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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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ein Teil eines äußerst komplexen wie auch sensiblen Ökosystems sind, das nur funktionieren kann, wenn man behutsam damit umgeht, kann es längst schon zu spät sein. Sie haben sicherlich von den Hurrikans vor unserer Küste gehört?«
    Der Kanadier nickte. »Eine Laune der Natur«, entgegnete er. »Ausreißer gibt es immer mal wieder. Anomalien eben, die Natur hält sich nicht an Regeln.«
    »Vielleicht aber ist die Zunahme der Stürme an Häufigkeit und Ausmaß schon das erste Signal für einen bevorstehenden Klimawandel«, sagte Wayne. »Für mich driftet die Menschheit unausweichlich in eine apokalyptische Zukunft, wenn sich nicht bald etwas ändert.«
    Der Kanadier erhob sich. »Wenn Sie darauf warten, dann sind Sie ein hoffnungsloser Idealist. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe einen Bärenhunger.«
    Wayne schaute sich um, bereits die Hälfte der Zuhörerschaft hatte den Saal verlassen. Schließlich erhob er sich ebenfalls.
    »Hallo, Professor Chang«, erklang eine angenehme weibliche Stimme in seinem Rücken.
    Wayne wandte sich um und musterte die schlanke, dunkelhaarige Frau, die hinter ihm stand und ihn anlächelte. Ihre dunkelbraunen Augen leuchteten.
    »Kennen wir uns?«, antwortete Wayne Chang und rückte seine Brille gerade.
    »Jennifer Oldham vom South Coast Magazin«, erwiderte die junge Frau und streckte Chang die Hand entgegen. »Ich habe vor drei Jahren einen Bericht über eines Ihrer Forschungsprojekte veröffentlicht. Die Auswirkungen erhöhter Wärmeeinstrahlung in den oberen Schichten der Atmosphäre …«
    »… und der daraus resultierende Einfluss auf die äquatorialen Höhenwinde und den Jetstream«, vollendete Chang den Satz. »Ja, ich erinnere mich.«
    Die übrigen Zuhörer hatten sich mittlerweile ebenfalls erhoben und strebten auf die vier Ausgänge zu, die in einen großen Saal führten, in dem das kalte Büfett angerichtet worden war.
    »Was halten Sie von dem Vortrag von Professor Behring?«, fragte die Journalistin. »Liegt er richtig mit seiner These?«
    »Wollen wir gemeinsam etwas trinken?«
    Die Journalistin nickte. »Sehr gern.«
    Gemeinsam gingen sie in den Saal nebenan, wo sich Grüppchen gebildet hatten und eifrig Smalltalk gehalten wurde. Chang trat an das Fenster und warf einen Blick auf den benachbarten Central Park.
    »Wissen Sie, ich will Ihnen in einem für mich passenden Bild antworten«, holte Wayne Chang aus. »Stellen Sie sich eine Waage vor, die sich im absoluten Gleichgewicht befindet. In beiden Schalen auf den jeweiligen Seiten befinden sich unzählige Salzkörner. Niemand weiß, wie viele es sind, das Gewicht jedoch ist so bemessen, dass wir annehmen müssen, es ist beiderseits dieselbe Menge. Mit jedem neuerlichen Anschlag auf unsere Natur, einem defekten Staubfilter in einem Abluftkamin, Motoren, die ihre Abgase ungehindert in die Luft blasen, oder einem gefällten Baum im Regenwald, wandert eine kleine Menge Salzkörner von der einen Schale in die andere. Durch den Feinstaub werden ebenfalls Salzkörner umgeschichtet. Noch immer wissen wir nicht, welche Menge an Salzkörnern von der einen Seite auf die andere wandern muss, dass unsere Waage aus dem Lot gerät. Aber eines wissen wir genau, eines Tages wird das Gleichgewicht unwiderruflich aufgehoben sein, und ich hoffe, dass ich diesen Tag nicht erleben muss. Wissen Sie, was ich meine?«
    Die Journalistin nickte. »Unser Schicksal steht also in den Sternen?«
    Chang lächelte. »So poetisch würde ich das nicht ausdrücken. Denn da gibt es einen feinen Unterschied: Wenn wir so weiterwirtschaften wie bisher, dann ist unser Ende vorherbestimmt.«
    »Was wurde eigentlich aus Ihrem Forschungsprojekt?«
    Chang nahm zwei Drinks von dem Tablett eines vorbeieilenden Kellners. Er reichte der jungen Frau ein Glas.
    »Leider führten wir das Projekt nie zu Ende«, sagte er. »Es ist immer eine Sache des Geldes.«
    »Gab es keinen Sponsor für das Projekt?«
    Chang musste herzhaft lachen. »Wen hätten wir fragen sollen? Die Autoindustrie, die Möbelhersteller oder die Betreiber von Kraftwerken?«
    »Wie wäre es mit der Regierung oder mit den Vereinten Nationen«, sagte Jennifer Oldham. »Gibt es kein Budget dafür?«
    »O doch, sicherlich, das gibt es. Es gibt eine Stelle beim Umweltministerium, die sich um solche Dinge kümmert. Sie müssen nur eine Eingabe machen und Ihr Forschungsgebiet und das Ziel Ihrer Bemühungen darlegen, dann entscheiden die Beamten über den Sinn und Nutzen Ihres Projekts. Wenn

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