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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Schiff in Flammen. Wir nahmen die Rettungsboote, aber der Sturm war schon über uns. Es wurde finster um uns, plötzlich erfasste uns der Wind und trieb uns immer weiter von dem Schiff weg. Ich sah den Feuerschein nicht mehr. Alles ging furchtbar schnell. Jemand rief, dass wir uns im Boot festbinden sollten, man reichte mir ein Seil. Ich schwang es um meinen Körper und befestigte es an einer der Riemenhalterungen. Kurz darauf wurden wir von einer Riesenfaust emporgehoben. Eine Weile sind wir, so glaube ich, durch die Luft gesegelt. Plötzlich schwappte Wasser ins Boot. Wir sind einfach umgekippt. Von da an weiß ich nur, dass ich im Wasser trieb. Endlose Stunden lang, während der Wind über mich hinwegbrauste.«
    »Wissen Sie, wie viele sich in Ihrem Boot befanden?«
    Peter Holbroke schüttelte den Kopf.
    »Gab es außer Ihrem Boot noch andere Rettungsboote, die zu Wasser gelassen wurden?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Peter Holbroke. »Was ist mit den anderen?«
    Loison warf dem Arzt einen fragenden Blick zu. Beinahe unmerklich schüttelte dieser den Kopf.
    »Schlafen Sie jetzt«, erwiderte Commander Loison. »Sie müssen erst einmal wieder zu Kräften kommen.«
    Loison drehte sich um und verließ die Kammer.
    »Sie sind alle tot?«, fragte Holbroke, an den Arzt gewandt.
    »Schlafen Sie jetzt, der Kapitän hat recht. Sie müssen erst wieder zu Kräften kommen.«

12
Chiesa di San Zulian, Venedig
    In der mondlosen, stockfinsteren Nacht konnte man nicht einmal die Hand vor Augen erkennen. Es war weit nach Mitternacht, und das bunte Treiben in der Stadt im Meer schien erloschen, wie die Laternen in den engen Gassen rund um den Campo San Zulian. Dort, wo sich tagsüber die Ströme der Touristen durch die engen Gassen schlängelten, herrschte Stille. Nur ab und zu bellte irgendwo in der Lagunenstadt ein Hund.
    Leise tastete er sich voran. Immer darauf bedacht, keinen Lärm zu verursachen. Die Leiter hatte er von einer nahen Baustelle mitgenommen. Sie war leicht, wenngleich mit ihren drei Metern nicht leicht zu transportieren. Ständig musste er auf der Hut sein, um in der Dunkelheit nirgends anzuecken. Doch er gab sich Mühe und schaffte es ohne den geringsten Laut bis zum Nebeneingang der Kirche. In seinem schwarzen Overall, der schwarzen Strickmütze und dem geschwärzten Gesicht wirkte er wie ein unsichtbarer Schatten, als er sich gegen die hölzerne Tür des Seiteneingangs lehnte. In seinem Rucksack trug er alles mit sich, was er für diesen nächtlichen Ausflug brauchte. Kurz flammte der Strahl einer Taschenlampe auf. Er schob den Schlüssel in das Schloss und atmete auf, als er ihn nach rechts drehte und ein kurzes metallenes Knacken zu hören war. Einen Augenblick hielt er inne und lauschte in die Schwärze, dann schob er die Tür weit auf und bugsierte die Leiter ins Innere. Die Taschenlampe flammte erneut auf. Durch die kleine Sakristei gelangte er in den Hauptraum, wo er sich zielstrebig dem Altarplatz zuwandte und die Leiter vor der Wand platzierte. Vorsichtig klappte er sie aus, dann überprüfte er, ob sie auch fest stand, bevor er im Schein der Lampe im Rucksack kramte. Die Taschenlampe war kaum größer als ein Bleistift, doch ihr konzentrierter Strahl tauchte das Innere des Rucksacks in gleißende Helligkeit. Er griff nach dem dunklen Etui und steckte es in die Innentasche seines Overalls. In einem weiteren Kästchen befanden sich sechs Fläschchen mit Flüssigkeit, Chemikalien, die im Kontakt mit gewissen Substanzen reagierten und sich entsprechend verfärbten. Nachdem er alles in seinem Overall verstaut hatte, kletterte er die Sprossen hinauf. Auch hierbei vermied er unnötigen Lärm, obwohl jeder Tritt auf den metallenen Streben im Kirchengewölbe widerhallte.
    Oben angekommen, die Taschenlampe zwischen den Zähnen, zog er vorsichtig ein Skalpell aus seiner Tasche. In den hautengen Latexhandschuhen wirkten seine Hände blass und leblos. Sich mit den Beinen abstützend, hob er ein speziell gefaltetes Papier gegen die Wand. Behutsam schabte er mit dem Skalpell über wechselnde Stellen der Wand, auch des Altarbilds. Niemand würde hinterher sein Tun bemerken, es sei denn, der Betrachter kannte sich in der Analyse von Oberflächenmaterial aus und suchte die Wand nach den feinen Radierungen ab, die er hinterließ. Insgesamt zehn kleine Kuverts füllte er so mit Staub. Bevor er sich anschickte, die Leiter wieder hinabzusteigen, suchte er im Strahl der Taschenlampe die Fugen ab, die sich zwischen dem

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