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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Gutachten festgestellt worden war. Für den Tod war eine Überdosis eines Medikaments verantwortlich, das auf der Basis von Meskalin hergestellt wurde. Zusätzlich wurden Spuren von LSD und Natriumpentathol im Gewebe des Toten gefunden. Dwain hatte in der städtischen Bibliothek nachgeschlagen und das Internet bemüht. All diese Substanzen kamen in ganz speziellen Drogen vor – in bewusstseinserweiternden oder sogenannten Wahrheitsdrogen.
    War der Tote ein Kriegsgefangener? Doch aus welchem Land konnte er stammen?
    Anthropologisch war er dem alten Europa, genauer gesagt Irland zuzuordnen. War er ein IRA-Kämpfer, der Anschläge gegen englische Einrichtungen in den USA vorbereitet hatte? Dann müsste er jedoch als vermeintlicher Terrorist in einem Staatsgefängnis sitzen und nicht in einem Internierungslager der Army.
    Sicherlich, das Kriegsrecht barg für den Staat mehr Möglichkeiten zur Restriktion. Es gab keine Richter, keine Anwälte, die Fragen stellten, es gab keine Presse und keine Beobachter von außen. Die USA waren ein freiheitlicher Staat, der die Menschenrechte achtete, zumindest sollten das die Menschen glauben. Wenn es Übergriffe gab, so wie in den Gefängnissen im Irak, dann waren es Einzelfälle einiger übereifriger Bewacher. Dwain hingegen wusste, wie das System funktionierte. Zwei Tage zuvor hatte er einen Artikel in einem Magazin gelesen, wonach auch US-Bürger, die mit dem Islam sympathisierten, damit rechnen mussten, nach dem Kriegsrecht behandelt zu werden. War der Tote vielleicht ein amerikanischer Islamist, der nach Kriegsrecht verhaftet und bei der Befragung nach Komplizen unabsichtlich mit einer Überdosis einer Wahrheitsdroge getötet worden war? Waren die Ermittlungen der State Police deswegen so wenig gründlich und so wenig effektiv? Dwain hielt diese Theorie für recht plausibel. Aber wie gelangte der junge Mann dann auf den Parkplatz am Coward Trail? Vielleicht erbrachte die Überprüfung der DNA-Analyse doch noch einen Hinweis. Außerdem war es an der Zeit, einmal im Marine Training Camp bei Magdalena vorbeizuschauen.
    Der Sheriff blätterte weiter und stieß auf die Vernehmungsniederschrift von Crow, dem alten Indianer, der die Leiche auf dem Parkplatz zwischen den Mülltonnen gefunden hatte. Er wollte schon weiterblättern, als er die letzte Frage des vernehmenden Beamten las: »Haben Sie etwas Ungewöhnliches auf dem Parkplatz bemerkt – Fahrzeuge, Personen oder sonst eine Auffälligkeit?« Crow antwortete: »Eigentlich war alles wie immer. Ich bin auf den Parkplatz gefahren und habe in der Nähe der Mülltonnen geparkt, so wie ich es jeden Tag tue. Moment, doch, ich erinnere mich. Ein dunkler Pick-up, ein älteres Modell, fuhr vom Parkplatz, als ich in die Zufahrt einbog. Der Wagen fuhr in Richtung Albuquerque weiter.«
    Dwain Hamilton las die Zeilen erneut. Crow hatte womöglich eine wichtige Beobachtung gemacht. Eine nähere Beschreibung konnte er zwar nicht abgeben. Ein älterer, dunkler Pick-up. Es gab unzählige solcher Wagen im Socorro County. Vielleicht sollte er selbst noch einmal mit Crow reden.
Long Point View, Kanada
    Brian war stinksauer. Er warf den Korrekturabzug in die Ecke. Er hatte gute Lust, nach Cleveland zu fahren und sich Porky vorzuknöpfen. Eines wusste er jedoch mit Sicherheit: Seine Tätigkeit für das Magazin ESO-Terra war beendet. Um die Verkaufszahlen zu steigern, hatten sie seinen sachlich gehaltenen Artikel zu einer sensationslüsternen Story umgewandelt, in der der alte Küster, die Kinder, Pater Francesco, ja sogar die Kirche des Schwindels und der Lüge bezichtigt wurden. Bei aller Freundschaft zu Porky und bei allem finanziellen Druck, dem sich der Chefredakteur beugen musste, aber das ging zu weit. Brian war kein Enthüllungsjournalist, der über Leichen ging. Wenn jemand bewusst und aus kommerziellen Gründen die Allgemeinheit hinters Licht führte, dann war es etwas anderes, dann hatte dieser Mensch es verdient, vor der Öffentlichkeit bloßgestellt zu werden. Doch wenn Kinder zu Leidtragenden wurden, dann sah er es als seine journalistische Pflicht, sie zu schützen.
    Außerdem, wer weiß, vielleicht war ja doch etwas dran an der Illumination, allerdings in der Form, wie sie der Alte Padre Francesco anvertraut hatte. Brian rief sich sein letztes Gespräch mit dem Pater ins Gedächtnis zurück. Die Stürme, die zurzeit wüteten, waren keine Illusion, keine Fantastereien, sie waren Realität. Selbst Meteorologen und namhaften Klimaforschern

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