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Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Titel: Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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links; die Augen öffneten sich und blieben auf Miriel gerichtet. Ein Stöhnen entrang sich den gräßlich geformten Lippen, tief und voller Qualen. Das Maul des anderen Kopfes öffnete sich, und ein durchdringender Schrei hallte im Saal wider. Das Wesen spannte sich und schlurfte wie eine Krabbe auf sie zu, stöhnend und schreiend.
    Miriel wich nach links aus, Senta nach rechts.
    Das Untier beachtete den Schwertkämpfer nicht, sondern griff das Mädchen an, wobei es Tische und Stühle umwarf. Es war nicht sehr schnell, doch seine ungeheure Masse schien den ganzen Raum auszufüllen.
    Senta rannte auf das Wesen zu und warf sich auf den breiten Rücken. Einer der vier Arme hieb auf ihn ein, zerschmetterte seine Rippen. Er taumelte und wäre um ein Haar gestürzt. Das Wesen ragte nun drohend über Miriel auf. Sie hieb mit dem Schwert quer über einen riesigen Unterarm, so daß es tief ins Fleisch schnitt. Dann griff Senta wieder an und stieß seine Klinge in den geblähten Bauch der Bestie.
    Erneut traf ihn eine Faust, und er flog wirbelnd zu Boden. Das Schwert entfiel seinen Händen. Er sah, wie Miriel sich unter dem Griff des Wesens duckte und sich abrollte. Senta versuchte aufzustehen, doch ein stechender Schmerz in seiner Seite sagte ihm, daß er sich mehrere Rippen gebrochen hatte.
    »Ekodas! Bei allem, was heilig ist, hilf uns!«
    Ekodas kniete in der goldenen Kammer, den Kristall in den Händen, mit den Gedanken in weiter Ferne. Sämtliche Türen seines Geistes öffneten sich, und die Geräusche jenseits der Kammer hatten keine Bedeutung mehr für ihn. Sein Leben entfaltete sich vor seinen Augen, verschwendet und voller alberner Ängste. Die Zuflucht des Tempels schien ihm jetzt mehr als ein graues Gefängnis, das ihm die Reichtümer des Lebens vorenthielt. Er blickte in die vielen Facetten des Kristalls hinab, sah sich hundertfach widergespiegelt und fühlte, wie die Kraft seiner Seele in dem vergänglichen Fleisch seines Körpers wuchs.
    In einem Augenblick konnte er nicht nur den Kampf draußen im Saal sehen, sondern auch das grausame Kämpfen hoch über ihnen draußen auf den Mauern. Und darüber hinaus sah er auch Waylander, der lautlos durch die dunklen Hure von Zhu Chaos Palast huschte.
    Er lachte. Was spielte das für eine Rolle?
    Und er sah Shia, die neben dem hochgewachsenen Orsa Khan stand, und das Loch im Fallgittertor, durch das Gothirsoldaten krochen. Bedeutungslos, dachte er, obwohl er einen Stich der Verärgerung spürte, weil er nun nicht mehr Gelegenheit haben würde, sich an ihrem Körper zu erfreuen. Sein verstärktes Gedächtnis rief ihm noch einmal den Duft ihrer Haut und ihres Haars in Erinnerung.
    »Ekodas! Bei allem, was heilig ist, hilf uns!«
    Bei allem, was heilig ist! Was für ein amüsanter Gedanke. Ebenso wie der Tempel war die QUELLE von Menschen als Gefängnis für die Seele geschaffen worden, um zu verhindern, daß starke Männer die Früchte ihrer Macht genießen konnten. Ich bin frei von solchem Ballast, dachte er.
    Dardalion hatte gesagt, der Kristall wäre böse. Was für ein Unsinn. Er war schön, vollkommen. Und was bedeutete ›böse‹ überhaupt? So bezeichneten schwache Menschen eine Kraft, die sie weder begreifen noch kontrollieren konnten.
    »Jetzt verstehst du«, flüsterte eine Stimme in seinem Geist. Ekodas schloß die Augen und sah Zhu Chao an einem Schreibpult in einem kleinen Studierzimmer sitzen.
    »Ja, ich verstehe«, sagte Ekodas.
    »Bring mir den Kristall, und wir werden eine solche Macht und solche Freude erleben!«
    »Warum sollte ich ihn nicht für mich behalten?«
    Zhu Chao lachte. »Die Bruderschaft ist bereits zur Stelle, Ekodas. Bereit zu herrschen. Selbst mit dem Kristall würdest du Jahre brauchen, um eine solche Machtposition zu erreichen.«
    »Daran ist etwas Wahres«, gab Ekodas zu. »Es soll sein, wie du sagst.«
    »Gut. Und jetzt zeig mir den Kampf, mein Bruder.«
    Ekodas stand auf und ging, den Kristall in Händen, zu dem Türdurchbruch. Dahinter sah er Miriel, die sich zu Boden warf und abrollte, als die Bestie einen Satz auf sie zu machte. Senta, der mit einer Hand seine Rippen umklammerte, hatte einen Dolch gezogen und stolperte voran, um die Kreatur zu attackieren.
    So ein Dummkopf! Als wollte man einen Wal mit einer Nadel töten.
    Der verletzte Krieger stieß dem Wesen seinen Dolch in den Rücken. Das Untier drehte sich halb um, und eine mächtige Faust hämmerte in Sentas Nacken. Er sank zu Boden, ohne einen Laut von sich zu geben.

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