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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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das?«, fragte eine Meeresbiologin.
    »Es sieht fast aus wie ein Polarlicht, aber das kann nicht sein«, sagte ein Kollege.
    Hektik kam auf, als der Sonarbeobachter aus dem Unterdeck auf das Vorschiff stürzte. »Ihr werdet es nicht glauben«, rief er. »Unter uns ziehen Tausende von Fischen vorbei. Schwärme, so weit unser Sonar reicht. Sie schwimmen nach Norden. So etwas habe ich noch nicht erlebt.«
    Erst als der Sonarbeobachter bemerkte, wie seine Kolleginnen und Kollegen noch immer regungslos nach Südosten starrten, blickte er ebenfalls in den Nachthimmel.
    »Polarlicht, in unserer Region?«, murmelte er. »Ich werde verrückt, das gibt’s doch gar nicht.«

11
Socorro County, New Mexico
    Da Dwain auf offiziellem Weg nicht weiterkam, musste er eben auf seine Kontakte zurückgreifen. Wozu hatte er einen Onkel, der Senator war, sagte er sich. Noch am selben Abend hatte er Betty, die Chefsekretärin, Haushälterin und gute Seele seines Onkels, angerufen.
    »Hallo, du alter Haudegen«, hatte ihn Betty begrüßt. »Meldest du dich auch wieder einmal? Das letzte Mal, dass ich von dir gehört habe, ist mindestens drei Monate her. Du sitzt ganz schön in der Klemme, wie ich gehört hab?«
    Betty war um die sechzig und besaß noch immer den Schwung und den Elan eines jungen Mädchens. Er mochte die Frau mit dem breiten texanischen Slang. Damals, als er noch auf der Cave Pearls Ranch des Senators als Verwalter gearbeitet hatte, waren sie sich beinahe jeden Tag begegnet, hatten miteinander gescherzt und hier und da auch mal etwas getrunken. Betty vertrug mehr Whiskey als eine Horde Viehtreiber. Doch seit Dwain den Job des Sheriffs in Socorro angetreten hatte, sahen sie sich kaum noch.
    »Warum bleibst du nicht in unserem Team? Wir machen noch ein paar Jährchen und ziehen uns dann auf die Ranch zurück. Dort ist genug Platz für uns alle«, hatte sie damals zu ihm gesagt, als Dwain ihr eröffnete, dass er sich zur Wahl als Sheriff hatte aufstellen lassen. Er wollte endlich auf eigenen Füßen, außerhalb des Dunstkreises von Senator Joseph Christopher Hamilton stehen.
    Am nächsten Morgen setzte sich Dwain in seinen Maverick und fuhr nach Osten, dem Llano Estacado entgegen. Gegen Mittag traf er auf dem weitläufigen Areal der Cave Pearls Ranch ein. Er parkte seinen Wagen vor dem ausladenden Herrenhaus im spanischen Kolonialstil.
    Joseph C. Hamilton saß auf der Veranda in einem Schaukelstuhl und schaute auf, als Dwain über die Treppe heraufkam.
    »Da bist du ja endlich«, empfing er ihn. »Dann können wir ja endlich das Essen auftragen. Ich habe Betty angewiesen, ein paar T-Bone-Steaks in die Pfanne zu hauen, damit unser Kleiner endlich mal wieder richtig satt wird.«
    Dwain lächelte, ging auf seinen Onkel zu und umarmte den großen und kräftigen Mann.
    Joseph Hamilton war eine imposante Erscheinung. In der Familie der Hamiltons schien die männliche Nachkommenschaft durchgehend zu Riesen zu mutieren. Ganze zwei Meter maß der Senator und war damit ebenso groß wie der Sheriff selbst. Die 130 Kilo Lebendgewicht verteilten sich ziemlich gleichmäßig auf die gesamte Länge, und trotz seines Alters und der grauen, aber immer noch recht vollen Haare wirkte Joseph C. Hamilton wie ein Ringkämpfer in den besten Jahren. Man sah ihm die siebzig Jahre, die er auf dem Buckel hatte, nicht an. Vielleicht lag es daran, dass er einen Großteil seiner Freizeit im Freien, am liebsten im Sattel verbrachte.
    »Lass uns gleich essen und dabei reden«, sagte der Senator und ging seinem Neffen voraus ins kühle Haus.
    Der alte Swany, der farbige Diener, trug die Speisen auf. Er freute sich, Dwain wieder zu Gesicht zu bekommen. Swany war nur unwesentlich jünger als der Senator und hatte schon auf der Ranch gearbeitet, als Dwain noch ein kleiner Junge war.
    »Hast du wieder etwas von Margo und den Kindern gehört?«, fragte der Senator.
    Dwain schüttelte den Kopf. »Das letzte Mal vor vier Wochen. Sie will die Scheidung.«
    »Sie hätte nicht gehen dürfen. Eine Hamilton tut so etwas nicht. Ich hätte sie am nächsten Tag zurückgeholt und ihr den Hintern versohlt. Elly war auch oft unglücklich, aber sie wäre nie weggegangen. Sie wusste, wo ihr Platz im Leben war.«
    Der Blick des Senators wanderte zu dem großen Porträt seiner Frau, das über dem Kamin hing. Elly war vor ein paar Jahren gestorben. Die Ehe war kinderlos geblieben.
    »Eines Tages wirst du dies alles hier erben«, fuhr er fort. »Du brauchst eine Frau an deiner

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