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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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durch den heftigen Wind, der aufgekommen war, klar und kühl, doch bald schon würden die Sonnenstrahlen die Temperaturen in die Höhe treiben. Der Sommer hatte gerade erst begonnen.
    Brian ging am Krankenhaus vorbei und schlug den Weg zum Schulungsgebäude ein, wo sich das Casino befand. Ein Fußweg von knapp fünfzehn Minuten auf dem weitläufigen Gelände lag vor ihm. Es war kurz nach ein Uhr mittags. Insgeheim hoffte er, vielleicht auf Suzannah Shane zu treffen, doch als er das Casino betrat, war nur ein einziger Gast zugegen, es war einer der Männer aus dem Physikerteam, ein Meteorologe, dessen Namen Brian schon wieder vergessen hatte. Brian nahm ein Tablett vom Stapel und bog in den Gang entlang des Tresens ein. Statt der Hauptspeise – Chicken Fried Steak mit Baked Potato und Salat – nahm er sich eine doppelte Portion Bratkartoffeln und setzte sich dann zu dem einsamen Gast.
    »Brian Saint-Claire«, sagte er und nickte dem Mann mit asiatischem Einschlag freundlich zu.
    »Wayne Chang«, erwiderte der Meteorologe. »Nennen Sie mich Wayne.«
    Brian legte sich die Serviette auf den Schoß. »Abgemacht, und ich bin Brian.«
    »Also gut, Brian«, erwiderte Chang. »Wie kommen Sie bei den Astronauten voran?«
    Brian winkte ab. »Bislang haben wir nichts als Theorien, aber von einer Lösung des Problems sind wir, so glaube ich, noch meilenweit entfernt. Und wie läuft es bei Ihnen?«
    »Wir haben das Shuttle komplett ausgebeint und untersuchen derzeit die einzelnen Komponenten.« Chang schob sich einen Bissen in den Mund. »Es steht zumindest fest, dass die Raumfähre beim Durchflug der Wolkenbank von großen Eisklumpen getroffen wurde. Dadurch wurde die Außenhaut des Shuttles beschädigt. Wahrscheinlich drang der Blitz durch einen beschädigten Teil der elektrostatischen Schutzummantelung in das Innere der Discovery ein.«
    »Ist das denn möglich?«
    »Normalerweise wird ein Blitzeinschlag in einen Flugkörper durch die symmetrische Form der Außenhülle abgeleitet. Ist die Außenhülle beschädigt, also unsymmetrisch, bietet sie eine Angriffsfläche. Im Inneren herrscht durch die Elektronik des Flugkörpers ein Spannungsverhältnis. Die elektrische Ladung des Blitzes will sich ausweiten und nutzt dazu jede sich bietende Möglichkeit. Dadurch wird ein Blitz gewissermaßen ins Innere gesogen. Diese Erscheinung ist bereits mehrfach in Labors nachgewiesen worden und hat vor drei Jahren tatsächlich zum Absturz eines Passagierflugzeugs über den Westindischen Inseln geführt. Ich denke, das Gleiche ist bei der Discovery passiert. Wir sind gerade dabei, den Verlauf der Energieladungen zu rekonstruieren, damit wir unsere Annahme verifizieren können.«
    Brian seufzte. »Wenn sich die Krankheit der Astronauten auch so einfach erklären ließe. Leider tappen wir noch immer im Dunkeln. Ich habe heute mit dem Piloten des Shuttles gesprochen. Sie sind doch Meteorologe. Sind Ihnen jemals Berichte von Menschen untergekommen, die – nennen wir es – Verhaltensanomalien während eines Sturms entwickelten?«
    »Ich verstehe nicht, was Sie meinen?«
    »Ich bin noch einmal das Protokoll des Funkverkehrs zwischen dem Shuttle und Houston durchgegangen. Kurz bevor der Sturm das Schiff erwischte, machte der Pilot eine sonderbare Wahrnehmung. Er war der Meinung, er sei nicht allein. Etwas sei in den Wolken. Er konnte es nicht genau definieren, aber es machte ihm Angst und löste eine Art Déjà-vu aus, das ihn mit traumwandlerischer Sicherheit genau das Richtige tun ließ, verstehen Sie?«
    Wayne Chang legte sein Besteck zur Seite. »Ein Sturm dieses Ausmaßes ruft in vielen Menschen eine tiefgehende Furcht hervor. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass der Pilot von einem panischen …«
    »Nein, so meine ich das nicht«, fiel ihm Brian ins Wort. »Ich weiß, dass mich viele für verrückt halten und meine Wissenschaft als faulen Zauber abtun. Aber es gibt vieles zwischen Himmel und Erde, das trotz aller Wissenschaft und Logik unerklärlich bleibt und sich nicht in das enge Korsett von naturwissenschaftlichen Formeln und Berechnungsmustern zwängen lässt. Der Pilot, ein ansonsten sehr stabiler und rationaler Mensch, erlebte dieses Déjà-vu und handelte gewissermaßen vorauseilend intuitiv; damit rettete er das Shuttle und die Insassen vor einer Katastrophe. Er meinte, es sei etwas in der Umgebung gewesen, das ihn zu dieser Handlung veranlasste. So etwas wie sein eigenes Spiegelbild.«
    »Vielleicht hatte er nur

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