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Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende

Titel: Die Drenai-Saga 6 - Druss-Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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flüsterte er. Das Meer wirkte so friedlich unter dem kostbaren blauen Himmel, und der junge Kaiser sank in einen gepolsterten Stuhl und legte die Füße auf das Balkongeländer.
    An diesem warmen, stillen Tag schien es unvorstellbar, daß das Kaiserreich in so kurzer Zeit von so viel Tod und Zerstörung heimgesucht worden war. Er schloß die Augen und dachte an das Sommerbankett in Nusa im letzten Jahr. Sein Vater hatte seinen vierundvierzigsten Geburtstag gefeiert und das siebzehnte Jahr seiner Thronbesteigung. Das Bankett hatte acht Tage gedauert, mit Zirkusvorstellungen, Theater, Ritterspielen, Wettbewerben im Bogenschießen, Laufen, Ringen und Reiten. Alle neun Statthalter waren da, lächelten und brachten Trinksprüche auf den Kaiser aus. Shabag – groß und schlank, mit Adleraugen und grausamem Mund. Gorben stellte ihn sich vor. Er trug stets schwarze Handschuhe, selbst bei heißestem Wetter, sowie Seidentuniken, die bis zum Hals zugeknöpft waren. Berish – dick und gierig, aber ein wunderbarer Erzähler mit seinen Geschichten von Orgien und spaßigen Mißgeschicken. Darishan, der Fuchs des Nordens, der Kavallerist und Lanzenreiter, der sein langes, silbernes Haar geflochten trug wie eine Frau. Und Ashac, der Pfau, der echsenäugige Liebhaber von Knaben. Sie hatten die Ehrenplätze zu beiden Seiten des Kaisers erhalten, während sein ältester Sohn gezwungen war, an einem der unteren Tische zu sitzen und zu diesen Männern der Macht aufzublicken!
    Shabag, Berish, Darishan und Ashac! Namen und Gesichter, die Gorbens Herz und Seele verbrannten. Verräter! Männer, die seinem Vater Treue geschworen hatten und dann dafür sorgten, daß er umkam, daß sein Land überrannt und sein Volk dahingeschlachtet wurde.
    Gorben schlug die Augen auf und holte tief Luft. »Ich werde euch aufspüren – jeden einzelnen von euch«, versprach er, »und ich werde euch euren Verrat heimzahlen.«
    Die Drohung war so leer wie die Schatzkammern, und Gorben wußte es.
    An der Außentür klopfte es leise. »Herein!« rief er.
    Nebuchad trat ein und verbeugte sich tief. »Die Späher sind eingetroffen, Herr. Der Feind steht weniger als zwei Tagesmärsche vor den Mauern.«
    »Was Neues aus dem Osten?«
    »Nichts, Herr. Vielleicht sind unsere Reiter nicht durchgekommen.«
    »Wie steht es mit den Vorräten?«
    Nebuchad griff in seine Tunika und holte ein Pergament hervor, das er entrollte. »Wir haben sechzehntausend Laibe ungesäuertes Brot, tausend Fässer Mehl, achthundert Fleischrinder, hundertvierzig Ziegen. Die Schafe wurden noch nicht gezählt. Es ist noch ein wenig Käse da, aber reichlich Haferflocken und Trockenfrüchte.«
    »Was ist mit Salz?«
    »Salz, Herr?«
    »Wenn wir die Rinder schlachten, wie wollen wir das Fleisch frisch halten?«
    »Wir könnten die Rinder erst dann schlachten, wenn wir sie brauchen«, schlug Nebuchad errötend vor.
    »Um die Rinder am Leben zu halten, müssen wir sie füttern. Aber wir haben kein Futter übrig. Also müssen sie geschlachtet und das Fleisch eingesalzen werden. Durchsuch die Stadt. Und noch etwas, Nebuchad …«
    »Herr?«
    »Du hast kein Wasser erwähnt.«
    »Aber Herr! Der Fluß fließt durch die Stadt.«
    »Allerdings. Aber was trinken wir, wenn der Feind den Fluß eindämmt oder vergiftet?«
    »Es gibt artesische Brunnen, soviel ich weiß.«
    »Stelle fest, wo sie sind.«
    Der junge Mann ließ den Kopf sinken. »Ich fürchte, Herr, daß ich dir nicht gut diene. Ich hätte das alles vorhersehen müssen.«
    Gorben lächelte. »Du mußt an vieles denken, und ich bin sehr zufrieden mit dir. Aber du brauchst Hilfe. Nimm Jasua.«
    »Wie du willst, Herr«, meinte Nebuchad zweifelnd.
    »Du magst ihn nicht?«
    Nebuchad schluckte. »Es ist weniger eine Frage des Mögens, Herr. Aber er behandelt mich mit … Verachtung.«
    Gorbens Augen wurden schmal, doch seine Stimme verriet seinen Zorn nicht. »Sag ihm, es ist mein Wunsch, daß er dir hilft. Geh jetzt.«
    Als die Tür sich hinter Nebuchad schloß, sank Gorben auf eine satinbezogene Couch. »Gütige Götter im Himmel«, flüsterte er, »hängt meine Zukunft an solchen Männern?« Er seufzte; dann richtete er den Blick wieder aufs Meer. »Ich brauche dich, Bodasen«, sagte er. »Bei allem, was heilig ist, ich brauche dich!«
     
    Bodasen stand auf dem Steuerdeck und beschattete mit der rechten Hand die Augen, den Blick auf den fernen Horizont gerichtet. Auf dem Hauptdeck waren die Seeleute eifrig dabei, die Reling zu reparieren, während

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