Die dritte Ebene
gibt. In New Mexico.«
»White Sands«, stieß Brian hervor. »Dort haben die Militärs Versuche mit Atomraketen unternommen.«
»Das Feuer«, stimmte Suzannah zu. »Die Steine des Lichts, die in Hüllen gesteckt wurden. Du könntest recht haben. Sie meint bestimmt Atomraketen.«
Brian wurde von einer hektischen Ungeduld erfasst. Er suchte in seinem Rucksack nach einem Stift.
»Außerdem stehen ganz in der Nähe die riesigen Radioantennen der NROA. Ich war als Jugendliche mit meinen Eltern einmal dort.«
Brian fuhr mit dem Stift über die Karte. Als Lineal benutzte er ein Stück Holz. Er ritzte kleine Markierungen in das Holz und zeichnete mit dem Stift Linien durch die Eckpunkte der Dreiecke.
»White Sands«, murmelte er. »Du könntest recht haben. Der Mittelpunkt dieses Dreiecks liegt oberhalb von El Paso.«
»Der Mittelpunkt«, echote Suzannah mit großen Augen.
»Ihr müsst sie aufhalten, der nächste Sturm ist bereits auf dem Weg«, rief die Schamanin, und ihre Stimme hallte durch den nächtlichen Urwald.
»Wir müssen zurück nach Amerika«, sagte Brian an Juan gewandt. »So schnell es geht. Wir brauchen falsche Papiere.«
Juan schaute auf. »Falsche Pässe sind kein Problem«, sagte er. »Ich kenne da jemanden in Caracas, der mir noch einen Gefallen schuldet.«
Als sich Juan, Suzannah und Brian in einer Hütte zum Schlafen niederlegten, griff Suzannah noch einmal zu der Landkarte. »Alles klingt so … so unglaublich für mich«, sagte sie. »Ich kann es noch immer nicht fassen.«
Brian nickte.
»Ich glaube ihr jedes Wort«, erwiderte er. »Sie ist vom Großen Geist erfüllt. Sie hat längst eine andere Ebene des Daseins erreicht.« Er machte eine nachdenkliche Pause, ehe er fortfuhr: »Erinnere dich nur an Waynes Nachricht. Wahrscheinlich hat er genau das festgestellt, was uns Ka-Yanoui gerade erzählte. Nur konnte er seine Entdeckung nicht einschätzen.«
»Wurde er deshalb ermordet?«
»Wenn das zutrifft, was ich befürchte, dann steckt eine mächtige Organisation dahinter.«
»Und das jagt mir eine Heidenangst ein«, sagte Suzannah.
Juan drehte sich auf seinem Lager herum. »Sie wird bei euch sein und euch beschützen. Vergesst nicht, sie ist eins mit der Mutter, und der Große Geist ist in ihr. Und jetzt schlaft, wir werden morgen in aller Frühe aufbrechen.«
Brian schaute Suzannah an. »Ich werde gehen. Bleib du hier.«
»Nein, wenn das stimmt, was die Schamanin behauptet, dann haben diese Kerle meine Mutter auf dem Gewissen. Ich will ihnen in die Augen sehen.«
Sie hüllten sich in ihre Decken. »Mich würde interessieren, wer dieser geheimnisvolle Riese ist, der uns zu Hilfe kommen soll?«, fragte Suzannah in die Stille.
Brian war bereits im Halbschlaf . »Juan wohl nicht«, antwortete er müde. »Er ist kaum größer als ich.«
Viertes Buch
Abgründe
Sommer 2004
1
Socorro County, New Mexico
Das dunkle Wolkengebirge schob sich von Süden auf das Socorro County zu. Über die weiße Wüste und die Lava-Felder des Jornada Del Muerto trieb der auffrischende Abendwind das gewaltige Wolkenfeld entlang des Rio Grande in das breite Tal zwischen den San-Mateo- und den Ladron-Bergen. Über den Wäldern des Cibola an der Ostseite der San-Mateo-Berge lehnte sich die Wolkenfront aus schweren Cumulonimben an. Die Dunkelheit legte sich an diesem Samstag eine Stunde zu früh über das Land. Als der erste Donnerschlag erklang, schaute Dwain skeptisch in den Himmel. Er hatte gerade seine Reisetasche und die Geschenke für die Kinder in den Wagen geladen, um nach Salt Lake City aufzubrechen.
Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, denn er hatte einen ungünstigen Termin für seine Reise nach Utah ausgewählt: Der Nationalfeiertag stand vor der Tür, und allenthalben hatten die örtlichen Vereine Umzüge und Veranstaltungen für den morgigen Tag angekündigt. Eine ganze Menge Arbeit für sein Sheriff-Department stand auf dem Programm. Er hatte Tom Winterstein als dienstältesten Polizisten des County gebeten, die Einsatzleitung am morgigen Tag zu übernehmen. Jedenfalls überwog die Sehnsucht nach den Kindern und nach Margo sein sonst so ausgeprägtes Pflichtgefühl. Er sehnte sich nach Margos Gesicht, den langen blonden Haaren, den Grübchen in ihren Wangen, wenn sie lächelte, und ihrer weichen Stimme.
Ein Blitz zuckte in der Ferne durch die Dunkelheit. Ein krachender Donnerschlag folgte. Er brauchte noch ein paar ordentliche Schuhe, schließlich wollte er bei Margo
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