Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
supranationalen Regierungshandelns. Er schafft das Nervensystem für die Zukunft eines gemeinsamen, integrierten Marktes und einer kontinentalen politischen Union. Gegenwärtig sind vier Netzprojekte in Arbeit und elf weitere im Planungsstadium; die Kosten belaufen sich Schätzungen zufolge auf 5,9 Milliarden Dollar.
Obwohl die ASEAN-Gemeinschaft sich im Eiltempo von der Vision zur politischen Realität entwickelt, gibt es eine Reihe offener Fragen, die ihre Bemühungen um einen kontinentalen Bund unterminieren könnten. Zunächst einmal wäre da die imposante Präsenz Chinas. Mit 1,3 Milliarden Menschen und einer Wirtschaft, die bereits die Japans als Motor Asiens in den Schatten gestellt hat, ist China die große Unbekannte in der asiatischen Arena. Wird es sich mit seiner Rolle als angegliederter Partnerregion zufrieden geben, vor allem wenn die ASEAN eine politische Einheit wird? Ein politischer Zusammenschluss von 605 Millionen Südostasiaten wäre zwar gerade mal halb so groß wie die Bevölkerung Chinas, aber dennoch eine nicht zu vernachlässigende Kraft.
Würden Japan, Südkorea und Australien den Wechsel vom Partnerstatus zu offiziellen Mitgliedsstaaten der ASEAN-Gemeinschaft vollziehen, würde das zusätzliche wirtschaftliche Macht bedeuten und obendrein noch 200 Millionen Menschen in die Gemeinschaft einbringen, was den Verband zu einem starken Gegenspieler Chinas in der Region machen würde. Würde auch noch Indien, der zweite asiatische Riese mit einem rapidem Wachstum und fast 1,2 Milliarden Menschen, zu einem vollwertigen Mitglied der ASEAN-Gemeinschaft, könnte auch |194| der Subkontinent den Rest der Mitglieder in den Schatten stellen und die Politik dominieren.
Die zentralisierte Befehls- und Kontrollstruktur der Volksrepublik macht eine Teilnahme Chinas an der Art dezentralisierter, kollaborativer Beziehungen, wie sie für eine kontinentale Bündnispolitik typisch sind, weniger wahrscheinlich als die Indiens. Indien mit seiner weit weniger zentralisierten und weitaus demokratischeren Struktur könnte eher von einer engeren Partnerschaft oder gar einer Mitgliedschaft in der ASEAN-Gemeinschaft profitieren. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das alles rein spekulativ. Eine jüngere Generation, die eben in China mündig wird und nicht mehr so recht an die Parteidirektiven glaubt, könnte die politische Dynamik rasch ändern – mit Konsequenzen, die in diesem frühen Stadium der Kontinentalisierung nur schwer abzusehen sind.
Ein letzter wichtiger Punkt wäre noch anzusprechen, was die Gründung kontinentaler Gemeinschaften auf jedem Erdteil anbelangt. Es ist dies die zunehmende Macht von Gemeinden und Regionen, die weit weniger durch nationale Grenzen behindert sind als zuvor.
Diese Machtverlagerung hatte bei der Gründung des europäischen Bündnisses niemand geahnt. Es wurde damals nur diskutiert, welche Richtung die europäische Gemeinschaft einschlagen sollte – die hin zu einem gemeinsamen Markt oder die zu einem föderativen Staatengebilde. Die Briten bevorzugten Ersteres; sie waren zwar auf die Vorteile einer Eingliederung in einen größeren integrierten Markt aus, wollten sich aber unbedingt ihre nationale Souveränität bewahren. Die Franzosen neigten zu einer eher zentralisierten Architektur, die sie zu dirigieren oder wenigstens zu beeinflussen hofften, ohne zu viel von ihrer nationalen Souveränität zu verlieren. Letztendlich entwickelte die Europäische Union sich in eine ganz andere Richtung und wurde weit mehr als ein gemeinsamer Markt und weit weniger als ein zentralisierter föderativer Staat. Die Regierungsform der EU ähnelt eher einem dezentralen Netz von Nationalstaaten, Regionen und Kommunen, in denen keine einzelne Kraft die Richtung der Union bestimmt, sondern sich alle politischen Akteure hinsichtlich gemeinsamer Ziele zur Erreichung |195| eines Konsenses durch kollaborative Anstrengungen gezwungen sehen.
Der Aufbau eines kontinentalen Marktes und eines kontinentalen Regierungshandelns mit offenen Grenzen erlaubt es den Regionen auch, ihre nationalen Regierungen zu übergehen und eigene Handelsbeziehungen mit anderen Regionen einzugehen. Vor allem Grenzregionen entlang der Staatsgrenzen pflegen solche Beziehungen, die oft enger sind als die mit Regionen im eigenen Land.
Das Kommunikations-Energie-Paradigma der Dritten Industriellen Revolution blüht seiner lateralen Ausrichtung wegen im grenzenlosen, offenen Raum. Würden China und Indien, die beide die
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