Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes
sich unter dem schwerfälligen Hieb und warf sich nach links – dann griff sie an, sprang hoch, so daß ihr Fuß auf eins der Kniegelenke traf. Dieses als Fußstütze benutzend, zog sie sich auf den Rücken der Bestie. Eine Hand griff nach ihr, doch sie warf sich nach vorn. Sie stand hoch oben auf den Schultern des Wesens, packte das Schwert und schrie: »Stirb!« Die Klinge drang tief in den Buckel. Als sie die Haut durchdrang, schien das Schwert schneller zu gleiten, denn darunter lagen keine Muskeln, die es aufhalten konnten. Die Haut platzte auf wie eine überreife Melone; das Hirn quoll heraus.
Das Biest reckte sich noch einmal und warf Miriel ab. Dann schwankte es und fiel.
Angel lief zu Miriel und half ihr auf die Füße. »Der QUELLE sei Dank! Du lebst!«
Er legte den Arm um sie, doch Miriel versteifte sich, und er sah, wie sie die reglose Gestalt Sentas anstarrte. Sie riß sich aus Angels Armen los, rannte zu dem gestürzten Schwertkämpfer und drehte ihn auf den Rücken. Senta stöhnte und schlug die Augen auf. Er blickte Angel an und versuchte zu lächeln.
»Du bist schon wieder verwundet«, flüsterte er. Angel fühlte, wie Blut aus einer Platzwunde in seinem Gesicht rann.
Angel kniete neben Senta nieder. Er sah das Blut in den Mundwinkeln und die unnatürliche Regungslosigkeit seiner Glieder. Sanft drückte er Senta die Hand. Der Druck wurde nicht erwidert.
»Laß mich dir aufhelfen«, sagte Miriel und zog an seinem linken Arm.
»Laß ihn, Mädchen!« sagte Angel leise. Miriel ließ den Arm langsam sinken.
»Nicht gerade ein großartiger Ort, um seine Tage zu beenden, was, Angel?« sagte Senta. Er hustete, und Blut sprühte aus seinem schönen Mund auf sein Kinn. »Trotzdem, ich glaube, in besserer Gesellschaft hätte … ich nicht … sein können.«
Angel fuhr zu Ekodas herum. »Kannst du irgend etwas tun, Priester?«
»Nichts. Sein Genick ist gebrochen. Die Wirbelsäule ebenfalls an zwei Stellen. Und seine Rippen haben eine Lunge verletzt.« Der Tonfall des Priesters war nüchtern, fast gleichgültig.
Angel wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem sterbenden Schwertkämpfer zu. »Man stelle sich vor, du läßt dich tatsächlich von einem solchen Wesen umbringen«, sagte er brummig. »Du solltest dich schämen.«
»Tue ich.« Er lächelte und schloß die Augen. »Ich habe keine Schmerzen. Es ist wirklich sehr friedlich.« Seine Augen öffneten sich, und in seiner Stimme schwang plötzlich Angst mit. »Ihr holt mich doch hier heraus, nicht wahr? Ich will nicht die Ewigkeit hier unten verbringen. Ich möchte gern … die Sonne spüren … verstehst du?«
»Ich werde dich tragen.«
»Miriel …!«
»Ich bin hier«, sagte sie mit zitternder Stimme.
»Es tut … mir leid … Ich hatte solche …« Seine Augen schlossen sich wieder. Er war tot.
»Senta
!« schrie sie. »Nein! Steh auf. Los!« Sie sprang auf und zerrte an seinem Arm.
Angel erhob sich und hielt sie fest. »Laß ihn, Prinzessin. Laß ihn gehen.«
»Ich kann nicht!«
Er zog sie fest in seine Arme. »Es ist vorbei«, sagte er leise. »Er ist nicht mehr hier.«
Miriel riß sich von ihm los, mit starrer Miene und glänzenden Augen. Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging zu dem toten Ungeheuer, wo sie ihr Schwert zog. Dann wandte sie sich an Ekodas. »Du Bastard! Du hast dabeigestanden und nichts getan. Er wäre noch am Leben, wenn du nicht wärst.«
»Vielleicht«, gab er zu. »Vielleicht auch nicht.«
»Jetzt stirbst du«, sagte Miriel mit einem plötzlichen Ausfall. Ekodas hob die Hand. Miriel stöhnte und blieb so plötzlich stehen, als wäre sie gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen.
»Beruhige dich«, sagte Ekodas. »Ich habe ihn nicht getötet.«
»Zerstöre den Kristall, Priester«, sagte Angel, »ehe er dich zerstört.«
Ekodas lächelte. »Du verstehst nicht. Das würde niemand tun, der einmal seine Macht gespürt hat.«
»Ich kann sie spüren«, sagte Angel. »Jedenfalls nehme ich an, daß es der Kristall ist, der in mir den Wunsch weckt, dich zu töten.«
»Ja, das dürfte zutreffen. Bei einem geringeren Verstand könnte der Kristall diese Wirkung haben. Ich sollte mich zurückziehen. In die Festung zurückkehren.«
»Nein«, widersprach Angel. »Du wurdest hergeschickt von Menschen, die dir vertrauen. Sie glaubten, daß nur du die Stärke hättest, diesem … Ding zu widerstehen. Sie haben sich getäuscht, nicht wahr? Es hat dich überwältigt.«
»Unsinn. Es hat lediglich meine ohnehin beachtlichen Gaben
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