Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller

die jedes Paar zu treffen hat, das sich von den KIquellen in dieser Form verbessern lassen will. Ich bin aber auch dir gegenüber loyal. Das ist ein Teil der Vereinbarung, die ich getroffen habe, als ich dein Freund und Liebhaber wurde. Ich wurde nie aufgefordert, eine Loyalität gegen die andere auszuspielen. Wenn ich dir je etwas vorenthalte, dann aufgrund meiner eigenen, wohl überlegten Einschätzung, dass es dich entweder nichts angeht oder du es in diesem Moment nicht wissen musst. Das habe ich dir bereits gesagt. Du wirst akzeptieren müssen, dass das kein schlechtes Licht auf meine Gefühle dir gegenüber wirft.«
    Es war gerade ein paar Stunden her, seit sie mir das letzte Mal einen ganz ähnlichen Vortrag gehalten hatte, woraufhin ich beschämt zurückgerudert war. Dieses Mal aber hielt ich stand. »Nichts davon wirkt sich auf diese grundlegende Frage aus, Liebes ... umso weniger, seit du mir gestanden hast, dass das, was du mir vorhin vorenthalten hast, eine entscheidende Erkenntnis über Jason und Jelaine war.«
    »Zu dem Zeitpunkt hast du die Information nicht benötigt!«
    »Nein, das habe ich nicht. Und, richtig, ich habe es auch allein herausgefunden. Aber langsam nähern wir uns der Endphase. Und darum muss ich es wissen: Hast du seither eine Notwendigkeit gesehen, noch etwas anderes vor mir zurückzuhalten? Irgendeine Beobachtung im Hinblick auf die anderen Gäste. Etwas, das du in der Datenbank des Khaajiir entdeckt hast?«
    Sie zögerte. Nur einen Moment, aber sie zögerte.
    Dann sagte sie: »Ja.«
    »Und das wäre?«
    »Ich habe bändeweise Informationen aufgesaugt, Andrea. Ich habe sie lediglich ein bisschen eingedampft, bis nur die wesentlichen Punkte übrig waren, weil ich so alles eliminieren konnte, was dich von den vorliegenden Problemen hätte ablenken können.«
    »Warum hätte mich etwas davon ablenken sollen? Weil es irrelevant ist, oder weil es den Vorstellungen der KIquellen zuwiderläuft?«
    Es geschah selten, dass die Porrinyards vor irgendetwas zurückschreckten, aber nun taten sie es; Skye wandte den Blick ab und weigerte sich, mir in die Augen zu sehen. »Weil es dich wütend gemacht hätte.«
    Es gab nichts, was ich dazu hätte sagen können.
    Sie fuhr fort: »Vertrau mir, Andrea. Dich in der Spur zu halten ist nicht das Gleiche, wie dich zu hintergehen. So, wie ich es empfinde, wie ich es immer empfunden habe: Ich würde, sollte ich je vor der Wahl stehen, den KIquellen sagen, sie sollen sich zum Teufel scheren.«
    Ich studierte sie lange Zeit eingehend. Da war kein besonderer Ernst in ihrer Miene. Aber es gab Zeiten, wie jetzt, da die Präsenz eines Porrinyards die des anderen nicht nur repräsentierte, sondern geradezu heraufbeschwor. Dann schien es, als überlagerten sich ihre Gesichter wie zwei Bilder, die absichtlich übereinandermontiert worden waren. »Das würdest du wirklich.«
    »Du nicht?«
    Ist Ihnen je aufgefallen, dass in Unterhaltungen umso mehr Gefühle übermittelt werden, je weniger Worte gesprochen werden?
    Nach einer Weile sagte ich: »Ich denke, wir sollten uns besser wieder an die Arbeit machen.«
    »Wie du willst.« Spürbar erleichtert strich sie mit der Hand über den Stab des Khaajiir und hielt ihn auch dann noch fest, als ich selbst unter ihrer Hand zugriff.
    Es war nicht notwendig, aber wir beide sagten: »Decch-taanil blaach nil Al-Vaafir.«
 
    »Das«, sagte sie aus einer Entfernung von Millionen von Meilen, »ist alles, was ich über das gescheiterte Bettelhine-Projekt Mjölnir herausgefunden habe.«
    Technische Statistiken, Arbeitsberichte, Hunderte von Seiten lang, huschten durch meinen Geist, viel zu schnell, um sie zu lesen. Ich erhaschte ein Diagramm, in dem zwei von einem Satelliten im Orbit abgestrahlte Linien eine ganze Planetenhemisphäre einschlossen, in der Absicht, die effektive Reichweite darzustellen. Ich sah andere Tabellen, überschrieben mit Titeln wie »Atmosphärische Diffusion« und »Ideale Oberflächendichte«, ehe die Rohdaten Überhand nahmen und zugunsten von Skyes Kurzzusammenfassung in den Hintergrund rückten.
    Wie sich herausstellte, handelte es sich um ein typisches Beispiel für die Hybris der Bettelhines, bei dem es jedoch eine kleine, aber möglicherweise interessante Verbindung zu der Klaue Gottes der K'cenhowten gab: ein schändlicher Versuch einer früheren Bettelhine-Geschäftsführung, die technologische Entwicklung für den Bau einer Orbitalkanone voranzutreiben, die ganze Regionen auf einmal ausschalten