Die dritte Ebene
»Keine Enthüllung, nur allgemeines Blabla. Das muss für diesmal reichen.«
»Es ist deine Story«, antwortete Porky. »Aber vergiss nicht, du bist der Journalist und ich der Redakteur.«
»Keine Enthüllungsstory, basta«, entgegnete Brian und wandte sich zur Tür.
»Und was machst du jetzt?«, rief ihm Porky nach.
»Ich sagte doch, nach der Story mache ich erst einmal Urlaub!«, rief Brian im Gehen.
Porkys Fluchen hörte er nicht mehr.
Camp Springs, Maryland
Professor Wayne Chang blätterte in der Angebotsübersicht der Simpson Electronic Control Ltd. aus San Diego und verglich die technischen Daten des neuen computergesteuerten Wetterdatenmessgeräts mit dem System des Konkurrenzunternehmens Data Control Systems Ltd. aus New Heaven.
Der Alltag hatte Wayne Chang wieder eingeholt. Zusammen mit Schneider und drei weiteren Technikern arbeitete er an dem Projekt Weatherboard II, das unter anderem von drei großen interkontinentalen Fluglinien der USA mit finanziert wurde. Es ging darum, Raster in Gegenden zu verkleinern, in denen sich die Wetterbedingungen alle paar Kilometer änderten, um genauere Prognosen treffen zu können. Zu diesen Gebieten zählten etwa das Küstengebiet des Golfs von Mexiko oder die Gebirge des Mittleren Westens. Derart enorme Abweichungen beruhten auf geografischen Bedingungen – Gebirge, Flüsse oder Seen, ausgedehnte Wälder oder Steinwüsten –, die das regionale Wetter beeinflussten. Nur eine feinere Untergliederung der etwa 25 Quadratkilometer großen Rastereinteilungen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten würde Abhilfe schaffen und dem Wetterdienst zu genaueren Werten verhelfen. In mühevoller Kleinarbeit hatten Chang und sein Team die Wetterdaten der letzten zwanzig Jahre ausgewertet, um festzustellen, wo die Abweichungen zwischen den Vorhersagen und den tatsächlich eingetroffenen Bedingungen so weit auseinanderlagen, dass die Prognose des regionalen Wetterdienstes eher einem Geheimtipp für das Pferderennen glich als einer ernst zu nehmenden Aussage. Nun stand ihr Konzept und konnte in die Praxis umgesetzt werden. Die Installation zusätzlicher Wetterstationen war dazu erforderlich, teilweise in einsamen und gottverlassenen Gegenden.
»Die Anlage aus New Heaven ist deutlich preiswerter, wenn wir uns für sie entscheiden, sparen wir an die vierzigtausend Dollar Gesamtkosten. Also wenn du mich fragst, dann sollten wir das Risiko eingehen«, sagte Chang und reichte Schneider die Datenblätter der beiden Anlagen. »Die Jungs aus New Heaven arbeiten offenbar günstiger, denn einzelne Bauteile sind nahezu identisch.«
»Hast du mit unseren Ingenieuren gesprochen?«, fragte Schneider.
»Sie haben beide Anlagen für geeignet befunden.«
»Dann verstehe ich deine Skepsis nicht.«
Chang lächelte. »Vor ein paar Jahren habe ich mir einen Wagen gekauft. Es standen zwei zur Auswahl. Beide nahezu identisch. Ich habe den billigeren genommen und hatte drei Monate später einen Motorschaden. Vielleicht bin ich deshalb vorsichtig.«
»Ist das jetzt empirisches Kalkül oder pure Schwarzseherei?«, erwiderte Schneider mit einem Lächeln auf den Lippen.
Die Tür wurde geöffnet, und Abteilungsleiter Norman Grey betrat das Büro. »Professor Chang, Dr. Schneider, ich habe gehört, dass Sie für die Umsetzungsphase bereit sind«, sagte er zufrieden. »Damit sind wir dem Zeitplan sogar um einen Monat voraus. Das trifft sich gut.«
Chang schaute Grey fragend an.
»Wayne, ich erhielt heute einen Anruf von der NASA aus Cape Canaveral«, fuhr Grey fort. »Wie Sie wissen, hatten sie vor Kurzem ein Problem bei der Landung einer Raumfähre. Das Shuttle ist vor der kalifornischen Küste in einen Sturm geraten und wurde von einem Blitz getroffen. Sie haben eine Untersuchungskommission eingerichtet und wollen einen Spezialisten von uns dabeihaben, und zwar Sie.«
»Warum ausgerechnet mich?«
»Offenbar haben die Leute von der NASA Ihren Aufsatz über die Anatomie der Blitze im Science Magazine gelesen. Nächsten Dienstag beginnt die Kommission zu tagen.«
»Aber wir haben hier noch alle Hände voll zu tun«, gab Chang zu bedenken. »Wir müssen noch …«
»Ich denke, Schneider schafft das schon«, fiel ihm Grey ins Wort. »Professor Paul hat mich gebeten, Sie freizustellen. Es scheint, dass er wirklich eine harte Nuss zu knacken hat. Er weiß auch, dass er Sie nicht zwingen kann, aber er machte deutlich, dass es um die Sicherheit der Astronauten bei künftigen Missionen geht.
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