Die dritte Ebene
geplatzt, und giftige, explosive Dämpfe breiteten sich aus und zwangen die Männer an Bord der Portland, immer weiter zurückzuweichen.
Ein Notstromaggregat lieferte gerade so viel Strom, wie für den Betrieb des Funkgeräts und der Notbeleuchtung notwendig war, doch bislang drang nur statisches Rauschen aus dem Lautsprecher auf der Brücke. Die Portland trieb manövrierunfähig auf dem Pazifischen Ozean. Die Wellen waren von Minute zu Minute heftiger geworden. Der Wind hatte aufgefrischt und blies kräftig aus südwestlicher Richtung. Die Umrisse des Wolkengebirges, das dem Hurrikan voranging, hoben sich deutlich vom schwarzen Himmel ab. Verzweifelt versuchte die Besatzung des Forschungsschiffs, mit handbetriebenen Wasserspritzen den Brand zu bekämpfen. Doch der Einsatz der Feuerlöscher war bisher vergeblich. Der Lack der Deckschichten und das Gasgemisch nährten die Flammen. Einige Besatzungsmitglieder waren im Unterdeck vom Feuer eingeschlossen. Für sie bestand keine Hoffnung mehr. Andere lagen auf dem Vorschiff und rangen nach Atem, nachdem sie für längere Zeit dem beißenden Qualm ausgesetzt gewesen waren. Verwundete mit Brandverletzungen irrten umher. Ihre Schreie vermischten sich mit dem Knistern des Feuers. Die Sanitäter waren gänzlich überfordert.
Durch die vom feurigen Schein erhellte Nacht gellten die Rufe der Offiziere, die ihren Männern Anweisungen zubrüllten. Doch die Hoffnung schwand. Wenn nicht bald Hilfe nahte, dann war das Schiff verloren.
»Der Sturm rollt unaufhaltsam auf uns zu«, schrie Holbroke gegen das Rauschen und Knistern an. »Wir müssen von Bord. Es hat keinen Sinn mehr.«
Er schob sich die Gurte des Wasserkanisters von den Schultern und warf ihn mitsamt der Druckspritze auf die Planken.
»Sinnlos, es ist alles sinnlos, das Schiff ist verloren«, sagte Taylor. »Die Rettungsboote. Wir müssen die Rettungsboote zu Wasser bringen. Es ist unsere einzige Chance!«
Noch bevor die Worte verklungen waren, wurde das Schiff von einer heftigen Detonation erschüttert. Flammen schlugen vom Niedergang herauf, und die Hitze an Bord wurde unerträglich.
Ein Offizier kam angerannt. »In die Boote, alles in die Boote!«, rief er atemlos.
Die ersten Blitze zuckten aus den Wolken, und eine Windböe fegte über das Deck. Ehe das erste Rettungsboot zu Wasser ging, stürzten sich die entfesselten Gewalten des herannahenden Sturms auf das brennende Schiff.
10
Chiesa San Zulian, Venedig
Eine erfrischende Kühle empfing Brian und Gina, als sie durch das große Portal in das Innere der Kirche traten. Trotz der Vielzahl der anwesenden Touristen, die in Andacht die Altäre und Fresken bewunderten, empfing sie eine ehrwürdige Stille. Brian schaute sich um. Die Kirche war im frühen 15. Jahrhundert erbaut worden und nach dem Schutzpatron San Zulian benannt. Der Hauptaltar wurde von jeweils vier kleineren Altären an den Seitenwänden flankiert, die in Form und Ausgestaltung wie kleinere Abbildungen des großen wirkten. Das Altarbild zeigte im oberen Bereich eine Marienszene. Josef, sitzend und in einen purpurfarbenen Mantel gekleidet, legte Maria die rechte Hand auf das Haupt, während diese zu seinen Füßen kniete. Im Hintergrund waren Musikanten zu sehen, die sich scheinbar teilnahmslos ihrem Spiel widmeten. Brian war die Symbolik der Geste des Handauflegens aus zahlreichen kirchlichen Szenen bekannt: Sie war gleichzeitig Segnung, Vergebung der Sünden und Anerkennung für gottesfürchtiges Handeln.
Brian schlenderte näher zum Altar, während sich Gina den Auslagen und Postkarten widmete, die neben dem Eingang aufgebaut worden waren. Dort saß auch der grauhaarige alte Mann, von dem Leon berichtet hatte, und musterte missmutig die Besucher. Brian blieb vor dem Altar stehen und schaute nach oben. Das Bildnis der Maria befand sich auf drei Metern Höhe. Zu hoch, um ohne Hilfsmittel hinaufzugelangen. Die Spur unter den Augen der Muttergottes war schwach zu erkennen. Doch ansonsten fiel ihm nichts Ungewöhnliches auf.
Der Altar war aus den üblichen Bestandteilen wie Marmor, Kalkstein und Gips gefertigt. Verschiedene Materialien miteinander zu verbinden, sodass sie Jahrhunderte überdauerten, war eine Herausforderung für die Baumeister des Mittelalters gewesen. Im Laufe der Jahrhunderte waren immer wieder Ausbesserungsarbeiten notwendig, weil die Farben verblassten, Holz vermoderte oder Stuckteile aufgrund der Witterung oder der Feuchtigkeit von den Wänden rissig wurden. Auch in dieser
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