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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Dorfbewohner alarmiert. Die Indios versammelten sich um das Flussufer. Männer mit Lendenschurz bekleidet, Frauen, die nicht mehr als ein Baby auf ihren Armen trugen, und Kinder, die jubelnd und freudig winkend die Fremden im Boot begrüßten.
    »Sie sind nackt«, flüsterte Suzannah.
    »Sie sind ursprünglich«, sagte Brian.
    »Ich meine ja nur wegen der Fliegen«, erwiderte Suzannah beleidigt. »Diese Blutsauger saugen einen aus bis auf den letzten Blutstropfen.«
    Juan grinste. »Es sind Warao, und das hier ist ihr Land. Sie werden mit wilden Tieren und auch mit den Mücken fertig, Miss.«
    Kaum war das Boot vertäut, traten die Warao zur Seite und gaben eine Gasse in ihrer Mitte frei. Zwei Krieger in weißer Bemalung, mit Axt und Speer bewaffnet, bahnten sich ihren Weg. Vor dem Steg blieben sie stehen. Schließlich kam eine Frau in Sicht. Um ihren Körper hatte sie ein weißes Tuch geschlungen, auch ihr Kopf war von einem gleichfarbenen Turban umhüllt. An der Kette um ihren Hals hingen neben Raubtierzähnen mehrere glitzernde Steine.
    »Das ist Ka-Yanoui«, flüsterte Juan. »Deine fliegende Frau ist wieder von den Geistern zurückgekehrt.«
    Brian musterte die Frau, doch sie hatte keine Ähnlichkeit mit dem Bild, das sich in seinem Kopf eingebrannt hatte.
    »Sie ist so groß und so … lebendig«, stammelte er.
    Die Frau betrat den Steg und machte vor dem Boot halt.
    »Sag ihr, wer wir sind«, flüsterte Brian seinem venezolanischen Begleiter zu.
    »Ich weiß, wer ihr seid«, antwortete Ka-Yanoui. »Ich habe euch schon tausend Mal gesehen und wusste, dass ihr kommt. Ihr habt an meinem Lager gewacht.«
    Ihr Englisch klang ein wenig unbeholfen, dennoch waren ihre Worte klar zu vernehmen.
    Suzannah lief ein kalter Schauer über den Rücken. »Woher kennt sie dich, du sagtest doch, sie lag im Koma?«
    Brian zuckte mit den Schultern.
    »Es ist gut, dass ihr euren Häschern entkommen seid«, fuhr die Schamanin fort. »Allein in eurer Macht liegt es, den Gott des Meeres und der Winde wieder zu besänftigen. Es ist eine schwere Aufgabe, die vor euch liegt.«
    »Woher kann sie so gut Englisch?«, fragte Brian an Juan gewandt. Er flüsterte, dennoch huschte ein Lächeln über die Lippen der Warao-Frau.
    »Sie hat einen Teil ihrer Kindheit in einer englischen Mission an der Grenze nach Guayana zugebracht.«
    Ka-Yanoui musterte Suzannah. »Deine Mutter ist im Licht vergangen«, sagte sie einfühlsam. »Deine Suche hat hier ein Ende.«
    Suzannah blickte die Frau mit großen Augen an. Eine Träne lief über ihre Wange.
    Brian fasste ihre Hand.
    »Folgt mir ins Dorf!«, sagte Ka-Yanoui und zeigte auf den Pfad, der in den Dschungel führte. »Ihr seid ihn schon einmal unverrichteter Dinge gegangen. Heute besteht kein Grund zur Sorge, sondern zur Freude, denn ihr seid gekommen, um die dritte Ebene zu erreichen, die mir versagt ist. Ihr seid die Gesandten.«
    Suzannah wischte sich die Tränen ab.
    »Kommt!«, fuhr Ka-Yanoui fort. »Bald wird es Nacht, und die verlorenen Seelen treiben den Fluss hinab. Folgt mir, ich habe lange auf euch gewartet.«
    »Was meint sie damit?«, fragte Suzannah.
    »Ich denke, wir werden es bald erfahren«, sagte Brian.
    Sie folgten dem Tross ins Dorf, das verborgen hinter hohen Bäumen und Sträuchern abseits des Flusses lag. Einfache Hütten aus Palmwedeln standen in einem weitläufigen Rund um eine große Hütte in der Mitte des Platzes. Das Dorfhaus war wieder repariert worden.
    »Wo ist der Häuptling?«, flüsterte Brian Juan zu und blickte sich suchend unter den Menschen um.
    Juan zeigte in den Himmel. »Er ist zu den Geistern gegangen.«
    »Ka-Yanoui führt nun diese Menschen. Sie vertrauen ihr, denn sie ist weise. Sie war bei den Göttern und wurde wieder zu den Menschen in das Dorf gesandt, um sie zu beschützen.«
    Ka-Yanoui sprach mit einigen der Männer, und schon wurden vor dem Haupthaus Feuerstellen errichtet und Kokosmatten ausgelegt.
    »Zuerst wollen wir essen, dann werden wir reden«, sagte Ka-Yanoui entschlossen. Ihre Worte duldeten keine Widerrede.
    Im Schneidersitz ließen sich alle um die Feuerstellen nieder. Suzannah hatte neben Brian Platz genommen, Ka-Yanoui saß gegenüber. Es gab einen Eintopf aus Wurzelgemüse und Fleisch. Schweigend aßen sie mit den Händen aus großen Holzschüsseln. Diesmal vermied Brian die Frage, welche Zutaten sich in der großen dampfenden Schüssel befanden. Als Suzannah ihn anstupste, legte Brian den Zeige finger an die Lippen.
    Nachdem die

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