Die dritte Ebene
Glück.«
»Schon gut«, lenkte Brian ein. »Möglicherweise haben Sie recht.«
Wayne Chang konnte die Enttäuschung in Brians Gesicht ablesen. Offenbar hatte sich der Psychologe mehr von dieser Unterhaltung erhofft. »Hören Sie, Brian«, nahm er das Gespräch wieder auf. »Ich bin väterlicherseits Japaner und mütterlicherseits Amerikaner. Mein Vater hat mir viel über die japanische Kultur und das Land beigebracht. Trotz aller Wissenschaft wissen wir, dass es in unserem Dasein mehr gibt als graue mathematische Theorie. Unser Schöpfer hat uns einige Rätsel offenbart, die wir auf rational logischem Wege lösen können, aber er lässt sich nicht gänzlich in seine Karten schauen. Wenn ich mich auch eher den Naturwissenschaften verschrieben habe, so glaube ich dennoch an eine metaphysische Ebene.«
Brians dankbarer Blick streifte den hellhäutigen Mann. »Ich glaube, dass die Ursache für den Zustand der Astronauten im Sturm zu suchen ist. Ich glaube, dort oben ist etwas passiert, das uns Rätsel aufgibt. Erst wenn wir genau wissen, was die Astronauten in diesen schrecklichen Zustand versetzt hat, können wir ihnen helfen.«
Nachdenklich blickte Wayne auf seinen Teller. »Diese Stürme sind in höchstem Maße außergewöhnlich. Sie kamen ohne Vorwarnung zwei Monate zu früh. Wir verloren bereits ein Wetterflugzeug vor den Kaimaninseln und ein Schiff bei der Kokosinsel. Manchmal glaube ich, es ist tatsächlich die Rache der Natur an der Menschheit, die für das Entstehen der Zyklone verantwortlich ist.«
»Vor knapp einer Woche unterhielt ich mich mit einem Geistlichen. Er erzählte mir, dass ein Kirchendiener seit einiger Zeit von Visionen geplagt wird. Vor vier Wochen erschien dem alten Mann die Heilige Jungfrau und warnte ihn vor heftigen Stürmen, die den amerikanischen Kontinent heimsuchen würden. Und er meinte, das sei nur der Anfang. Erdbeben, Überschwemmungen und Feuersbrünste würden folgen.«
»Und Sie glauben dem Priester?«
Brian lächelte. »Es ist nur eine Vision, aber nach Tallahassee erscheint sie mir verdammt real.«
»Ich bin nur am Rande mit der Sturmbeobachtung beschäftigt«, erklärte Wayne Chang. »Die Jungs vom NHC unternehmen zurzeit alles, um die Hintergründe für diese ungewöhnlichen Sturmfronten aufzudecken. Möglicherweise stehen sie mit dem El-Nino-Effekt in Zusammenhang. Global gesehen, bin ich mir sicher, dass es eine natürliche Folge unseres Raubbaus an der Natur ist. Wir können nicht darauf vertrauen, dass unsere gewohnten klimatischen Verhältnisse ewig andauern. Bislang gab es immer unterschiedliche Zyklen. Warme Zeiten wechselten sich mit Eiszeiten ab. Erst seit knapp zehntausend Jahren ist unser Klima relativ stabil. Zum Teil ist die Erderwärmung, die derzeit im globalen Mittel bei 0,5 bis 0,7 Grad Celsius liegt, für solche extremen Wetterverhältnisse verantwortlich. Und ich denke, dass die Menschheit an dieser Entwicklung die Schuld trägt.«
»Trotzdem glaube ich, wäre es ratsam, die Stürme noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht gibt es noch andere Ursachen als den globalen Klimawandel.«
Waynes Handy klingelte. »Entschuldigen Sie«, sagte er zu Brian und nahm das Gespräch an. Jennifer Oldham war am Apparat. Leider musste Wayne auch für das nächste Wochenende ein Treffen absagen. Jennifer war hörbar missgestimmt. Er vertröstete sie und redete mit Engelszungen auf sie ein. Brian musste schmunzeln, als er Waynes Worte vernahm.
»Na ja, so ist es eben, wenn man Verpflichtungen hat«, sagte Brian scherzend.
Wayne machte eine bedauerliche Miene. »Ich kann es nun einmal nicht ändern. Eine gute Bekannte. Sie ist Journalistin. Übrigens entsteht im Karibischen Meer gerade wieder ein Hurrikan. Aber das NHC geht davon aus, dass er diesmal unsere Küsten verschont. Wir können uns gern noch einmal zusammensetzen und über die Sache reden, aber jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss wieder zurück in den Hangar. Wir sehen uns heute Abend zur Besprechung.«
»Hat mich sehr gefreut, Wayne«, erwiderte Brian. »Ich komme sicher auf Ihr Angebot zurück.«
General Willston Training Area, Cibola Forest
Kurz nach dem Gespräch mit Lazard waren aus dem Faxgerät in Dwain Hamiltons Büro die Seiten mit den Informationen über die in Frage kommenden Männer gequollen. Dwain überflog die Blätter. Von Robert Allan Mcnish, dem Vermissten aus Kanada, lag lediglich eine Beschreibung vor. Doch diese traf auf mindestens ein Viertel der
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