Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
müde aus«, meinte Chareos. »Und das liegt nicht nur an dem Kampf, oder?«
Sie schlenderten zu einer Gruppe von Felsblöcken und setzten sich. Salida schnallte seine eiserne Brustplatte ab und legte sie neben sich. »Nein. Ich habe inzwischen Familie, Chareos. Es gab einmal eine Zeit, da glaubte ich, daß Soldaten etwas bewirken könnten.« Er nahm einen Becher roten Wein und nippte daran. »Aber jetzt? Ich habe drei Söhne und eine schöne Frau. Die Nadir sammeln sich wieder, und eines baldigen Tages werden sie über die Berge kommen und die Gothir vernichten. Was wird dann aus meinen Söhnen und ihren Träumen?«
»Vielleicht kommen die Nadir ja doch nicht«, sagte Chareos. »Die Gothir haben nicht viel. Es ist kein reiches Land.«
»Die Nadir scheren sich nicht um Reichtümer. Sie leben für den Krieg. Und was haben wir ihnen entgegenzusetzen? Die Armee ist auf zweitausend Mann reduziert worden. Wir könnten heute nicht einmal Bel-Azar halten.« Er trank seine Wein aus und hielt Chareos seinen Becher zum Nachschenken hin. Chareos füllte ihn schweigend.
»Ich bin zur falschen Zeit geboren«, fuhr Salida mit einem gezwungenen Lächeln fort. »Ich hätte in den großen Tagen Offizier sein sollen, als die Gothir das ganze Land der Nadir bis hinauf zu den Delnoch-Bergen überrannten.«
»Es ist alles ein Kreislauf«, erklärte Chareos. »Die Gothir hatten ihre großen Tage, ebenso wie die Drenai und die Vagrier. Jetzt leben wir in der Zeit der Nadir. Auch diese Zeit wird vorübergehen, und dann wird ein Offizier wie du am letzten Vorposten des Nadirreiches sitzen und sein Schicksal bejammern und sich um die Träume seiner Söhne sorgen.«
Salida nickte. »Hoffentlich kommt der Tag bald«, sagte er grinsend. »Stimmt es, daß du früher ein Drenai-Prinz warst?«
Chareos lächelte und schenkte sich ebenfalls nach. »Das wollen die Sänger uns glauben machen.«
»Hast du nie daran gedacht, in dein Heimatland zurückzukehren?«
»Dies ist mein Heimatland. Aber ja, ich habe hin und wieder daran gedacht, über die Delnoch-Berge zu gehen … eines Tages, vielleicht.«
»Ich habe einmal die Burg Tenaka besucht«, erzählte Salida. »Es ist ein unglaublicher Ort: sechs große Mauern und ein Bergfried innerhalb von Mauern, die einen Meter dick sind.«
»Ich kenne die Burg als Dros Delnoch«, sagte Chareos. »Es hieß, daß sie nie eingenommen werden könne. Ich bin mit Geschichten über Druss die Legende und Rek, den Bronzegrafen, aufgewachsen. Seltsam, daß diese Burg ausgerechnet von einem Nachkommen Reks erobert wurde. Burg Tenaka? Das gefällt mir irgendwie nicht.«
»Du bist ihm einmal begegnet, nicht wahr? Dem Großen Khan?«
»Ja. Vor sehr langer Zeit. In einem anderen Leben.« Chareos erhob sich. »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich jetzt gern einen anderen Säbel für meinen Gefährten suchen. Ich bezweifle, daß die Nadren etwas vergleichbar Gutes hatten. Aber er ist schließlich auch kein Schwertkämpfer.«
»Es hat keinen Zweck, unter den Waffen der Nadren zu suchen Sie sind aus minderwertigem Eisen und schlecht geschmiedet. Ich hatte meinem Diener ein Schwert geschenkt. Es ist eine gute Klinge, und er hat keine Verwendung mehr dafür. Nimm sie mit meinem Segen.« Salida ging zu dem Wagen hinüber und nahm einen Kavalleriesäbel in einer hölzernen, lederüberzogenen Scheide heraus. »Sie ist gut ausgewogen und scharf.«
»Ich danke dir, mein Freund«, sagte Chareos und hielt ihm die Hand hin. Salida ergriff sie.
»Wenigstens kann ich meinen Söhnen erzählen, daß ich Seite an Seite mit einem der Helden von Bel-Azar gekämpft habe.«
»Möge die QUELLE mit dir sein, Salida.«
Der Hauptmann beobachtete, wie Chareos sich in den Sattel schwang. Der Hengst stieg und ging sofort in Galopp über. Salida blieb noch einige Minuten stehen, während der Reiter immer kleiner wurde; dann kehrte er wieder zu seinen Aufgaben zurück. Er Heß den Wagen anspannen und die reiterlosen Pferde dahinter anbinden.
Ein trauriger Ritt zurück nach Talgithir stand bevor.
Eine unheimliche Stille lag wie ein unsichtbarer Mantel über dem Hochwald, als das Licht der Morgendämmerung auf das Wirtshaus fiel. Kiall schaute sich in der scheinbar verlassenen Siedlung um. Man sah nur noch wenige Spuren des Kampfes, von den getrockneten Blutspuren im Schnee abgesehen. Beltzer schulterte sein Gepäck und stampfte mit den Füßen. »Ich hasse die Kälte«, erklärte er.
»Wir sind noch nicht einmal aufgebrochen«,
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