Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
die hinaus auf eine Seitenstraße führte. Tanaki führte den Krieger durch die verlassenen Straßen, bis sie schließlich zu einem großen Platz kamen, hinter dem sich eine hohe Mauer erhob. Vor dieser Mauer patrouillierten drei Wachen.
»Wie willst du hineinkommen?« flüsterte Chien.
Tasaki lächelte. »Lenk die Wachen ab«, sagte sie. Sie legte ihren Schwertgürtel ab, behielt jedoch einen Krummdolch bei sich. Dann wartete sie, bis die Wächter vorbei waren und rannte, tief in die Schatten geduckt, zur Mauer.
Chien griff in seine Hosentasche und zog vier Goldmünzen heraus. Er steckte sie in seinen Gürtel und wartete auf die Wachen. Dann holte er tief Luft und begann zu singen. Er taumelte aus den Schatten heraus, rülpste, fiel beinahe zu Boden und schwankte auf die Männer zu.
»Guten Abend, meine Brüder«, sagte er.
»Was machst du hier, du Idiot?« fragte einer der Wächter und berührte Chiens Brust mit seiner Speerspitze.
»Idiot?« wiederholte Chien kichernd und schwankte zur Seite. »Ihr glaubt, ich bin ein Idiot? Ich nicht, Brüder. Ich …« Er schaute nach rechts und links, als fürchtete er, belauscht zu werden. »Ich habe das Große Geheimnis entdeckt. Ich habe es von einem Schamanen gelernt. Und ich werde nie mehr arm sein. Idiot? Nein, Brüder, ich gewinne mehr Reichtümer, als ihr euch vorstellen könnt.«
»Reichtümer?« fragte einer der anderen. »Was ist das für ein Unsinn? Verschwinde hier!«
Chien blickte über die Schulter des Mannes. Tanaki kletterte bereits über die Mauer.
»Unsinn? Ihr glaubt mir nicht?« Er machte eine Handbewegung. »Gebt mir eine Kupfermünze, und ich beweise es euch. Ich werde sie vor euren Augen in Gold verwandeln. Dann werden wir ja sehen. O ja! Dann werden wir sehen.«
Die Männer kicherten. Einer von ihnen legte seine Speer auf die Erde und fischte in seiner Jackentasche nach einer Münze. Er reichte Chien eine grob geprägte Kupfermünze, die den Kopf Tenaka Khans zeigte.
Chien rollte die Münze zwischen den Fingern und schnippte sie dann in die Luft. Er fing sie geschickt auf und hielt die Faust hoch; dann begann er, in einem seltenen Kiatzedialekt zu singen.
»Nun mach schon«, sagte einer der Wachen, der die Geduld verlor.
»Schon geschehen«, sagte Chien. »Hier ist deine Münze.« Er öffnete die Hand, und im Mondlicht glitzerte es golden. Mit offenem Mund nahm der Mann die Münze.
»Für mich auch eine«, sagte er zweite Wächter.
Tanaki war fast oben auf der Mauer angelangt.
»Warum immer du zuerst?« widersprach der Dritte. »Nimm meine!«
»Ich machte beide zusammen«, sagte Chien, Er nahm ihre Münzen und wiederholte seinen Gesang.
Tanaki schwang sich über die Mauer.
»Hier!« sagte Chien und reichte den Männern die Goldmünzen.
»Mehr! Mach uns mehr!« drängte der erste.
»Morgen, wenn ich mich ausgeruht habe«, versprach Chien. »Wo sollen wir uns treffen?«
»Kennst du das Tönerne Pony, hinter der Kaserne der Wölfe?«
»Natürlich«, sagte Chien. »Aber nur ihr. Ich kann das nicht für jeden tun. Es würde mich zu sehr erschöpfen. Nur ihr drei.«
»Ja, ja, nur wir. Sei am Mittwoch da, ja?«
»O ja«, stimmte Chien zu. »Ich werde da sein. Und jetzt muß ich ins Bett. Und ihr solltet wieder an eure Pflicht denken.«
Er ging davon, zurück in die Schatten.
Die Prinzessin war drinnen, und das war schon ein Sieg.
Aber hinauszugelangen würde nicht so einfach sein, wie Chien wußte.
Tanaki rollte sich über die Brüstung, den Dolch stoßbereit. Hier gab es keine Wächter. Rasch huschte sie zur Treppe und lief zum Hof hinunter. Links von ihr war das Wachhaus, und durch die Fensterläden konnte sie das Licht von Laternen schimmern sehen und hörte Männer, die sich lachend unterhielten. Das mußten die Eunuchenwächter sein. Direkt vor ihr lag der Gartenpfad und rechts die langgestreckten, luxuriös ausgestatteten Zimmer, in denen die Frauen des Khans ihre Tage verbrachten. Hier waren auch die Bäder und Schwimmbecken. Dahinter schlossen sich die Schlafgemächer an. Viele der Konkubinen schliefen in Schlafsälen; nur die wenigen Privilegierten hatten eigene Zimmer.
Tanaki schlich über den Hof in den dunklen Wohnraum. Sie hielt sich dicht an der Wand, ging bis zum anderen Ende und öffnete eine Tür, die auf einen mit Vorhängen drapierten Gang führte. Hier schliefen ein paar Katzen. Sie ging an den Schlafsälen vorbei zu einer Treppe, die sie rasch hinaufstieg.
Da Tanaki den Grundriß der Frauengemächer
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