Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes
gegen die Drenai Schwert gegen Schwert, Lanze gegen Lanze aufzunehmen.
Aber nein. Nicht für Altharin. Er warf einen Blick zu den drohenden schwarzen Gipfeln empor und wickelte seine hochgewachsene, hagere Gestalt enger in seinen pelzgefütterten Umhang.
Was für eine Gegend!
Basaltfelsen, zerklüftet und scharf. Hier konnte man nicht reiten – die Lavafelsen würden die Hufe der Pferde völlig zerfetzen. Und Männer zu Fuß mußten lange Klettertouren unternehmen, die sie entkräfteten, ehe sie den Feind erreichten. Altharin blickte nach links, wo die Lazarettzelte aufgeschlagen worden waren. Bislang siebenundachtzig Tote in fünf elenden Tagen.
Er machte kehrt und schlenderte zu seinem eigenen Zelt zurück, wo in einem eisernen Becken Kohlen glühten. Er nahm seinen Umhang ab und warf ihn über einen mit Segeltuch bespannten Stuhl. Sein Diener Becca machte eine tiefe Verbeugung.
»Gewürzwein, Herr?«
»Nein. Schicke nach Powis.« Der Diener huschte aus dem Zelt.
Altharin hatte vermutet, daß dieser Auftrag nicht so einfach werden würde, wie der Kaiser glaubte. ›Umzingelt und tötet ein paar hundert Nadir; dann kehrt zurück zur Haupttruppe im Südlager.‹ Altharin schüttelte den Kopf. Der erste Angriff war gut verlaufen. Die Grünaffen hatten dagesessen und beobachtet, wie die Gothir-Lanzenreiter herankamen, und erst als das Gemetzel begann, dämmerte ihnen, daß sie todgeweiht waren. Doch als die Späher das Lager der Wölfe erreichten, fanden sie es verlassen vor, und die Spuren führten in diese verfluchten Berge.
Altharin seufzte. Morgen würde die Bruderschaft kommen, und jede seiner Bewegungen würde beobachtet und berichtet, alle seine Handlungen in Frage gestellt, seine Strategien verspottet. Ich kann hier nicht siegen, dachte er.
Die Zeltklappe ging hoch, und Powis schlüpfte hindurch. »Du hast mich rufen lassen, Herr?«
Altharin nickte. »Du hast die Berichte zusammengetragen?«
»Noch nicht alle, Herr«, antwortete der junge Mann. »Bernas ist beim Arzt. Er hat eine häßliche Wunde an der Schulter und im Gesicht. Und Gallis ist noch auf dem Gipfel und versucht, sich einen Weg von Norden her zu erkämpfen.«
»Was hast du von den anderen erfahren?«
»Nun, wir haben nur drei Wege ins Innere gefunden. Alle werden von Bogenschützen und Schwertkämpfern verteidigt. Der erste Weg ist sehr schmal, so daß die Männer nur zu zweit nebeneinander gehen können. Das macht sie zu leichten Zielen, nicht nur für Pfeile, sondern auch für Felsen, die von oben heruntergerollt werden. Der zweite Weg liegt etwa dreihundert Schritt weiter nach Norden. Er ist ziemlich breit, aber die Nadir haben Felsblöcke und Steine quer darüber gelegt, so daß eine behelfsmäßige, aber wirksame Mauer entstand. Heute morgen haben wir dort vierzehn Mann verloren. Der letzte Weg ist der, wo Gallis sich durchzukämpfen versucht. Er hat dreihundert Mann dabei. Ich weiß noch nicht, ob er Erfolg hatte.«
»Zahlen?« fauchte Altharin.
»Heute gab es einundzwanzig Tote und etwas mehr als vierzig Verwundete.«
»Feindliche Verluste?«
»Schwer zu sagen, Hauptmann.« Der junge Mann zuckte die Achseln. »Die Männer neigen dazu, solche Dinge zu übertreiben. Sie behaupten, sie hätten hundert Nadir getötet. Ich schätze, daß es weniger als die Hälfte sind, vielleicht nur ein Viertel.«
Becca, der Diener, schlüpfte ins Zelt und verbeugte sich. »Offizier Gallis kehrt zurück, Herr.«
»Schick ihn zu mir«, befahl Altharin.
Einen Augenblick später trat ein großer, breitschultriger Mann ein. Er war etwa vierzig Jahre alt, hatte dunkle Augen und einen schwarzen Bart. Sein Gesicht war schweißüberströmt und mit schwarzem Vulkanstaub verschmiert. Sein grauer Umhang war zerfetzt und schmutzverkrustet; seine gehämmerte eiserne Brustplatte wies mehrere Beulen auf.
»Erstatte Bericht, Vetter«, forderte Altharin ihn auf.
Gallis räusperte sich, nahm seinen Helm mit dem weißen Federbusch ab und ging zu dem Klapptisch, auf dem ein Weinkrug und einige Becher aus Kupfer und Silber standen. »Mit deiner Erlaubnis?« krächzte er.
»Selbstverständlich.«
Der Offizier füllte einen Becher und leerte ihn in einem Zug. »Der verdammte Staub ist überall«, sagte er. Er holte tief Luft. »Wir haben vierundvierzig Männer verloren. Der Paß ist an der Basis eng, weitet sich aber weiter oben. Wir haben uns etwa zweihundert Schritt näher an ihr Lager herangekämpft.« Er rieb sich die Augen, wobei er sich schwarze Asche
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