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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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bewegte ihr Köpfchen zierlich hin und her, rieb sich mit dem Ärmel an ihm, nannte ihn ›mein hoher Herr‹, kurz, schmeichelte ihm mit den glattesten Worten, spielte mit ihren Fingern auf seiner Hand und lächelte ihn schließlich ganz offen und herausfordernd an. Aber er, der sich nicht denken konnte, daß ein junger Bursche ohne Gold in seinen Taschen überhaupt bei der Dame in Frage kommen könne, und nicht glauben wollte, daß seine Jugend und Schönheit bei einer solchen Frau so hoch im Preise stehe, blieb ungerührt bei all ihren Lockungen und stand da wie gepanzert, mit eingestemmten Armen.

     
    Als Frau Imperia sich so mißverstanden sah, wurde sie immer erregter, und ihr Herz geriet vollends in helle Flammen. Wenn ihr aber an der Wahrheit dieses Vorgangs zweifelt, so kommt das daher, daß ihr nicht wißt, was alles zum Handwerk der Frau Imperia gehörte; sie glich in diesem Augenblick einem Kamin, in dem längst viele tausend kleine glimmende Freudenfeuer entzündet worden, deren Rauch und Geschwel ihn ganz mit Ruß und Teer überkleidet haben, also daß ein zufälliger Funken genügte, um alles in Brand zu setzen und die ganze stolze Imperia in eine einzige große und schreckliche Flamme zu verwandeln, die nur durch die Liebe gesänftigt werden konnte. Aber der junge Herr von Isle-Adam merkte nichts von dieser Glut und verabschiedete sich von der Dame, die in Verzweiflung darüber ganz den Kopf verlor und ihm eine Botschaft nachschickte, durch die sie ihn kurzerhand aufforderte und einlud, die Nacht bei ihr zu schlafen. Noch niemals in ihrem Leben, weder für einen König noch Kaiser, noch für den Papst selber hatte sie sich so feige herabgelassen, denn sie wußte wohl, daß der hohe Preis ihres Körpers von ihrem Betragen abhing und daß sie die Männer um so besser in sklavischer Unterwürfigkeit erhalten konnte, je härter und hochfahrender sie dieselben behandelte.
    Die schlaue Kammerzofe, die die Botschaft auszurichten hatte, gab dem jungen Kostverächter zu verstehen, daß ihm ohne Zweifel eine ganz besonders schöne Nacht bevorstehe, indem die gnädige Frau ihm mit ihren ausgesuchtesten Leckerbissen der Liebe aufzuwarten bereit sei. Sehr vergnügt über diesen unerwarteten Glücksfall kehrte der Junker in die Gesellschaft zurück, der es nicht entgangen war, wie Frau Imperia bei seinem Abschied bleich und blaß geworden, und alle freuten sich bei seinem Wiedereintritt in den Saal; denn jedermann hatte hier ein Interesse daran, daß die Dame Imperia ihr altes lustiges Leben wieder aufnahm. Ein englischer Kardinal, der schon von mehr als einer Schüssel gekostet und auch einmal versuchen wollte, wie Frau Imperia schmeckte, kam auf den jungen französischen Gesandten zu und flüsterte ihm ins Ohr: »Spinnt sie Euch nur gut ein, daß sie Euch nicht entschlüpft.«
    Die Geschichte dieser Nacht wurde dem Heiligen Vater bei seinem Morgenempfang erzählt, und er antwortete darauf mit den Worten der Schrift: »Laetamini, gentes, quoniam surrexit Dominus«, über welche Zitation die älteren Kardinäle als über eine Profanation des göttlichen Wortes sich sehr entsetzten. Als der Papst dies merkte, nahm er Gelegenheit, sie tüchtig abzukanzeln und ihnen zu erklären, wie sie zwar gute Christen, aber schlechte Politiker wären. Er rechnete nämlich darauf, mit Hilfe der schönen Imperia den Kaiser zu zähmen und für sich einzufangen, also daß er recht als ein Politikus und Pfiffikus handelte, indem er der großen Hure gelegentlich solche verzuckerte Schmeicheleien zu schlecken gab.
    Kehren wir zum Vorabend zurück. Im Palast waren die Lichter endlich gelöscht, und am Boden zwischen Flaschen und Gläsern lagen die Betrunkenen, die auf den Teppichen ihren Rausch ausschliefen. Da führte die Dame ihren auserwählten Freund an der Hand in ihr Schlafgemach und gestand ihm, eine so heftige Begierde für ihn gefaßt zu haben, daß sie wie ein Tier sich auf den harten Boden hätte legen mögen, um sich von ihm unter die Füße treten zu lassen, wenn es nur möglich gewesen wäre. Der Jüngling hatte sich entkleidet, und nachdem sie selber ihre stolzen Gewänder nur so heruntergerissen, bemächtigte sie sich seiner mit einer solchen wilden Ungezügeltheit und einem so tollen Ungestüm, daß sich ihre Kammerzofen nicht wenig erstaunten, die ihre Herrin von dieser Seite noch gar nicht gekannt hatten, als welche in ihrem Bett kühl und zurückhaltend zu sein pflegte wie nur eine.
    Dieses Erstaunen ergriff bald die

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