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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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ihr über den Rücken. Sie fuhr herum und blickte in eine schwarze Maske. Noch bevor sie schreien konnte, drückte ihr der kräftige Kerl seine Hand auf den Mund. Ein gezielter Schlag traf sie am Hals, und sie stürzte zu Boden. Ehe sie sich versah, lag der massige Körper auf ihr und hielt ihr mit einer Hand den Mund zu. Mit der anderen riss er ihre Bluse auf, zerrte ihr den Büstenhalter vom Leib und wickelte ihn ihr um den Hals. Sosehr sich Jennifer auch wehrte, gegen einen Mann dieser Statur hatte sie keine Chance. Schließlich nahm der Mann seine Hand von ihrem Mund und griff nach dem anderen Ende des Büstenhalters. Sie wollte schreien, doch mehr als ein erstickter Seufzer kam nicht über ihre Lippen. Mit ganzer Kraft zog der Mann zu und schnürte ihr die Luft ab. Ihre Gegenwehr erlahmte. Erst als sich der Kerl davon überzeugt hatte, dass Jennifer tot war, schob er ihr den Rock in die Höhe und entfernte mit einem Ruck ihren Slip und stopfte ihn ihr in den Mund. Bevor er sich erhob, schob er die Leiche mitsamt der zerrissenen Kleidung unter den Wagen. Dann wandte er sich um und verschwand in der Dunkelheit.
New Orleans, Louisiana
    Der Himmel über der Stadt war wolkenverhangen. Ein graues Tuch hatte sich über New Orleans ausgebreitet, und es schien, als wollte es für immer den Blick auf die Sonne verwehren. Der Regen hatte nachgelassen, nur noch vereinzelte Tropfen fielen in das braune und stinkende Wasser, das die Straßenzüge in New Orleans anfüllte. Nur die hohen Peitschenampeln an der Ecke Rampart Street/Orleans Avenue ragten aus den Fluten. Der Louis Armstrong Park hatte sich in einen einzigen großen See verwandelt, aus dem hier und da Baumkronen hervorschauten. Das Theatre of Perfoming Arts war teilweise eingestürzt und überflutet. Nur der Anbau über der Bühne hatte dem Wasser und dem Wind getrotzt. Wie der Turm einer trutzigen Burgruine reckte sich der graue Betonklotz in die Höhe. Zerbrochene Stahlträger ragten hervor. Darunter Wasser, braunes, schlammiges und stinkendes Wasser.
    Zwei Nächte hatten Schneider und der junge Feuerwehrmann in der Sicherheit des Technikraums ausgeharrt. Ein quälendes Hungergefühl beherrschte ihre Eingeweide. Vorsichtig tastete sich Schneider aus dem Raum. Der Boden im ersten Stock war brüchig und teils mit großen Löchern durchzogen. Zehn Meter weiter endete der Weg abrupt, der Rest des Gebäudes war weggebrochen. Das, was die Skyline der Stadt gewesen war, lag vor ihm, denn von den meisten Gebäuden ragten nur noch die Dachkonstruktionen aus den braunen Fluten. Ziegel oder Dachabdeckungen fehlten. Der Wind hatte sie weggerissen.
    »Ist da draußen jemand?«, fragte der junge Feuerwehrmann, dessen ganze Lebensgeschichte Schneider mittlerweile kannte.
    Schneider schaute sich um, doch weit und breit war niemand zu sehen. Die Stille über der Stadt, in der sich sonst Bewohner und Touristen dicht an dicht durch die Straßen schoben, wirkte gespenstisch. Kein Straßenlärm, keine Stimmen, noch nicht einmal das Zwitschern von Vögeln war zu hören. Nur das Wasser unter ihm plätscherte und gluckste. Die Strömung war stark, und hier und da schwamm ein entwurzelter Baum oder die abgerissene Lattenkonstruktion einer Häuserfassade vorbei.
    »Ich kann niemanden sehen«, antwortete Schneider und stützte sich an der Mauer ab.
    Der Feuerwehrmann verließ ebenfalls den Technikraum und balancierte auf einem Stahlträger auf die andere Seite des Gebäudes, von wo aus sich ihm der Blick in Richtung Norden erschloss.
    »Sei bloß vorsichtig!«, mahnte Schneider den jungen Mann. »Das ist alles einsturzgefährdet hier.«
    Der junge Mann nickte und tastete sich weiter voran. Schritt um Schritt. Schneider wandte sich um, aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr, ehe mit lautem Donnern ein weiterer Teil des Bodens einbrach. Bill stieß einen lauten Schrei aus. Schreckensbleich fuhr Schneider herum und sah, wie Bill mit den Armen ruderte und eine Stahlarmierung zu fassen bekam. Der Junge krallte sich an ihr fest. Nur noch Kopf und Arme ragten aus dem Loch im Boden, der Rest seines Körpers schwebte über dem Abgrund.
    »Hilfe!«, rief Bill angestrengt. »Hilf mir!« Schneider eilte auf die andere Seite des Gebäudetraktes. »Halte durch, ich komme!«
    Beinahe wäre er über ein freiliegendes Anschlusseisen gestolpert, konnte aber im letzten Moment noch ausweichen. Der Schweiß rann ihm über die Stirn. Bills Kopf war hochrot vor Anstrengung, die Knöchel an seinen Händen

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