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Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Titel: Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Gedanken, stets auf der Suche nach Informationen über Collan, Rowena oder Druss. Doch er fand nichts außer Gier, Mangel, Hunger oder Ausschweifung, Wollust und – ganz selten – Liebe.
    Müde und niedergeschlagen wollte er schon zum Tempel zurückkehren, als er sich plötzlich angezogen fühlte, als hätte sich ein Seil um ihn geschlungen. Panisch versuchte er, sich fortzubewegen; doch obwohl er seine ganze Kraft einsetzte, wurde er unausweichlich in ein Zimmer hinuntergezogen, in dem alle Fenster verbarrikadiert waren. Eine ältliche Frau saß vor einer roten Laterne. Sie blickte zu ihm empor, als er dicht unter der Decke schwebte.
    »Ach, was für eine Wohltat für meine alten Augen du bist, mein Hübscher«, sagte sie. Schockiert wurde Vintar sich plötzlich bewußt, daß er nackt war, und sofort kleidete er sich in Weiß. Sie lachte trocken. »Und so bescheiden.« Das Lächeln verblaßte, und damit auch ihre gute Laune. »Was machst du hier? Hmm? Das ist meine Stadt, Kind.«
    »Ich bin ein Priester, meine Dame«, sagte er. »Ich suche nach jemandem, der etwas von einer Frau namens Rowena weiß, der Gemahlin von Druss, der Sklavin Collans.«
    »Warum?«
    »Mein Abt trug mir auf, sie zu finden. Er glaubt, daß die QUELLE wünscht, sie solle beschützt werden.«
    »Von dir?« Ihre gute Laune kehrte zurück. »Mein Junge, du kannst dich nicht einmal selbst vor einer alten Hexe schützen. Wenn ich es wollte, könnte ich deine Seele brennend in die Hölle schicken.«
    »Warum solltest du so etwas Schreckliches wollen?«
    Sie überlegte einen Augenblick. »Es könnte eine Laune sein, eine Eingebung. Was willst du mir für dein Leben geben?«
    »Ich habe nichts zu geben.«
    »Doch, natürlich«, sagte sie. Ihre alten Augen schlossen sich, und er sah, wie ihr Geist sich von ihrem Körper erhob. Sie nahm die Gestalt einer schönen Frau an, jung und wohlgeformt, mit goldenem Haar und großen blauen Augen. »Gefällt dir diese Gestalt?«
    »Natürlich. Sie ist makellos. Hast du so ausgesehen, als du jünger warst?«
    »Nein. Ich war immer häßlich. Aber so solltest du mich sehen.« Sie glitt nahe an ihn heran und streichelte sein Gesicht. Ihre Berührung war warm, und er spürte eine Welle der Erregung.
    »Bitte, laß das«, bat er.
    »Warum? Macht es dir keinen Spaß?« Ihre Hand berührte sein Gewand, das daraufhin verschwand.
    »Doch. Sehr sogar. Aber meine Gelübde … erlauben mir die Vergnügungen des Fleisches nicht.«
    »Dummer Junge«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Wir sind kein Fleisch. Wir sind nur Geist.«
    »Nein«, wiederholte er streng. Im selben Augenblick verwandelte er sich in das Abbild der alten Frau, die am Tisch saß.
    »Kluger Bursche«, sagte die schöne Vision. »Ja, sehr klug. Und auch noch tugendhaft. Ich weiß nicht recht, ob mir das gefällt, aber es hat den Reiz des Neuen. Sehr schön. Ich werde dir helfen.«
    Er spürte, wie die unsichtbaren Ketten verschwanden, die ihn gehalten hatten, und auch die Vision schwand. Die alte Frau schlug die Augen auf.
    »Sie war auf dem Meer, auf dem Weg nach Ventria, als das Schiff angegriffen wurde. Sie sprang ins Wasser, und die Haie haben sie geholt.«
    Vintar schrak zurück und schrie auf: »Das ist meine Schuld! Ich hätte früher nach ihr suchen sollen!«
    »Geh zurück in deinen Tempel, mein Junge. Meine Zeit ist kostbar. Es warten Kunden auf mich.«
    Sie lachte laut und entließ ihn mit einer Handbewegung. Wieder fühlte er den Sog an seinem Geist. Er zerrte ihn hinaus und schleuderte ihn hoch in den Himmel über Mashrapur.
     
    Vintar kehrte in die winzige Zelle im Tempel zurück und verschmolz wieder mit seinem Körper. Wie immer war ihm anschließend leicht übel und schwindelig, und er blieb eine Weile still liegen, spürte das Gewicht seines Fleisches, fühlte die rauhe Decke unter seiner Haut. Eine große Traurigkeit überfiel ihn. Seine Talente gingen weit über die normaler Menschen hinaus, doch sie hatten ihm keine Freude gebracht. Seine Eltern waren ihm mit ängstlicher Distanz begegnet, eingeschüchtert von seinen unheimlichen Fähigkeiten. Sie waren sowohl erfreut als auch erleichtert gewesen, als der Abt eines Abends im Herbst zu ihnen kam und ihnen anbot, den Jungen in seine Obhut zu nehmen. Es war ihnen gleichgültig, daß der Abt einen Tempel der Dreißig repräsentierte, in dem Männer mit erschreckenden Gaben übten und studierten – mit nur einem Ziel: In einer Schlacht, einem fernen Krieg zu sterben, um auf diese Weise eins zu

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