zum Herzog von Mailand gesandt, und der kleine Isle-Adam hatte sich deren so geschickt entledigt, daß er daraufhin mit weiteren Aufträgen für Rom betraut wurde, um dort die hochwichtigen Unterhandlungen zu führen, wovon die Geschichtschreiber in ihren Büchern ausführlich berichten. Dem hübschen Junker, wie wenig er auf der Welt sein eigen nannte, war dieser Anfang ein gutes Omen. Er war von schlanker Gestalt, gerade wie eine Kerze, von brauner Gesichtsfarbe, mit schwarzen strahlenden Augen, dazu ein Schlaubart wie ein alter Legat, der sich nichts weismachen ließ. Trotz des hellen Verstands, der aus seinen Zügen sprach, hatte er ein unschuldiges Kindergesicht, das ihn liebenswürdig und bezaubernd machte wie ein schelmisches kleines Mädchen.
Beim ersten Blick, den Frau Imperia auf diesen jungen Edelmann warf, fühlte sie eine so heftige Bewegung in ihrem Herzen, wie sie seit langem nicht empfunden. So heftig entbrannte sie in Liebe beim Anblick dieser frischen Jugend, daß sie den geschmeidigen Franzosen, wenn sie nicht gefürchtet hätte, Ihrer kaiserlichen Majestät etwas zu vergeben, am liebsten gleich auf seine beiden Wangen geküßt hätte, die wie zwei kleine Borsdorfer Äpfel leuchteten. Nun müßt ihr wissen: die stolzen und abweisenden Frauen, die Damen mit Wappenschildern über ihrem Bett, verkennen meistens die Natur des Mannes, da sie sie nur nach dem einzigen Manne beurteilen, den sie kennen, als zum Beispiel die Königin von Frankreich, die da glaubte, alle Männer seien stinkend, weil der König stinkend war. Eine erfahrene Buhlerin hingegen wie die Frau Imperia kennt das andre Geschlecht von Grund aus, da sie von dessen Vertretern mehr als genug unter die Hände bekommen, auch keiner in ihrer Schlafkammer sich einen Zwang antat oder, da er sie doch nicht auf die Dauer haben konnte, mehr Scham an den Tag legte als ein Hund, der seine eigne Mutter bespringt; darüber Frau Imperia sich oft bitter beklagt hat, also daß man sie manchmal sagen hörte, sie sei wahrlich kein Lusttier, aber ein Lasttier. Das war die Kehrseite ihres Lebens, und sie ließ sich deshalb eine Liebesnacht mit Wagenladungen Goldes bezahlen, abgesehen davon, daß es mehr als einem dabei um den Kopf ging.
So war es für sie ein Fest ohnegleichen, als sie merkte, daß sie sich wieder einmal so jugendlich zu verlieben im Begriff stehe wie damals in den jungen Priester, von dem im allerersten Anfang dieser Historien die Rede war. Nur zeigte sich jetzt ihre Verliebtheit um soviel heftiger und das Feuer in ihren Adern um so ungestümer und brennender, als sie sich der Neige ihrer Jugend um soviel näher wußte. Ein ganz brenzliger Zustand war's, und sie wäre am liebsten dem Edelmann an den Hals gesprungen, um ihn in ihr Bett zu tragen wie ein Geier seine Beute ins Nest. Aber sie tat sich mit großer Mühe Gewalt an. Als der Jüngling sie begrüßte, machte sie sich so steif wie möglich, umgab sich mit ihrer ganzen hoheitsvollsten Majestät, kurz, tat so, wie alle die tun, denen die Liebe ans Herz greift. Dieser würdevolle Ernst bei der Begrüßung des jungen Gesandten wurde so auffallend gefunden, daß hierüber die seltsamsten Vermutungen umliefen. Aber der junge Isle-Adam, der sich von seiner Trauten geliebt wußte, kümmerte sich einen Spauz darum, ob Frau Imperia ihm eine ernste oder heitere Miene zeigte, und war vergnügt und sorglos wie eine losgelassene Ziege.
Das verdroß nun die Dame sehr, und sie stimmte ihr Instrument danach. Wenn sie sich zuvor streng und ernsthaft gegeben hatte, so wurde sie nun liebenswürdig und einschmeichelnd; sie machte sich, sooft es nur anging, in die Nähe des Jünglings, sie gab ihrer Stimme, indem sie ihn anredete, die sanftesten Töne, sie liebkoste ihn mit ihren Blicken, sie
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