Die Drenai-Saga 3 - Waylander
Haar und wüßte nicht, was ich einer alten Frau antworten sollte.«
»Du bist nicht alt.«
Tacia stand auf und legte die Kleider auf den Stuhl. »Wenn du fertig bist, komm nach nebenan. Ich habe das Abendessen vorbereitet – zwar nur Gemüse, fürchte ich, aber wir haben noch immer ein paar Gewürze, um ihm Geschmack zu geben.«
Danyal sah der alten Frau nach, als sie ging, dann gab sie Seife auf ihr Haar und schrubbte sich Schmutz und Fett heraus. Schließlich stand sie auf und trocknete sich vor einem Bronzespiegel am anderen Ende des Raumes ab.
Irgendwie erfreute sie der Anblick ihrer Schönheit nicht so, wie er es sonst tat.
Dardalion wanderte aus der Stadt hinaus über eine steinerne Bogenbrücke, die einen kleinen Fluß überspannte. Hier wuchsen zierlichere Bäume – Ulmen und Birken, schlank und anmutig im Vergleich zu den gewaltigen Eichen des Waldes. Blumen blühten am Ufer, Glockenblumen schienen wie ein saphirblauer Nebel über dem Boden zu schweben. Hier war Stille, dachte Dardalion. Harmonie.
Die Zelte der Priester waren auf einer Wiese in ordentlichem Kreis aufgeschlagen. In der Nähe gab es frische Grabstellen, deren Hügel mit Blumen bedeckt waren.
Dardalion fühlte sich in seiner Rüstung unbehaglich. Er wanderte über die Wiese und sah, wie sich ihm die Augen der Priester zuwandten. Eine Mischung verschiedener Gefühle traf ihn mit voller Kraft: Zorn, Kummer, Enttäuschung, Begeisterung, Stolz, Verzweiflung. Er sog sie auf, ebenso wie er die geistigen Gesichter derer aufnahm, die diese Gefühle ausstrahlten, und er antwortete mit Liebe, die aus Trauer geboren war.
Als er näher kam, scharten sich Priester schweigend um ihn und schufen so einen Pfad, der zum Zelt in der Mitte des Kreises führte. Er ging darauf zu, und ein älterer Mann trat aus dem Zelt und verbeugte sich tief. Dardalion fiel vor dem Abt auf die Knie und beugte den Kopf.
»Willkommen, Bruder Dardalion«, sagte der alte Mann leise.
»Danke, Vater Abt.«
»Willst du die Kleider des Krieges ablegen und dich wieder deinen Brüdern anschließen?«
»Ich bedaure, das ablehnen zu müssen.«
»Dann bist du nicht länger Priester und solltest nicht vor mir knien. Stehe auf als Mann, befreit von deinen Gelübden.«
»Ich habe nicht den Wunsch, frei von meinen Gelübden zu sein.«
»Der Adler zieht keinen Pflug, Dardalion, und die QUELLE akzeptiert keine halbherzigen Helden.«
Der alte Mann zog Dardalion sanft hoch. Der junge Kriegerpriester blickte ihm in die Augen, wo er rechtschaffenen Zorn zu finden glaubte, aber nur Traurigkeit sah. Der Abt war sehr alt, die Falten seines Gesichts spiegelten die Bürde seines Lebens wider. Und doch strahlten die Augen in wacher Intelligenz.
»Ich will nicht frei sein. Ich will einem anderen Pfad zur QUELLE folgen.«
»Alle Wege führen zur QUELLE, entweder zur Verurteilung oder zur Freude.«
»Spiele keine Wortspielchen mit mir, Vater Abt. Ich bin kein Kind. Aber ich habe in diesem Land viel Böses gesehen, und ich will nicht dasitzen und zusehen, wie es triumphiert.«
»Wer kann sagen, wo der Triumph liegt? Was ist das Leben anderes als eine Suche nach Gott? Ein Schlachtfeld, ein Sündenpfuhl, das Paradies? Ich sehe den Kummer, den du auch siehst, und er stimmt mich traurig. Und wo ich Kummer finde, bringe ich Trost, und wo ich Trauer finde, bringe ich das Versprechen künftiger Freude. Ich existiere, um zu heilen, Dardalion. Es liegt kein Sieg im Schwert.«
Dardalion richtete sich auf und sah sich um. Er spürte die Last ungestellter Fragen. Alle Augen ruhten auf ihm, und er seufzte und schloß die Augen und betete um Führung. Aber sein Gebet blieb unbeantwortet, und die Last wurde nicht leichter.
»Ich habe zwei Kinder nach Skarta gebracht – aufgeweckte, lebhafte Kinder mit seltenen Gaben. Und ich habe den Tod böser Männer gesehen und weiß, daß durch ihren Tod andere Unschuldige leben werden. Und ich habe ständig gebetet – um meinen Weg, meine Taten, meine Zukunft. Mir scheint, Vater Abt, daß die QUELLE das Gleichgewicht in der Welt fordert. Jäger und Gejagte. Das schwächste Kalb der Herde ist dasjenige, das von den Wölfen geschlagen wird. So bleibt die Herde stark. Aber zu viele Wölfe vernichten die Herde, und so spüren die Jäger die Wölfe auf und fangen die schwächsten und ältesten.
Wie viele Gleichnisse brauchen wir, um zu zeigen, daß die QUELLE ein Gott des Gleichgewichts ist? Warum wurden der Adler und der Wolf, die Heuschrecke und der Skorpion
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