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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Sie Glück haben, wird Ihnen ein Budget zugeteilt.«
    »Und wo ist der Haken?«
    »Bei knapp 3000 Anträgen pro Jahr ist Ihre Chance nur wenig größer als bei einer Lotterie.«
    Mittlerweile wurde es Abend über dem Central Park. Jennifer Oldham und Wayne Chang nippten an ihren Gläsern und schauten hinaus auf die grüne Lunge der Stadt. Der offizielle Teil der Veranstaltung war für den heutigen Tag beendet.
    »Wohnen Sie ebenfalls hier im Plaza?«, fragte Chang, nachdem er das zweite Glas Sekt geleert hatte.
    Jennifer schüttelte den Kopf. »Das wäre schön, aber mein Blatt ist recht knauserig, was die Spesen anbelangt. Ich habe ein Zimmer im Larchmont in Greenwich Village.«
    »In Greenwich Village«, antwortete Chang. »Da fällt mir ein, dass ich allmählich Hunger bekomme. Haben Sie schon etwas gegessen?«
    »Nicht viel, bis auf ein paar Häppchen.«
    »Worauf hätten Sie Lust? Hamburger, Chinesisch, Französisch oder vielleicht etwas exotischer, Thai oder Indisch?«
    Wenn Jennifer lächelte, funkelten ihre Augen wie ein vom Mond beschienener dunkler Teich. »Ich esse gern Italienisch.«
    »Gut, dann lade ich Sie ein. Es gibt ausgezeichnete italienische Restaurants in Greenwich Village. Wie wäre es mit Il Mulino oder Da Babbo, falls dort noch ein Platz frei ist?«
    »Ich habe mir sagen lassen, dass es in Manhattan ein italienisches Familienrestaurant geben soll, in dem der Chef je nach Lust und Laune seine Gäste bekocht.«
    »Sie meinen das Po in der Cornelia Street. Aber Vorsicht, wenn der Chef schlechte Laune hat, dann sind die Gerichte meist arrabiata.«
    »Ach was, ein Italiener und schlechte Laune, das gibt es doch gar nicht.«
    »Und woher wollen Sie das wissen?«
    »Mein Vater stammte aus Italien«, sagte Jennifer Oldham.
    »Oldham klingt aber nicht gerade italienisch.«
    »Das liegt daran, dass ich den Namen meiner Mutter trage.«

6
Kennedy Space Center Hospital, Florida
    Die Sonne hatte sich verdunkelt, und aus den schwarzen Wolken regnete glühende Asche hernieder. Detonationen zerrissen die Luft. Eine Feuerwalze raste geradewegs auf die erste Häuserzeile zu. Menschen schrien panisch und suchten Zuflucht hinter den verglasten Fassaden der Gebäude. Die Erde erzitterte, und das laute Grollen überlagerte die Schreie der Frauen und Kinder. Dann tat sich der Erdboden auf und verschluckte die bunte Masse aus Blech und Stahl, die von den Flüchtenden auf der Straße zurückgelassen wurde. Glühende Lava floss aus dem dunklen Rachen der Erde hervor, und beißender schwarzer Qualm überdeckte die Stadt. Die Luft vibrierte vor Hitze, und jeder Atemzug verbrannte die Lunge. Die Apokalypse war gekommen und hüllte die Welt in ihr schwarzes Leichentuch.
    Helmut Ziegler schlug die Augen auf und blickte in das gleißende Licht. Seine Augen schmerzten. Fieberhaft versuchte er sich zu erinnern, doch das Bild des Schreckens, eine undurchdringliche Flut aus einzelnen Sequenzen, hatte all seine Gedanken überlagert, so als wäre dies seine einzige Erinnerung. Schützend schlug er die Hände vor die Augen. Er schrie auf, und sein Körper bebte. Vorsichtig öffnete er die Augen und blinzelte durch die Finger. Er lag auf einem Bett in einem weiß getünchten Zimmer. Apparate und Monitore standen neben ihm auf einer fahrbaren Stellage. Er brauchte eine Weile, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Wo war er nur? Er schaute sich um. Nur wenig Licht drang durch das Fenster, das von einem schweren dunkelgrünen Vorhang abgedunkelt wurde, der ihm die Sicht nach draußen verwehrte. Sein Kopf schmerzte, und er war schweißgebadet. Ein immer wiederkehrender schriller Ton zehrte an seinen Nerven. Für Sekunden schloss er die Augen, versuchte zu verstehen, was geschehen war, wie er hierhergekommen war und – wer er war, doch sein Gedächtnis ließ ihn im Stich. Sosehr er sich auch bemühte, einen klaren Gedanken zu fassen, immer wieder tauchten die Bilder des Todes und der Zerstörung auf. Er riss erneut die Augen auf. Sein Atem ging schnell, und sein Herz klopfte wie rasend. Ein weiterer gutturaler Schrei kam über seine Lippen. Schließlich wurde die Tür aufgestoßen, und zwei Frauen in wehenden weißen Mänteln rannten in das Zimmer.
    Zieglers Körper zuckte unkontrolliert, wie bei einem epileptischen Anfall. Immer wieder lief ein erneuter Ruck durch seinen Oberkörper. Er wollte sich erheben, aber es gelang ihm nicht. Die Krankenschwestern kamen näher. Plötzlich löste sich seine Muskelblockade. Er

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