Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
über ganze Kontinente zu verteilen. Das dezentrale Potenzial einer effizienteren und billigeren Energieerzeugung übersteigt bei Weitem den konventionellen zentralisierten Ansatz zur Nutzung dieser Energiequellen.
Lateraler Strom sorgt bereits für erste Veränderungen in den Entwicklungsländern. Elektrizität kommt jetzt auch in abgelegene Gebiete Afrikas, die nie an ein zentralisiertes Netz angeschlossen waren.
Es überrascht nicht weiter, dass die Einführung der Mobiltelefonie die Entwicklung einer im Werden begriffenen DIR-Infrastruktur beschleunigen hilft. Praktisch über Nacht haben Millionen afrikanischer Haushalte – durch den Verkauf von Ernteüberschüssen – das Geld für ein Handy zusammengekratzt, das sie nicht nur zum Small Talk nutzen. Im Hinterland, fernab der Banken, verlassen sie sich vielmehr beim Geldtransfer zunehmend auf die Mobiltelefonie. Das Problem dabei ist nur, dass Handybenutzer in Gegenden ohne Stromversorgung zum Aufladen ihrer Akkus oft zu Fuß in die nächste Stadt gehen müssen.
Elisabeth Rosenthal erzählt in der
New York Times
die Geschichte einer Frau aus einem abgeschiedenen Landstrich Kenias, die einmal die Woche zwei Meilen zu Fuß gehen musste, um ein Motorradtaxi zu bekommen, |200| mit dem sie drei weitere Stunden in eine Stadt fuhr, um dort den Akku ihres Handys aufzuladen. Ein enormer Aufwand für eine Energiezufuhr, die selber nur 30 Cent kostete. Ihre Familie verkaufte schließlich einige Tiere, um für 80 Dollar eine Solaranlage zu installieren. Ein einziges Modul auf dem Dach ihrer Hütte lädt seither nicht nur das Telefon, sondern liefert auch den Strom für vier Deckenlampen. 55
Obwohl die Statistiken noch nicht flächendeckend sind, sieht es ganz so aus, als installierten überall in Afrika Familien Solarzellen. Analysten sagen schnelle Multiplikatoreffekte voraus, wenn Millionen andere diesem Beispiel folgen. Was da in Afrika passiert, kündigt einen historischen Wandel an, da Haushalte mit einem Riesensatz vom Vorstromzeitalter direkt in die Ära der Dritten Industriellen Revolution springen.
Neben der Solarenergie kommen auch in rascher Folge andere Mikro-Energieerzeugungs-Technologien zum Einsatz, darunter kleine Biogastonnen, die Strom aus Kuhdung gewinnen, winzige Reishülsen-Kraftwerke und hydroelektrische Minidämme zur Stromerzeugung am örtlichen Bach. Was selbstverständlich noch fehlt, das ist ein intelligentes dezentrales Stromnetz, das autarken Mikroerzeugern den Austausch von Strom mit anderen über die ganze Region ermöglicht. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, ist ziemlich hoch. Dieser Prozess reflektiert die Demokratisierung von Energie bei den Ärmsten der Welt.
Die Union Südamerikanischer Nationen
Die Union südamerikanischer Nationen (UNASUR) ist der Nachzügler unter den Kontinentalbündnissen. Die feierliche Unterzeichnung des Gründungsvertrags fand erst im Mai 2008 in Brasilia statt. Dieses Bündnis absorbiert die beiden bisherigen Zollunionen Mercosur und Andengemeinschaft und schließt zusätzlich Guyana, Surinam und Venezuela mit ein. Damit sind alle zwölf unabhängigen Staaten Südamerikas vertreten. Die Union repräsentiert eine Landmasse von 17 728 550 Quadratkilometern, eine Bevölkerung von 388 Millionen |201| Menschen und ein Bruttoinlandsprodukt von vier Billionen Dollar. Ihr erster Generalsekretär, der ehemalige argentinische Präsident Nestor Kirchner, starb kurz nach seiner Ernennung; die gegenwärtige Präsidentin ist die ehemalige kolumbianische Außenministerin María Emma Mejía. Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich zur Bekämpfung von Ungleichheit, Armut und Diskriminierung, streben eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik an und wollen bis 2025 so weit sein, wie es die Europäische Union heute schon ist – mitsamt gemeinsamem Parlament, gemeinsamen Reisepässen und einer gemeinsamen Währung.
Der Gründungsvertrag stellt die Energie ganz obenan und verpflichtet die Mitgliedsstaaten zum Aufbau eines kontinentalen Stromnetzes. Der bereits im April 2007 ins Leben gerufene Südamerikanische Energierat wurde offiziell Teil von UNASUR und mit der Entwicklung einer südamerikanischen Energiestrategie betraut. Der Rat hat die Entwicklung der überreichen Ressourcen an erneuerbaren Energien des Kontinents zur Priorität erklärt, da sie »eine wichtige Rolle bei der Diversifizierung der Energiematrix, bei der Energiesicherheit, bei der Förderung eines allgemeinen Zugangs zu Energie und
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